Informationsflut und Sinnfindung in der digitalisierten Welt
Vor rund 200 Jahren fand die erste industrielle
Revolution statt, die den Wechsel von einer Agrar- und Handwerks-Wirtschaft zur
Industrie-Ökonomie mit maschineller Fabrikation markierte und eine Landflucht
der Bürger in industrielle Ballungszentren mit sich brachte. Die zweite industrielle Revolution setzte den
Trend verstärkt fort und führte etwa 100 Jahre später zur Massenproduktion am
Fließband, effektiver Arbeitsorganisation des Taylorismus, verelendender
Industriearbeiterschaft. Im Zuge des technischen Fortschritts durch elektrische
Energieerzeugung und -nutzung sowie Automatisierung der Produktionsvorgänge
ging der sozio-ökonomische Wandel unaufhaltsam weiter und heutzutage befinden
wir uns in der dritten industriellen
Revolution, die mit Mikroelektronik und Digitaltechnik in hoher
Geschwindigkeit und nicht bekanntem Ausmaß seit dem Ausgang des 20.
Jahrhunderts die flexible Automation ausbreitet, den Aufbau des Internets
ermöglichte sowie unsere gesamten Lebensverhältnisse umwälzt, und zwar global.
Mikrochips als integrierte Schaltkreise und Digitalsystem lassen die
technologische Tranformation expandieren, indem sie eine äußerst
leistungsfähige Schnittstelle zwischen den einzelnen Technikbereichen zur
Erstellung, Speicherung, Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen
schaffen. Die Leistungssteigerung der Mikroprozessoren, die Rationalisierung
der Produktions- und Arbeitsprozesse durch Computerisierung, ihre
Miniaturisierung durch Tabletts, Smartphones oder PC-Sticks vervielfachen die Leistungsfähigkeit
immer mehr und angesichts der Forschungs- und Anwendungsvorhaben zur künstlichen
Intelligenz bleibt die Zukunft dieser Entwicklung erst recht offen.
Zwar spricht man von post-industrieller Gesellschaft,
ebenfalls von Informations- und
Wissensgesellschaft, doch die industrielle Produktion läuft weiter auf
vollen Touren, sie gibt sich sozusagen sanfter, insofern sie die Menschen von
schwerer, körperlicher, primitiver, schmutziger, monotoner Arbeit zunehmend
befreit; allerdings belastet sie durchaus die Umwelt, treibt den
Ressourcen-Raubbau voran, schädigt das Klima. Dem steigenden Verlust von
einfachen Jobs stehen die Schaffung neuer anspruchsvoller Beschäftigungsplätze
im Bereich Instandhaltung, Systembeherrschung, Programmierung, Konstruktion, Entwicklung,
Aus-, Fort- und Weiterbildung, Forschung sowie eine Ausweitung des
Dienstleistungssektors, besonders in Richtung menschliche Betreuung und Pflege
gegenüber. Aber auch auf dem Gebiet von Verwaltung, Finanzwesen, Service werden
Arbeitsplätze durch zunehmendem Automaten- sowie Roboter-Einsatz
wegrationalisiert. Hinsichtlich der Robotik und Digitalisierung der Arbeitsmittel, der digitalen Vernetzung der Produktionselemente und -faktoren
im Rahmen der Industrie 4.0, der
Büroeinrichtungen, Praxisapparaturen, Haushaltsgeräte usw. als „Internet der
Dinge“ werden unsere Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Maschinen, die
einst die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation einschränkten, weiter drastisch
reduziert, was immer mehr Menschen ganz überflüssig macht und von
erwerbsmäßiger Beschäftigung abkoppelt und neue Fragen nach Grundeinkommen und
sinnvoller Lebensgestaltung aufwirft, während sich der gesamtwirtschaftliche
Reichtum als Bruttoinlandsprodukt aufgrund hoher Produktivität sehr wohl im
Auftrieb befindet. Das schließt eine globale Arbeitsverteilung und „Rund-um-die
Uhr-Produktion“ mit Hilfe der weltweiten digitalen Kommunikationsnetze und in
Verbindung mit z. B. Kleinunternehmern in Entwicklungsländern ein.
Und wie wirkt sich dies Technik
durchsetzte, chemisch beeinträchtigte, Elektro-Smog verseuchte, Lärm belästigte,
allzu hektische Umfeld auf uns als Individuen aus? Die mikroelektronischen
und digitaltechnischen Errungenschaften verursachen Veränderungen über die
Wirtschafts- und Arbeitswelt hinaus in der Öffentlichkeit und im Privatleben,
wo immer die materiellen Voraussetzungen Anwendungs- und Nutzungsmöglichkeiten
für die digitale Technik bieten. Die elektronischen Medien und digitalen
Endgeräte prägen immer mehr und stärker unser Kommunikationsverhalten,
bestimmen unsere Sprachkultur und beeinflussen unsere Sozialisationsprozesse,
erobern unseren Alltag, stören unsere Ruhezonen bis in fast alle Winkel, lassen
uns weniger Zeit zur Entspannung und Besinnung. Aber die krank machende Umwelt wird
durch moderne Medizin-Technik und raffinierte künstliche Medikamente
kompensiert, Verhaltensstörungen werden durch digital basierte Hirnforschung
sowie Computer gestützte psychiatrische Methoden behandelt, Bewegungsarmut wird
in Fitness-Centern mit digital angepassten Programmen und Geräten ausgeglichen,
Naturentfernung und -entfremdung werden durch Bildschirm-Simulationen und Filmanimationen
ersetzt. Das u. Ä. sind beliebte und effektive Strategien für den Moment sowie
kürzere Zeitspannen, jedoch als grundlegende und dauerhafte Lösungen eher in
Frage zu stellen.
Besonders die Digitalisierung der
Informations- und Kommunikationsprozesse beschert uns auf der Angebotsseite
eine Informationsexplosion, die sich
bei uns Nutzern allzu oft als Informations-
und Reizüberflutung niederschlägt. Die Dauerfolgen sind wie beim
Elektrosmog langfristig zu wenig erforscht oder werden wie z. B. bei der
drahtlosen, mobilen Kommunikation aus kommerziellen Gründen bewusst
verschwiegen oder gar verschleiert. Schlimmstenfalls wird die Gefahr digitaler Demenz durch geistige
Abdriftung bei den Einzelnen sowie eine dem digitalen Massenwahn verfallene
Gesellschaft gesehen, die infolge ihrer Demenz weitgehend kritiklos geworden
ist und das kaum noch mitbekommt. Jedenfalls ist im Unterschied zur direkten
Verständigung mit Interaktionspartnern (face to face) bei der Kommunikation
unter elektronischen Bedingungen mit eingeschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten
und einer gewissen Anonymität zu rechnen, was Mimik und Gestik, die
Beziehungsnähe oder persönliche Verbindlichkeit betrifft. Der namhafte
Hirnforscher und Psychiater Manfred
Spitzer konstatiert sensomotorische und psychosoziale Entwicklungsdefizite
durch Unterforderung der Hirnfunktionen besonders im Kindes- und Jugendalter und
warnt vor Computer-Programmierung in der Grundschule sowie „digitalen
Klassenzimmern“. Bei massiver Digitalisierung der Bildungseinrichtungen und
einer „Durchdigitalisierung“ der
Gesellschaft und des Alltags besteht letztlich die Gefährdung eines
selbstbestimmten Lebens und einer durch mündige Bürger gewährleisteten
Demokratie. Je mehr die digitale Technokratie zunimmt und die analoge Welt
zurückdrängt, desto stärker geraten diejenigen unter Druck, die sich für eine
angemessene Entschleunigung zur humanen Verarbeitung der rasanten Änderungen
einsetzen und sich und den meisten eine Persönlichkeitsentwicklung in Freiheit
und Menschenwürde bewahren wollen.
Warum müssen wir uns solche ernsthaften
Gedanken machen und vor Fehlentwicklungen fürchten oder große Ängste haben, wo
uns doch die globalisierte Informations- und Wissensgesellschaft mit den
fantastischen Entlastungstechniken und unermesslichen Orientierungsmöglichkeiten sowie neuen Erkenntnissen so viele Chancen eröffnet, um mit den Nachteilen
des technischen Fortschritts fertig zu werden und die Welt zum Wohle der
gesamten Menschheit zu verbessern? Es erweist sich als äußerst schwierig, die
ungeheuere Stofffülle sinnvoll zu bewältigen. Der starke Einfluss und die
Faszination, die sogenannte funktionale Erziehung der Umwelt, die durch die
frappierende technologische Entwicklung und die neuen Medien ausgeübt werden,
wirken übermächtig auf die ihnen allzu ausgelieferten Adressaten ein, bedrängen
sie ringsum und in alle möglichen Richtungen. So entsteht Orientierungslosigkeit, weil ein
richtungsweisender Kompass fehlt, der in der vernetzten, verfilzten, kaum
durchschaubaren Informationsgesellschaft und komplexen Wissenswelt nicht
einfach verfügbar ist. Im Gegenteil: die globalen digitalen
Kommunikationsnetzte erfassen die Interessen und Vorlieben der
Informations-Konsumenten, schaffen den „gläsernen Menschen“ zur Auslieferung an
die Manipulations- und Werbestrategen, Geschäftemacher aller Art. Da haben die
Lehrer in den Schulen und Erzieher in den Bildungseinrichtungen schlechte
Karten, um mit ihrer intentionalen, wennzwar professionellen Erziehung stark
gegenzuhalten und die Technik als ein Mittel
zum Zweck humaner Ziele überzeugend zu erklären. Diese Aufgabe kommt zu
allererst sogar den Eltern sowie primären Sozialisationsfiguren der
frühkindlichen Erziehung zu und lässt sich in unserer komplizierten,
technokratischen, modernen Welt immer unzureichender erfüllen. Um so mehr geht
es heute um eine breite Aufklärung, Erziehung zur Kritikfähigkeit der Menschen und Mündigkeit der Bürger.
Das ist leicht gesagt und schwer getan
angesichts der großen Ratlosigkeit infolge von grenzenloser Unfassbarkeit,
Offenheit und Ungewissheit der Weiterentwicklung, gibt es doch gar die Vision
und Erwartung, dass die Roboter und Programme der künstlichen Intelligenz
künftig von sich aus den Fortschritt hervorbringen und steuern könnten. Was
müssen wir also tun, um den rasant beschleunigten technischen, ökonomischen,
gesellschaftlichen, kulturellen Wandel in die richtigen Bahnen zu lenken? Wir
müssen uns wieder auf das Menschliche besinnen und auf den Kern unseres
Daseins, den Sinn unseres Lebens konzentrieren und schließlich daraus
Konsequenzen für unseren Alltag ziehen. Es gilt, den Werteverlust und die ungünstige
Veränderung der Wertestruktur in unserer materialistischen Welt und von Krisen
geschüttelten Gegenwart zu vermeiden. Als umfassende Bewertungskriterien haben
wir an den ehernen Gesetzen des
menschlichen Zusammenlebens festzuhalten und sie verbindlich nach bestem
Wissen und Gewissen anzuwenden: die Leitfunktion von Ethik und Moral für unser
Handeln, die Gewährleistung der Menschenrechte für alle auf dem Globus, die
Achtung der Menschenwürde, die höheren Werte wie Ehrfurcht, Barmherzigkeit,
Selbstlosigkeit, Nächstenliebe, Fürsorglichkeit. Wir dürfen nicht zulassen,
dass sie ins Wanken geraten und durch die vorrangig gelebte und akzeptierte
Realität verdrängt werden, weil sie weniger mit den äußeren Sinnen erfahrbar
sind und leichter in Vergessenheit geraten. Der heutige Mensch neigt mehr dazu,
das analytisch Erfassbare und Messbare zu akzeptieren, sich dem körperhaften
Verlangen, dem Materiellen, der konkreten Wirtschaft und Wissenschaft, dem nach
außen Gerichteten hinzugeben. Wir versinken schneller in Hektik, innerer
Unruhe, Egozentrik und leben sozusagen an uns selbst vorbei. Wir brauchen Verständnis für den ganzen Menschen als
Einheit aus Körper, Geist und Seele. Wir horchen zu wenig in uns und die
Anderen hinein, hören kaum zu und denken nicht genügend nach, wer wir
eigentlich sind und was unser Menschsein bedeutet.
Die Frage nach einer lebenswerten
Zukunft und dem Sinn unseres Daseins stellt sich immer drängender, während viele
verunsichert sind und sie die Unfähigkeit zu einer angemessenen Antwort lähmt.
Denn auch Kirche und Religion verlieren für den modernen Menschen an
Überzeugungskraft und lassen etliche Zeitgenossen mit ihrem subjektiven Glauben
allein. Naturkatastrophen, Mord und Totschlag, Terror und Gewalttaten, Kriege türmen
Zweifel an der Allmacht Gottes, gar an seiner Existenz auf und stärken die Position
der Gottesgegenbeweise. Der persönlich ansprechbare Gott der Religionen und der
Kirche verblasst und wird mehr denn je zur abstrakten Größe mit der Folge
verstärkter Abwendung von diesen Institutionen. Man wähnt sich nicht gläubig
und nennt sich Atheist oder gar Nihilist. Jedoch letztlich dürfte sich jeder
Mensch im tiefsten Innern ein Stückchen Gläubigkeit, einen Rest von Gewissen
bewahren. Denn dem menschlichen Wesen sind Glaube und Hoffnung, Streben
nach Anerkennung, Ausgerichtetheit auf Sinn- und Dauerhaftigkeit fest und
existenziell verwurzelt, auch wenn in misslichen Lagen Verzweiflung und
Pessimismus gegenüber Zuversicht siegen. Angesichts des schwindenden Einflusses
von Kirche und Religion schlage ich vor, sich auf die Philosophie einzulassen, die mit ihrer Rationalität der verbreiteten
Skepsis unter den Zeitgenossen entgegen kommt. Denn die Philosophen setzen sich
mit den logisch notwendigen Zielvoraussetzungen jedweder Existenz und besonders
der des Menschen auseinander und gelangen zu allgemein gültigen Erkenntnissen über
den Sinn unseres Lebens, die für uns relevant sind und es bleiben.
Ganzheitliches
Denkschema der Welt als logische Einheit des Gegenständlichen und
Transzendentalen
Auch die erwähnten Technik besessenen,
überwiegend materialistisch eingestellten und Diesseits gekehrten Menschen
unserer Zeit können, wenn sie ganz ehrlich sind, nicht ernsthaft leugnen, dass
unsere Welt mehr ist als das, was wir mit den Sinnen wahrnehmen, was wir
konkret anfassen und sehen, spüren, riechen, hören, schmecken können. Im
praktischen Alltag fassen wir gar nur Ersteres in engerer Bedeutung als Gegenständliches
auf, nämlich als mit Händen ertastbare
Gegenstände, die wir bewegen, bearbeiten und je nach Beschaffenheit
vielfältig behandeln, ebenfalls essen oder trinken können. Als typische
Merkmale haben sie besondere Eigenschaften,
sind z. B. groß oder klein, hart oder weich, rund oder eckig, warm oder kalt,
schön oder hässlich u. a. Außerdem nehmen sie einen bestimmten Raum ein, sie haben einen räumlichen
Umfang. Charakteristisch erweist sich gleichfalls, dass ihnen eine zeitliche
Dimension zu eigen ist: Sie haben einen Anfang und ein Ende in der Zeit, sie entstehen irgendwann und
hören eines Tages auf, sie existieren nur für eine begrenzte Zeitdauer, je nach
Eigenart länger oder kürzer. Das hängt mit dem Kausal-Prinzip zusammen, dem sie
auf der Erde und im Weltall unterworfen sind, insofern sie als Wirkung aus einer Ursache, die sie geschaffen hat, hervorgehen wie beispielsweise ein
Papier-Flugzeug, das wir mit unserem Verstand und Geschick nach einem
ausgetüftelten Plan aus geeignetem Material durch genaues Falten erstellen und
eine Zeit lang fliegen lassen, bis es kaputt geht. Diese grundlegenden
Verhältnisse und Gesetzmäßigkeiten
treffen indes nicht nur auf Sachgegenstände
zu, sondern sie gelten grundsätzlich auch für Körper von Lebewesen – Pflanzen, Tiere und Menschen, die also
leiblich gesehen zu den Gegenständen gehören: eine beschränkte Lebensdauer
aufweisen und existenziell an die Naturgesetze gebunden sind.
Die Theoretiker, Geistesarbeiter und
Philosophen haben für diese Tatsachen eine allgemeine Feststellung getroffen
und definieren für die materielle Welt allgemein gültig, dass alles Gegenständliche Eigenschaften hat, in
Raum und Zeit bestimmt und durch das Kausal-Prinzip determiniert ist. Das
stellt das begriffliche Fundament dar, um die andere, die immaterielle Seite unserer Existenz und des Universums zu begründen
und zu betrachten. Denn wir haben die menschlichen Fähigkeiten bisher zu
einseitig und unvollständig berücksichtigt. Wir wissen fast alle, dass wir
Menschen nicht nur über die genannten Wahrnehmungen verfügen, die zum Teil auch
den Tieren zueigen sind, während die Pflanzen ebenfalls mit der Umwelt
korrespondieren. Darüber hinaus können wir Menschen noch denken, fühlen und wollen, womit wir aufgrund unserer
differenzierten Sprache imstande sind, eine Grenzüberschreitung des
gegenständlichen Bereichs vorzunehmen. Wir könnenAbstraktes denken, uns Gefühltes vorstellen und empfinden, Imaginäres
wollen. Eine Verschränkung des
Gegenständlichen mit dem Nichtgegenständlichen ergibt sich insofern, als das Gedachte
als Denkergebnis ein abstrakter Gegenstand mit Eigenschaften, räumlich und
zeitlich begrenzt sowie kausal erzeugt ist, sich indes die Denkfähigkeit, Vernunft und Verstand als Geisteskraft zur Formung
von Gedanken erweisen. Gleichermaßen müssen wir uns die Fähigkeit des Fühlens als Formkraft und das Gefühlte oder unsere
individuellen Gefühle als gegenständlichen
Inhalt vorstellen. Unser Wille gibt
sich als Antriebskraft, die im Verein mit dem Denken und Fühlen Umsetzungs-Strategien
erzeugt, abstrakte und konkrete Gegenstände wie die Technik hervorbringt und
die äußere Welt verändert.
Diese Formkräfte sind als solche nicht
gegenständliche, von der Wahrnehmung unabhängige Bewusstseinsformen, die wie Raum und Zeit sowie das Kausalprinzip
von vornherein nach Immanuel Kant als
sogenannte Formen a priori gesetzt
und unserer Welt als logisch notwendige Voraussetzungen vorgegeben sind. Damit
befinden wir uns im Bereich des Tranzendentalen,
des Jenseitigen von Gegenstand, Wissen, Erfahrung, Sinnlichkeit, des Metaphysischen, das als Begriff für die
ewige, unendliche, unteilbare, eigenschaftslose, nicht kausal bestimmte Welt
des Unwissbaren und Glaubens zu definieren ist. Im Sinne von Kantskritischem Idealismus und unserer neukantianischen Denktheorie
ergibt sich ein philosophisches Weltbild, das als Ganzheit und logische Einheit
von Gegenständlichkeit und Transzendentalem zu begründen ist. Das Gegenständliche
ist Begriff für das Endliche und Substanzielle, das Diesseitige, Physische, für
Vergänglichkeit und Tod, Immanenz und Erfahrung, steht für den Inhalt
unseres Bewusstseins. Demgegenüber ist
nach Kant dem tranzendentalen Bereich
neben den Grundbegriffen von Raum und Zeit sowie den Kategorien oder grundlegenden
Begriffsformen der Kausalität, Quantität und Substanz auch das Ichhafte zuzuweisen.
Das Ich macht die formende Kraft unseres Geistes und Bewusstseins,
Denkens, Fühlens und Wollens aus, belebt und beflügelt unsere Seele, fungiert als
Grundvoraussetzung zur Erkenntnis und Gestaltung der Welt in Freiheit und
Verantwortung.
Der Mensch repräsentiert in diesem
philosophischen System die Synthese beider Welten: der Welt des
Unwissbaren, Jenseitigen, des Glaubens, Metaphysichen, der Transzendenz
einerseits und der Welt des Wissbaren, Physischen, Diesseitigen, der Immanenz
andererseits, insofern er seinem Wesen nach Ich und Körper zugleich ist. Denn
der Mensch ist ichhaft oder ein Geistwesen, so gewiss er denken, fühlen und
wollen kann, Bewusstsein und eine Seele hat, womit
er die Welt erkennen und schöpferisch gestalten kann. Diese Erkenntnis- und
kreative Gestaltungskraft ("Natura naturans") unterscheidet ihn
von den Tieren, die ausschließlich als gestaltete Natur ("Natura
naturata") Lebewesen sind, die instinktiv nach den einprogrammierten
Naturgesetzen leben und handeln, sozusagen in der gegenständlichen Welt gefangen
sind, der Vergänglichkeit und dem Tod anheim fallen. Daran ist auch der Mensch
gefesselt, sofern er körperhaft und ein Säugetier ist. Aber er erschöpft sich
nicht im Tierhaften, Körperlichen und Gegenständlichen, sondern ist auf den
Körper als Instrument des Diesseitigen, als physisches Werkzeug angewiesen, um sich
der vorfindlichen, uns anvertrauten und mit Leben gefüllten Welt anzunehmen sowie
sie mit Vernunft und Verantwortung zu verbessern und in Richtung Vollendung
auszugestalten, und zwar angesichts der großen Gefahr zu scheitern und das All
und die gesamte Menschheit zugrunde zu richten. So sind wir zwar im tiefen
Seelengrunde dem Göttlichen verwandt, zur Anschauung und Akzeptanz von höchsten
Werten wie z. B. der moralischen Verpflichtung zur Umsetzung der Menschenrechte
für alle fähig, jedoch ist der Mensch aufgrund seiner körperhaften Erdung kein
Ebenbild Gottes. Er ist weder mit dem absoluten Geist noch mit dem Punkt
Omega identisch – philosophische Begriffe für den allmächtigen Schöpfer als letzte
logische Zielvoraussetzung jedweder Existenz und damit als höchster Sinngeber für
das menschliche Dasein.
Diese philosophische Konzeption (von mir
in der Abb. schematisiert) basiert auf der neukantianischen
Erkenntnistheorie in der Nachfolge von Kants
kritischem Idealismus, die mein Lehrer Prof. Rudolf Jung von Heidelberg nach Hannover brachte und zu einer
logischen Methodenlehre entwickelte. Auf dieser dem kantischen Erbe
verpflichteten Grundlage erörtere ich im Folgenden die existenziellen Fragen
nach dem Sinn unseres Daseins, dem Verhältnis von Diesseits und Jenseits, nach
Gott sowie der unsterblichen Seele, und zwar als Denkanregung sowohl für
Zweifler und Gläubige gleichsam.
Entwicklung und Fortschritt als dialektisches Prinzip
Wie schon erwähnt ist heutzurage die materialistische
Weltauffassung verbreitet und publik, die nüchtern auf das Konkrete und mit
den Sinnen Wahrnehmbare setzt und diese als objektiv existent und
nachvollziehbar voraussetzt. In diesem pragmatischen Sinne behaupten die
Materialisten unter den Philosophen die Entwicklung der Welt aus der Steigerung
der Gegensätze in der Materie und den Widersprüchen in der Natur. Das stimmt
mit dem Darwinismus überein,
insofern Charles Darwin die Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit der
Organismen auf Auslese und Erbänderung zurück führte nach dem Prinzip „Der
Stärkere setzt sich durch“ und auf dieser abstammungs-geschichtlichen Basis die
Entwicklung des Menschen erklärte. Indessen orientieren sich die Materialisten am
System der Dialektik, das die
Philosophen Proklos und Fichte als dialektischen Dreischritt dargestellt haben: Thesis – Antithesis –
Synthesis. Etwas Gegebenes oder Vorhandenes wird durch etwas Gegenteiliges oder
Alternatives in Frage gestellt, woraus sich als Auflösung und Vereinigung von
beidem etwas Neues oder Besseres ergibt. Hegel hat das dialektische Prinzip
auf die Geschichte übertragen und nennt die Entwicklungsschritte: Postition –
Negation – Elevation. Auch in der Erziehungswissenschaft hat man sich des
dialektischen Dreischritts bedient und die Entwicklung des Menschen nach dem
Muster „Vorbild – Gegenbild – Leitbild“ gedeutet. Das jeweils neu Entstandene
als Synthese, Elevation oder Leitbild muss man sich wiederum als etwas
Gegebenes und Ausgangsposition vorstellen, welche wieder durch eine erneute
Antithese, Negation oder ein Gegenbild dialektisch in Gegensatz zu sich selbst
gerät und aus der Synthese etwas Besseres hervorgehen lässt. Diesen Prozess
kann man sich als letztlich unendliche Fortsetzung in Richtung Vollendung denken.
Die Welt erscheint uns als antinomisch angelegt,
insofern sie letztendlich unaufhebare Gegensätze als einander bedingende Pole
aufweist. So erkennen wir Antinomien von Sein und Sollen, Ideal und
Wirklichkeit, Vollkommenheit und Unvollkommenheit, Unendlichkeit und
Begrenztheit, Ewigkeit und Vergänglichkeit, Leben und Tod, Gerechtigkeit und
Ungerechtigkeit, Frieden und Kampf, Sicherheit und Unsicherheit, Freiheit und
Bindung, Selbstbestimmung und Einordnung, Individuum und Massenmensch, Egoismus
und Altruismus sowie viele andere und schließlich Gegenständlichkeit und
Ichhaftigkeit. Letztere ist für das philosophische Denken von entscheidender
Bedeutung. Denn die Gegenstände als das Endliche, in Raum und Zeit Gegebene,
der Quantität, Kausalität und damit Unvollkommenheit Unterworfene können als
solche nicht zu sich selbst in Gegensatz treten und aus dieser Abhängigkeit
oder Determiniertheit heraus den Fortschritt schaffen. Dazu ist nämlich das Ich
des Menschen gefordert, das der Freiheit und Kreativität mächtige, als
nicht gegenständliche, nicht kausal bestimmte, raum- und zeitlose Wesenheit und
Schöpferkraft die wertvollere Anschauung des endlich Gegebenen mit seiner
Verbesserungsbedürtigkeit hat. Erst durch diese ichhafte Anschauung des
Vollkommeneren wird das Vorhandene in Frage gestellt und nach der Idee des
Idealzustandes zur Verbesserung aufgegeben. In der Vorstellung des Ich
erscheint das wertvollere Gegenbild (Antithesis) des jeweils Gegebenen (Thesis)
und in der Wertgerichtetheit des Ich wird es als Aufgabe erkannt, durch
Vernunft und Verstand als Hypothese oder Entwurf vorgezeichnet, mittels Sprache
und Erfahrung differenziert, konkretisiert, in die Wirklichkeit umgesetzt (Synthesis).
So lässt sich Entwicklung logisch als kontinuierliche Aufeinanderfolge von
Dreischritten in Richtung auf den höchsten Wert begründen.
Deshalb haben wir die Materialisten nach
der Ursache und Voraussetzung der Materie zu fragen, die logisch notwendig für
die Begründung irgendeiner Existenz erforderlich ist. Wozu gibt es denn Materie
und noch dazu in dieser sinnvollen Ordnung, welche die Welt zusammen hält?
Woher rührt die Sinnhaftigkeit dieser Welt, die sie im Mikro- und Makrokosmos
als Einheit begründet und die das letzte bekannte Universalgenie Leibniz
die beste aller möglichen Welten genannt hat? Als diesbezügliche
Schlussfolgerung ordnete Leibniz dem Atombegriff das göttliche Schöpfungsprinzip
der „Natura naturans“ zu und erweiterte ihn zum Begriff der Monade, da eine Voraussetzung nur das
zur Folge haben und eine Ursache nur das bewirken kann, was bereits in ihnen angelegt
ist. Wenn also die Materie als letzte Voraussetzung oder Ursache für den Kosmos
behauptet wird, dann muss logisch notwendig mit jedem Atom als dem grundlegenden
Baustein des Weltalls das Schöpfungsprinzip impliziert mitgedacht werden. In
diesem Sinne nahm Teilhard de Chardin das Leben als die Achse der
Materie an, die sich nicht selbst explizieren könne, sondern dazu der Entelechie
bedürfe: jener Gestaltungskraft zur Entwicklung der Anlagen, die auf eine
eingespeiste göttliche Idee schließen lässt. Beispielsweise bringen die
Stofflichkeit der Ackererde und die Materie des Samens das Lebewesen der
Pflanze hervor, weil die immanente Wachstumsgesetzmäßigkeit mit der implizierten
Antriebsmöglichkeit den Wurzeltrieb, den Laubspross, die Blüte und Frucht als
Entfaltung der göttlichen Idee keimen, wachsen und gedeihen lassen. Und im
Gegensatz zu den Materialisten postulierte Hegel als Zielvoraussetzung
des dialektischen Prinzips den“absoluten Geist“ als Begriff für das
Göttliche, der im Weltschöpfungsprozess über den subjektiven Geist als Ich des Menschen
und den objektiven Geist als Werke des Menschen zu sich selbst gelangt und sich
vollendet. Teilhard de Chardinkreierte den „Punkt Omega“
als Begriff für das Ziel der kosmischen Entwicklkung und forderte als höchste
Zielvoraussetzung der gegenständlichen Welt die Verwirklichung der höchsten
Werte des Wahren, Guten und Schönen, gleichsam des Göttlichen. Das Streben
danach soll die Menschheit erhöhen und sie nach seiner Ansicht zur „Einmütigung“
oder „Christogenese“ führen: der letzten Entwicklungsstufe des Kosmos
und der Menschheitsgeschichte, in der sich alle Menschen in gottgewollter Eintracht
christlich verbrüdern. Dazu müssen wir nach Margarete Friebe unsere
zerstörerisch auf Mensch und Umwelt einwirkende Egozentrik überwinden und der in
unserem Ich inkarnierten „individuellen Gottheit“ gerecht werden.Das ist die schöne Utopie, die wir zur
Weltverbesserung anstreben und jeder nach seinen Maßen bestmöglich
verwirklichen sollten.
Menschliche Unsterblichkeit im Sinne des Neukantianismus logisch reflektiert
Im dargelegten logischen Rahmen widmen
wir uns nun kritisch der Sehnsuchts- undExistenzfrage nach der menschlichen Unsterblichkeit. Es geht um die
spannenden Alternativ-Auffassungen, ob und wieweit der Mensch als Wesenheit, d.
h. Wesenseinheit aus Körper und Geist, als unsterblich begriffen werden kann oder
ob er letztlich nur einen heraus gehobenen Organismus mit besonderen Fähigkeiten
darstellt und der Wunschtraum ewigen Lebens vom Tod zunichte gemacht wird, wie
die Skeptiker, Materialisten, Naturalisten meinen. Wenn Letztere Recht hätten,
dann müsste der Mensch ausschließlich gestaltete Natur (Natura naturata)
sein: Er wäre nur tierhaft und kausal determiniert, also gegenständlich,
endlich und vergänglich. Aber der Mensch unterscheidet sich ja gerade dadurch
vom Tier, dass er nicht vollständig dem Ursache-Wirkungs-Prinzip erliegt. Er
besitzt über die Säugetier-Natur hinaus Freiheit und kann entscheiden,
alternativ denken, kreativ handeln, sich schöpferisch betätigen und die Welt
verändern – zum Schlechten wie irreversible Umweltschäden oder zum Guten wie den
Weltfrieden. Insofern erweist er sich folgerichtig als gestaltende Natur
(Natura naturans), trägt Verantwortung für das Wertvolle und hat mit seinem transzendentalen
Ich und der Formkraft seines Bewusstseins und Geistes als göttliches Super-Geschöpf
am Metaphysischen, Raum- und Zeitlosen sowie an der Unsterblichkeit teil.
Allerdings ist das menschliche Leben als
körperhaftes, irdisches Leben gegenständlich verfasst und muss die
Kriterien der Gegenstände erfüllen: die Bedingungen der Raum- und
Zeitabhängigkeit, Kausalität, Eigenschaften, Quantität, schließlich Auflösbarkeit.
Für die Erfahrung und Wahrnehmung des menschlichen Lebens ist die
Vergegenständlichung im menschlichen Körper konstitutiv. Jedoch muss deswegen
das menschliche Leben nicht im Ganzen gegenständlich sein. Denn es stellt sich
die Ursprungsfrage nach der Voraussetzung und Zielsetzung des somatischen
Lebens, das es ohne Grund oder Ursache nicht gäbe, und insofern ist zu seiner
logischen Begründung die umfassende Form a priori von Zeit, Raum,
Substanz, Quantität und Kausalität gefordert. Das ist die Zielvoraussetzung für
die Möglichkeit irgendeines körperlichen oder irdischen Lebens und gleichfalls
jedweder gegenständlichen Existenz, die als solche immateriell, unsichtbar,
einfach und unzerstörbar oder ichhaft ist: Form von Bewusstsein,
Gestaltungskraft von Denken, Fühlen und Wollen, göttliches Schöpfungsprinzip.
Das Ich erweist sich in seiner Wertgerichtetheit als Urgrund für Erkenntnis und
Gestaltung der gegenständlichen Welt und des menschlichen Lebens und der Mensch
hat daran über das Körperhafte hinaus teil, womit die Bipolarität
menschlichen Wesens als somatisch und ichhaft zugleich aufgewiesen ist.
Aufgrund dieser Zwiespältigkeit, die
sich aus dem vergänglichen Körper und dem zeitlosen Ich ergibt, kann menschliche
Unsterblichkeit, die sich als menschliche Individualität manifestiert, in Ewigkeit nicht
somatisch sein, sondern muss ausschließlich im Rahmen des Ich oder der
unzerstörbaren Seele möglich sein. Die großen Denker betonen in diesem Sinne – worauf
Margarete Friebe hinweist – der
Mensch ist Geist und Seele und hat einen Körper, der vergeht, während Geist
oder Seele als geistiger Ist- oder
Seins-Zustand bestehen bleiben. Indes kann die Entwicklung des Menschen mit
der Auflösung seiner körperhaften Gestalt durch den leiblichen Tod nicht
beendet sein. Sonst wäre sie sinnlos und nicht durch die Zielvoraussetzung von
Wert bestimmt – weshalb überhaupt etwas entsteht. Soweit also im menschlichen Dasein
Entwicklung stattfindet, insoweit muss die Zielvoraussetzung von Wert über den
Tod hinaus Geltung haben. Demnach ist menschliche Individualität von vornherein
in der Aufgabe, Hypothese oder Idee der Bestimmung des Menschen impliziert und
in der Allgemeinbildung von Ich, der geistigen Gestaltungskraft oder Seele vorauszusetzen.
Das bedeutet, die Möglichkeit der individuellen Beständigkeit des Menschen in
der Ewigkeit durch das zeit- und raumlose Ich, also als Geistwesen, ist zwar
logisch zu begründen, aber die somatische Überlebensfähigkeit des Menschen ist
damit nicht bewiesen. Wir müssen uns mit dem Widerspruch auseinandersetzen, den
die Mystiker unter den Philosophen wie u. a. Nikolaus von Kues als „Coincidentia
oppositorum“ bezeichnen, nämlich als Zusammenfallen des Gegensatzes von
konturloser Allgemeinbildung und Individualität im Ich. Nach ihrem
Spiegelgleichnis verhält sich das Ich zu Gott oder dem Schöpfer wie ein Spiegel
zur Sonne. In jedes Menschen Seele spiegelt sich ein und dasselbe göttliche
Wesen als Ganzheit und Einzigkeit, jedoch in jeweils besonderer Weise nach der
je eigenen Individuallage. Im gleichen Sinne ist das Ich im Göttlichen
oder Punkt Omega begründet. Soweit alle Menschen auf denselben Wert gerichtet
sind – etwa in der Anschauung des göttlichen Wertes –, erweisen sie sich in
ihrem Seelengrund oder Ich identisch, obwohl sie sich in einer jeweils
verschiedenen, individuellen Position oder Beziehung zum Angeschauten befinden,
was für uns in der Dimensionen von Raum, Zeit und den Kategorien des Gegenständlichen
als individuelles Überleben nur äußerst theoretisch vorstellbar ist.
Demnach ist unser Denken zwar im Diesseits
an die subjektive Erkenntnisfähigkeit unseres je eigenen Gehirns gebunden, jedoch
im Jenseits genügt menschliches Bewusstsein gleichfalls dem Anspruch und
Kriterium absoluter Objektivität. Indes versuchen die Hirnforscher mit
den ausgeklügelten Methoden der modernen Naturwissenschaft und Technik den Sitz des Ich oder der Seele im Gehirn,
das denkt und unser Ich erzeuge, zu identifizieren. Dabei wurde viel
Wissenswertes über die Entwicklung, den Aufbau und die Funktion dieses einmalig
komplexen und leistungsfähigsten Organs ermittelt. Aber obwohl
Röntgen-Computer- und Kernspinn-Tomografie hochauflösende Bilder über die Hirnareale
und -prozesse liefern, ist der Mechanismus noch nicht entschlüsselt, der Geist,
Sinn und Verstand hervorbringt. So bilden nach Precht Körper und Geist
zwar eine Einheit und das menschliche Bewusstsein erweist sich als
Zusammenspiel mit Körper und Erfahrungen, doch die Hirnforscher haben kein
Ich-Zentrum, keine Zentralinstanz von Verstand, Gefühl und Wille gefunden. Deshalb
halten viele das Ich für eine Illusion, was wir nicht akzeptieren müssen, da die
Hirnforscher lediglich Gegenständliches untersuchen. Vielmehr ist anzunehmen, dass das Gehirn lediglich vermittelnde und nicht erzeugende Funktion für das Bewusstsein hat.
Jedenfalls lässt sich der Mensch seiner
letzten und eigentlichen Bestimmung nach als jeweils besonderer Gedanke Gottes
oder des Schöpfers, als einmalige, unwiederholbare Aufgabe seiner Gestaltung
und Vollendung behaupten. Das heißt, bereits in der allmächtigen Schöpferkraft,
in der göttlichen Idee des Menschen, aus der heraus alle Menschen
geschaffen, nämlich expliziert, differenziert, als Folge hervorgebracht sind,
ist die Besonderheit von vornherein mitzudenken, Individualität als
Grundstruktur auch in der Allgemeinbildung von Ich logisch vorauszusetzen.
Somit ist Individualität als solche sinnvoll und Menschenbildung im Absoluten
begründet. Demzufolge erweist sich gleichfalls der gegenständliche Leib sowie
Organismus überhaupt, das gesamte Universum als sinnvoll und wertbestimmt. Und
insofern kommt Gott oder der Schöpfung als höchster Zielvoraussetzung von Wert
die Aufgabe zu, ein unendliches und ewiges Dasein zu gestalten. Deswegen muss
die irdische, gegenständliche Körpergestalt nicht die endgültige sein, sondern
man hat dafür den Begriff der Verklärung des Körperhaft-Gegenständlichen
geprägt, was wie etwa in der Auferstehungslehre des kirchlichen Dogmas immer
dem Glauben jenseits aller Wissbarkeit aufgegeben bleibt. Wir können diese
vergeistigte Welt nicht mehr mit unseren Sinnen im physiologischen Geschehen
wahrnehmen. Somit ist die Unsterblichkeit des Menschen letztlich nicht
nachweisbar, aber wir sind nach Kants "Kritik der praktischen
Vernunft" berechtigt, sie für möglich zu erachten, um uns in einem
prinzipiell unendlichen Prozess der moralischen Vervollkommnung anzunähern und unsere
Welt zu optimieren.
Naturalismus und Theismus im Widerstreit sowie eine kritische Schlussfolgerung
Unsere grundsätzlich am Neukantianismus
und an tradierter Philosophie ausgerichtete logische Argumentationsweise steht
im Widerstreit zum Trend moderner Philosophie, soweit sie eine naturalistische
Metaphysik und einen atheistischen, modalen Realismus vertritt, der dem
materialistischen Denken vieler Zeitgenossen entgegenkommt. Insofern ist für
uns der Philosophie-Ansatz rationaler Theologie von Holm Tetens interessant, der sich kritisch vergleichend
mit den Kernthesen des Naturalismus und des theistischen Idealismus
auseinander setzt, was im Wesentlichen mit unserem philosophischen Konzept
korrespondiert und daher für eine Vertiefung unserer Ausführungen und eine
ausgewogene Schlussfolgerung heran gezogen wird.
Die Kernthese des Naturalismus besagt: Die materielle Welt
der konkreten Dinge und Ereignisse stellt die einzige und eigentliche
Wirklichkeit dar, wie sie von den Erfahrungs- und insbesondere
Naturwissenschaften beschrieben wird. Danach sind wir Menschen nichts Anderes
als kompliziert organisierte Materie und funktionieren ausschließlich
nach den Naturgesetzen. Dazu wird laut Emergenz-Theorie vorausgesetzt, dass aus dem bisher
Vorhandenen durchaus unerwartet etwas qualitativ Neues entstehen kann und so
das Mentale aus dem Physischen ermergiere, also unser Bewusstsein der höher
entwickelten Materie entspringe. Wie das geschehen soll, lässt sich zwar bis
heute nicht wissenschaftlich empirisch nachweisen, weil dafür nur eine allzu
kurze Existenz-Zeitspanne des Universums zur Verfügung steht. Jedoch wird das
mit Hilfe der ungeheueren Leistungsfähigkeit der kollektiven menschlichen
Intelligenz sowie des technischen Fortschritts im Laufe der Zeit noch schlüssig
geklärt werden können, was gleichfalls für jede derzeit offene existenzielle
Frage gilt, auch auf welche Weise der Prozess der Kosmogenese ohne Gott als
allmächtigem Akteur in Gang gesetzt werden konnte. Als weitere Folgerungen aus
diesen Grundthesen wird behauptet: Durch den leiblichen Tod löst sich unser
Geist als angenommenes Körpersubstrat mitsamt dem Hirn als Produzent unseres Selbstwertgefühls
völlig auf. Die Seele erweise sich nur als Metapher in einer gottlosen,
endzeitlichen Welt, in der wir neben anderen, einstweilen unbekannten Welten
zufällig leben. So gebe es keinerlei berechtigte Hoffnung auf eine Materie
basierte Wiederauferstehung (modaler Realismus nach Peter Atkins 2013).
Demgegenüber lautet die von Tetens vertretene Kernthese des
Theismus bzw. theistischen Idealismus: Gott existiert als allmächtigerSchöpfer der Welt, und zwar als unendliches vernünftiges Ich-Subjekt und
schafft als solcher uns Menschen als endliche geistige Ich-Subjekte und
will unbedingt unser Heil. Allerdings ist die Entwicklung der Welt mit den
Menschen als bedingt freie Gestalter des Daseins prinzipiell offen und Gott
muss das Böse sowie ebenfalls Leid und Tod zulassen, damit sich das Gute
durchsetzen kann und schließlich in einer neuen, besseren Welt durch
Auferstehung der Toten, höchstes Gericht, Vergebung und Versöhnung der Menschen
Gnade und Gerechtigkeit walten können, was etwa dem Begriff der Christrogenese
mit der gottgewollten Einswerdung und christlichen Verbrüderung aller Menschen als
höchster Zielsetzung vergleichbar ist. Allerdings können wir Menschen in
unserer Endlichkeit Gott in seiner
Transzendenz als unendliches Ich-Subjekt nicht direkt erkennen und seine
Existenz nicht schlüssig als Wirklichkeit beweisen, ihn jedochals ernst zunehmende
Möglichkeit rational denken und über seine überragende, zielgebende Rolle
als allmächtiger Schöpfer der Welt und seine Bedeutung für unser Leben
vernünftig argumentieren. Wir können seine Macht und Fähigkeiten definieren und
er kann durch uns Menschen indirekt in der Erfahrungswelt gegenwärtig sein,
insofern wir auf ihn hoffen, ihn loben, in unserer Not anrufen, fürchten, eine
Beziehung zu ihm aufbauen oder abbrechen, was unsere Haltung und unser Handeln
maßgeblich beeinflussen kann. Der Gottgläubige vertraut auf den
gerechten, barmherzigen Gott, der unser Bestes will, er akzeptiert ihn als
Richter und Erlöser, selbst wenn er ihn nicht versteht und zur Verzweiflung
neigt. Allerdings lässt sich dieser tiefe Gottesglaube nicht durch den Verstand
erzwingen, sondern muss als Gnade oder Geschenk Gottes – wodurch auch immer –
jeweils selbst erfahren und verinnerlicht werden.
Die kritische Abwägung offenbart Probleme und Chancen bei beiden Denkansätzen.
Was die Defizite der naturalistischen Kernthese betrifft, erweist es
sich als unbefriedigend und äußerst unwahrscheinlich, dass die empirischen
Wissenschaften irgendwann den Ursprung der Welt aus dem absoluten Nichts
schlüssig nachweisen können, da aus einer Voraussetzung nur folgen kann, was
sie impliziert. Damit wird gleichfalls die Emergenz des Mentalen aus dem
Physischen ad absurdum geführt. Trotz intensiver Hirnforschung konnte bisher
nicht festgestellt werden, wie sich die Hirnströme in Denken verwandeln.
Außerdem bleibt unerklärlich, warum es in einer rein materiellen Welt
erlebnisfähige und selbstreflexive Ich-Subjekte gibt. Die exakte,
naturgesetzliche Erläuterung des leiblichen Todes lässt die Hoffnung auf
Wiederauferstehung und ewiges Leben suggestiv schwinden und erschwert den
christlichen Heilsglauben. Die Erwartung des endgültigen Aus der
menschlichen Existenz und letztlich des Weltalls erzeugt fundamentale Angst,
Frustration, Resignation, kann gar Panik hervorrufen sowie die Lebensqualität
mindern. Aussichtslosigkeit, Ungerechtigkeit und tief empfundene Sinnlosigkeit
provozieren allzu oft rücksichtslosen Egoismus und die Hinwendung zum Bösen.
Dennoch gibt sich die naturalistische Auffassung ambivalent und eröffnet
ebenfalls Chancen hinsichtlich der Konsequenzen für uns Menschen. Aus
der Konzentration auf das Diesseits ohne göttliches Sicherheitsnetz
resultiert vielfach die Übernahme hoher Eigenverantwortung, da es gilt,
aus seinem begrenzten Dasein selbst das Beste zu machen. So geben wir durch Fortpflanzung
und Vererbung unsere Gene, Eigenschaften, Eigenarten weiter, gründen Familien,
ziehen hoffnungsvoll Nachkommen auf und setzen Spuren unseres Menschseins über
den leibhaftigen Tod hinaus. Und wir schaffen, jeder nach seinem Maße,
persönliche Zufriedenheit und Erfüllung durch soziale Taten und geistige
Werke zu Lebzeiten, wozu wir freilich mehr Chancengleichheit bräuchten.
Kein Mensch als selbstreflexives Wesen ist absoluter Nihilist und
Gottgläubigkeit erweist sich nicht als notwendige oder ausschließliche
Bedingung zur Verwirklichung der Menschenrechte sowie der Weltverbesserung
für ein brüderliches und friedliches Zusammenleben aller Menschen im Einklang
mit der Natur, also als optimale Annäherung an die postulierte Christogenese.
Den Problemen des Naturalismus stehen die Hoffnungen des theistischen
Idealismus gegenüber, dessen argumentative und logische Stärke auf der Zielvoraussetzung
Gottes als allmächtiger Schöpfer der Welt und der Menschen als geistige
Ich-Subjekte beruht. Dadurch ist theoretisch gewährleistet, dass sich die
Kosmogenese widerspruchsfrei in einem unendlichen Prozess und in Gerichtetheit
auf den höchsten, den göttlichen Wert entwickeln kann. Die Überzeugung, dass
ein vernünftiger, gerechter, gütiger Gott unser Schicksal lenkt und letztlich zum
Guten wenden wird, schafft Zuversicht für ein grundsätzlich sinnvolles Leben
und spornt zu christlicher Daseinsbewältigung an. Die Erwartung des göttlichen
Gerichts zur Herstellung von Ausgleich und höchster Gerechtigkeit sowie
Sanktionen der Buße und Gnade sollen und können die Bereitschaft zur Vergebung
und Versöhnung fördern. Die Hoffnung auf Wiederauferstehung und Aussicht
auf ein ewiges Leben in einer besseren, wenn zwar fernen, künftigen Welt
erfüllen mit Genugtuung und helfen, die Unzulänglichkeiten und das Leid in
Gegenwart und Diesseits eher zu ertragen. Mit Letzterem sind die Probleme
des Theismus angesprochen. Und zwar ist es vor allem das ungeheuere Ausmaß
des Leides, das seit eh und je in dieser Welt herrscht und das der
allmächtige, gütige Gott unerklärlicher Weise zulässt. Besonders die
fortwährenden Kriege mit ihren Zerstörungen, Grausamkeiten und den
massenhaft Getöteten sowie den Flüchtlingstragödien lassen die Menschen
verzweifeln und auch Christen daran zweifeln, dass Gott existiert und wirklich
unser Heil will. Darin manifestiert sich für viele der stärkste Gottes-Gegenbeweis,
da der Glaube an einen gottgewollten Fortschritt zu einer besseren Welt
nachhaltig erschüttert wird. Hier müssen wir unbedingt daran denken, wie
gefährlich „blindes Gottvertrauen“ sein kann, denn die Menschen tragen die
Verantwortung für die Kriegsgeschehnisse, Not und Pein und haben selbst die
Pflicht, in dieser Welt für Frieden und Glück aller einzutreten. Sich aufgrund
solcher leidvoller Erfahrungen vom Glauben abzukehren, ist meistens keine sinnvolle
Konsequenz im Rahmen unseres Menschseins. Eher kann als verständliches
Glaubenshemmnis die Proklamation der leiblichen Wiederauferstehung der Toten gewertet werden, weil sie nicht
symbolisch zu begreifen ist und dem Verstand widerspricht: Angesichts der
körperhaften Vergänglichkeit soll die Kontinuität der Persönlichkeit nicht mit
der Unsterblichkeit der Seele im Transzendentalen gewährleistet sein, sondern
der Mensch nach dem Bauplan Gottes, dem die Macht dazu zuzubilligen ist, neu
entstehen.
Als abwägendes Fazit kann festgehalten werden: Beide
metaphysischen Kernthesen sind durch die Argumentation weder bewiesen noch
widerlegt, sondern als theoretische Möglichkeit begründet, naturalistische und
theistische Weltdeutung nach vernünftigen Aspekten logisch-begrifflich mit einander
zu vergleichen. Sowohl das naturalistische
Negativ-Szenario als auch das theistische
Positiv-Szenario können sich durch die reale Entwicklung der Welt als
falsch oder richtig erweisen. Von beiden Positionen aus kann man indes die Fragen
nach dem Sinn unseres Daseins stellen und die Erfahrungen und Erkenntnisse
interpretieren. Und man kann im Einzelnen unterschiedliche Schlussfolgerungen
ziehen. Für Tetens sind zwar beide Kernthesen gleichsam spekulativ, aber
er gibt dem theistischen Idealismus, die Welt als Schöpfung Gottes zu
betrachten, den Vorzug, da er in sich schlüssiger ist, jedenfalls nicht im
Absurden ende wie Sartres Philosophie,
sondern Trost spende. Unsere Bilanz fällt indessen ausgewogener und offener
aus, obwohl wir im neukantianistischen Sinne ebenfalls ein umfassendes
Schöpfungsprinzip der Welt voraussetzen, wie immer man es auch nennen mag. Denn
es ist denkbar und möglich, dass man – auch ohne vom göttlichen
Offenbahrungsglauben persönlich begnadet und beseelt zu sein – sich wie ein
Christ als guter, zielstrebiger, selbst verwirklichender Mensch erweisen und
betätigen sowie seinen Beitrag zur angestrebten Christogenese im Diesseits leisten kann. Entscheidend ist
schließlich, dass sich möglichst viele, gleich welcher Gesinnung, für das als
wertvoll erkannte, humane, welterhaltende Ziel engagieren.
Umfassende
Theorie des Jenseits und der Ewigkeit naturwissenschaftlich fundiert
Inzwischen gibt es eine umfassende
Theorie des Jenseits und der Ewigkeit von Markolf H. Niemz, der als
Physiker auf Erkenntnisse der Naturwissenschaft, Sterbeforschung und
Religion zurückgreift, um die letzten Fragen unserer Existenz bezüglich Unsterblichkeit,
Jenseits, Ewigkeit, Gott schlüssig zu erklären. Das stellt eine interessante
Erweiterung unserer neukantianischen Überlegungen zu diesem Fragenkomplex dar. Niemz setzt nämlich bei der vorhandenen
Natur an, in der es Gesetze oder Regeln, aber gleichfalls Zufälle gibt. Allerdings
stellen sich die Naturgesetze nicht selbst auf, sondern haben nach dem
Ursache-Wirkungs-Prinzip eine Quelle, die NiemzGott nennt. Durch
die Zufälle im Leben wird es teilweise zum Spiel. Indessen muss Gott nach Niemz‘
Argumentation keine Wunder vollbringen, um das Böse und Katastrophale
abzuwenden, wie es vom Allmächtigen nach der sogenannten Theodizee-These
erwartet wird. Aufgrund der Berichte von Nahtoderfahrenen geht es letztlich
nämlich nicht um das Ich des einzelnen Menschen, sondern darüber hinaus kommt
es auf etwas viel Wertvolleres an: die jeweils im eigenen Leben verwirklichte Liebe
und das darin erworbenes Wissen, welche die Seele ausmachen und das Jenseits in Ewigkeit füllen. Niemz
gebraucht den Ich-Begriff in Abweichung von der herkömmlichen Philosophie und
unserer Terminologie als Einheit von Körper und Seele, also Mensch, während wir
das Ichhafte ausschließlich nichtgegenständlich als Seele definieren – ein
Begriffsunterschied, dem man beim Theorieverständnis im Einzelnen Beachtung
schenken sollte.
Im Zuge seiner Theorie-Augestaltung
stellt Niemz zunächst sogenannte „fünf Fakten“ heraus, die in
kompakter Thesenform folgende Aussagen umfassen: 1. Irgendetwas bewirkt, dass überall im Kosmos Naturgesetze gelten wie „Energie
= Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat (E= m x c2). Den
Urheber dafür bezeichnet Niemz wie allgemein
üblich als Gott, den sich viele Menschen als Beziehungswesen personal
vorstellen, der aber im Sinne von Niemz (und mir) auch abstrakt als Schöpfungs-Prinzip
– als Schöpfer und Schöpfung zugleich – aufgefasst werden kann. 2. In der Natur gibt es Zufälle wie z. B. genetische Mutationen, die für
eine freie Entfaltung nötig sind und das Leben als ein Spiel erweisen, bei dem
das Produzieren von Liebe und Wissen eine entscheidende Bedeutung hat. 3. Zur Natur gehören Lebewesen: Pflanze, Tier, Mensch. Jedes Lebewesen
kann fühlen und lernen, was Niemz als „Sinn des Lebens“ ansieht.
Sogar beim Sterben als Teil des Lebens können wir noch fühlen und lernen. 4. In der Natur sind absolute Werte
wie Liebe und Wissen wichtig, welche gefühlt und gelernt werden und die Seele
manifestieren. Die Liebe erweist sich als absolut, wenn sie aus dem Liebenden
und Geliebten ein Ganzes formt. 5. In der Natur kommt der Tod vor. Nahtoderfahrene berichten oft von
einem Flug ins Licht, das sowohl im Diesseits und als auch im Jenseits
vorhanden ist. Die Perspektive des Lichts nimmt Niemz als Ewigkeit
an, weil für das Licht jede räumliche und zeitliche Distanz den Wert null hat.
Dort sind ohne Nacheinander keine Entwicklung und kein Leben nach dem Tod
möglich. Beim Sterben könnte die Seele sozusagen auf
Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden, um ins Licht einzutauchen, während
die Summe aller Seelen das Jenseits darstelle, in dem alle Liebe und
alles Wissen im Licht gespeichert seien.
In die Ausdifferenzierung seiner Theorie
auf das Endziel hin, sich einen abstrakten Gott als Schöpfer und Schöpfung in
Einem und nicht als gütige Person, die das Böse von uns abwenden muss,
vorzustellen, bezieht Niemz sowohl die Evolutionstheorie als auch die
Relativitätstheorie und Quantentheorie ein. Die wichtigste Botschaft aus der Evolutionstheorie
nach Charles Darwin lautet:
Das Leben ist ein Wechselspiel mit Regeln und Zufällen; alle Lebewesen brauchen
sich gegenseitig, um die Entwicklung voran zu bringen und das Gesamtwerk
entstehen zu lassen. Die relevante Erkenntnis aus der Relativitätstheorie
nach Albert Einstein ist
für Niemz, dass absoluter Raum als umrandeter
Weltraum und absolute Zeit als begrenzte Weltzeit Illusionen sind und nur
verschiedene räumliche und zeitliche Distanzen existieren, die von der jeweiligen
Perspektive abhängen, jedoch ein Gegenüber ermöglichen und zum Beziehungsaufbau
genutzt werden sollten. Die Quantentheorie von Werner Heisenberg trägt zu einem zeitgemäßen Weltbild
die Einsicht bei, dass Alles mit Allem zusammenhängt, die gesamte Materie
einschließlich Körper durch Quanten oder kleinste Energieeinheiten zusammen
gehalten wird. Daher sind wir in unserem tiefsten Innern gar keine Individuen,
sondern etwas miteinander Verbundenes, d. h. eine Ganzheit sind. Daraus leitet Niemz
die Lebensweisheit ab: Andern zu helfen bedeutet sich selbst zu beschenken,
andere zu übervorteilen sich selbst zu schaden.
Für die Wissenschaft resultiert daraus,
dass sie in ihre Untersuchungen und Ergebnisse alles einbeziehen und so allumfassend
sein sollte, weshalb Niemz für seine Theorie noch die wesentlichen
Botschaften aus der Sterbeforschung und Theologie bzw. den Religionen
heranzieht. Die Sterbeforschung analysiert die Erlebnisse klinisch
Toter, die vor dem endgültigen Aussetzen aller Organfunktionen wieder ins Leben
zurück gekehrt sind und übereinstimmend von folgenden Nahtoderfahrungen, bisweilenals Ablaufphasen
erlebt, berichteten: - Gefühl des Entspanntseins, Friedens, großer Harmonie; - Außerkörperliche Erfahrung durch die Vision, den Körper zu verlassen; - Flug durch einen dunklen Raum, Tunnel, eine Höhle, ein Tal; - Begegnung mit einem hellen Licht von magischer Anziehungskraft; - Jenseitskontakte mit Verstorbenen; - Rückschau auf das vorbei ziehende
eigene Leben. Der Zeitpunkt der Wiederbelebung bricht mit der Rückkehr in den eigenen Körper
– oft bewusst und schmerzhaft erlebt – jede Nahtoderfahrung früher oder später
ab. Wer bis zur letzten Phase vorgedrungen ist, empfand meist die Liebe und das
Wissen als die höchsten Werte menschlichen Daseins, woraus Niemz die
Folgerung zieht, dass Fühlen und Lernen den Sinn des Lebens ausmachen
und man sie zu Lebzeiten pflegen sollte. Diese Bewusstseinsausdehnung
Sterbender hält Niemz nicht für eine „visuelle Wahrnehmung“, sondern er
nimmt an, dass sich das Bewusstsein durch die Ausbreitung der Seele ins Licht
(vielleicht masselos mit Lichtgeschwindigkeit) erweitert. Dass die Seele noch
nicht experimentell nachgewiesen ist, sieht Niemz nicht als Gegenbeweis
für ihre Existenz und nicht als Widerlegung seiner Theorie an.
Was die Analyse der Weltreligionen betrifft, stellt Niemz
fest, dass seine Definition der Begriffe für Gott, Seele, Jenseits, Ewigkeit
eine „logische Schnittmenge“ der religiösen Kernaussagen darstellt, was
gleichfalls für den hohen Stellenwert der Liebe und des Wissens bzw. der
Erleuchtung bei ihnen zutrifft und seine Theorie stützt. Das erörtern wir hier
nicht weiter und verweisen auf das Originalwerk. Stattdessen ziehen wir eine Bilanz
in Bezug auf unsere Gesamtargumentation und konstatieren eine
grundsätzliche Übereinstimmung zwischen Niemz‘ ganzheitlicher Theorie
über das Leben und Sterben sowie unserem neukantianischen Ansatz, der dadurch teils
erhärtet, teils ergänzt wird. Das ergeben besonders die naturwissenschaftliche
Fundierung des abstrakten Gottes als Schöpfungsprinzip und die Abkehr
vom personalen Gott durch den Naturbegriff als Regeln und Zufälle und die damit
mögliche Überwindung des Theodizee-Dilemmas. Ein weiteres gemeinsames
Argumentations-Element stellt die Wertgerichtetheit der Entwicklung des
Lebens und der materiellen Welt einschließlich Evolution dar. Niemz plädiert
für die Verwirklichung der Nächstenliebe im Diesseits und richtet einen Appell
an alle Menschen, zur Verbesserung dieser Welt beizutragen. Wir können auch der
Definition der Ewigkeit als Perspektive des Lichts beipflichten, aus der jede
Distanz den Wert null hat, die daher keine Entwicklung zulässt, sodass es kein
Leben nach dem Tod als Wiederauferstehung geben kann, weil der Körper
sterblich und endlich ist, während sich das Licht physikalisch gesehen in der
Ewigkeit und mitten unter uns in der Gegenwart befindet. Gleichfalls können wir
Niemz‘ Auffassung akzeptieren, dass Fühlen und Lernen den Sinn des Lebens
ausmachen und die Seele in gefühlter Liebe und gelerntem Wissen besteht,
jedoch als solche immateriell ist und im Absoluten aufgeht. Theoretisch kann,
wie Niemz annimmt, die Seele mit dem Tod ins Licht und ins Jenseits
eintauchen und dieses mit aller gefühlten Liebe und jedem gelernten Wissen
füllen, welche dort ewiglich im Licht gespeichert, alle Seelen als Summe
durchdringen und umfassen.
Das kann man denken und behaupten, solange
es nicht logisch widerlegt ist, jedoch bleibt letztlich offen, ob es
sich als wahr erweist und Alternativen ausschließt. Zwar führt Niemz
hier als Argument ferne Erinnerungen von Nahtoderfahrenen an echte, jedoch
nicht selbst erlebte, nicht mit eigenem Wissen belegte Ereignisse auf, die
möglicherweise im tiefsten Innern von der Ebene des Quanten-Bereichs stammen,
wo alles miteinander zusammen hängt. Aber m. E. ist einzuwenden, dass die
klinisch Toten noch nicht die Grenzüberschreitung ins Jenseits wirklich
vollzogen haben und Mediziner die Nahtoderfahrungen als ein letztes,
außerordentliches Aufbäumen des Körpers und der Sinne auslegen, um sozusagen
das Höchste an spiritueller Wahrnehmung heraus zu holen, weshalb es jedoch
Gehirn bedingte Bewusstseinserscheinungen und Diesseitserfahrungen sind. Ich bin
persönlich durchaus überzeugt, dass die berichteten Nahtoderfahrungen als
solche wahr sind; sie beziehen sich zudem nicht nur auf Momente des
Herzstillstandes, sondern können ebenfalls in lebensbedrohenden Situationen der
Todesangst auftreten. Bei einem Autounfall in den 1960er Jahren hatte ich in
den Schrecksekunden vor dem Aufprall selbst die Intuition, dass plötzlich vor
meinem „geistigen Auge“ rasend schnell ein Film mit meinem noch kurzen Lebenslauf
rückwärts abspulte und im Nu vorbei war; in der Stille danach glaubte ich gar
einen Augenblick, ich sei im Jenseits. Ich konnte es so jäh nicht fassen, habe
das eigenartige Geschehen jedoch nicht vergessen, obwohl ich Einzelheiten nicht
erinnere. Als ich viel später von dokumentierten Nahtoderfahrungen erfuhr,
hatte ich aus der Distanz den Eindruck, dass ich damals in den Sekunden-Bruchteilen
so etwa ansatzweise erlebt habe, ohne es als Bewusstseins-Ausdehnung ins Jenseits
nachzuempfinden. Daher erscheinen mir bislang Jenseitserfahrungen als
mitteilbare Bewusstseinsinhalte utopisch; jedenfalls solange ungeklärt ist, wie
etwa die Seele ohne Masse auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden oder
sonstwie ins Licht eintreten kann. Der umgekehrte Weg, Botschaften aus dem
Jenseits in sinnliche Wahrnehmungen zu transformieren, erweist sich
gleichermaßen unbekannt. Allerdings wächst wie eingangs erörtert unser Wissen
in ungeheuerem Ausmaß und Tempo und wird uns schnell noch viele Kenntnisse und
Erkenntnisse bescheren.
Intensivste Nahtoderfahrung und
Jenseitsoffenbarung aller Zeiten
Meine bisher geäußert generelle Skepsis gegenüber Jenseitserfahrungen teilte
lange Zeit auch der amerikanische Gehirnspezialist und Neurochirurg Eben Alexander, der die berichteten Nahtoderlebnisse
seiner OP-Patienten für im Gehirn indizierte Fantasien während des Kampfes mit
dem Tod abtat und kaum beachtete. Das änderte sich schlagartig, als er nach 25
Jahren Berufserfahrung plötzlich selbst eine diesbezügliche Extremerfahrung machte. Ohne
ersichtlichen Grund erkrankte er an einer seltenen, bakteriellen Meningitis und
geriet sieben Tage lang in ein schweres Koma, währenddessen sein gesamter
Neokortex ausfiel, nämlich die Funktion der Hirnrinde, die nach den geltenden
Erkenntnissen der Neurowissenschaft unser Bewusstsein und damit unser
Menschsein erzeugt, nachgewiesener Maßen völlig ausgeschaltet war. Sein
Stammhirn befand sich in einem Zustand, in dem nur einige primitive Hirnteile
für die körperlichen Grundfunktionen noch in Betrieb waren. Dieser Umstand
bescherte ihm eine einmalig intensive, lang anhaltende Nahtoderfahrung im
Vergleich zu allen bisher bekannten Ereignissen dieser Art und ermöglichte ihm
nach seinem überraschenden Erwachen und seiner unerwarteten Genesung die
umfassendste Jenseitsoffenbarung aller Zeiten.
Während Alexander in tiefster Bewusstlosigkeit in der Klinik lag, an der er als
Gehirnchirurg tätig war und wo seine Kollegen um sein Leben rangen, erlebte er
eine fantastische Reise ins Jenseits,
von der er hinterher beschwörend berichtet, dass er sie als „reale
Besichtigungstour“ im Gedächtnis hat. Es fällt ihm äußerst schwer, das
außerordentliche Erlebnis angemessen in unserer menschlichen Sprache zu
beschreiben, um es uns der Schwerkraft und dem Gehirn verhafteten Erdenbürgern
annähernd nachvollziehbar zu machen. Er beschreibt in seinem Buch seinen Jenseits-Aufenthalt
als entfesselten Flug durch die spirituelle Welt jenseits aller einengenden
Körperlichkeit und der naturgesetzlichen Dimensionen auf der Erde und im
Universum, ohne Zeit- und Raumgefühl. Dennoch erinnert er sich klar an drei
Sphären, die er passierte und immer besser kennenlernte. Zunächst kämpfte er
sich durch eine dunkle, schlammige Unterwelt wie in einem gewaltigen Mutterleib.
Er war an diesem grob und gruselig anmutenden Ort, der mehr nach biologischem
Tod denn Leben roch, kein Mensch, sondern „einfach nur ein einsamer
Bewusstseinspunkt in einem zeitlosen rotbraunen Meer“. Diese ungewöhnliche Umgebung
erschien ihm wie der uranfängliche Zustand des Seins am Beginn allen Lebens. Er
bezeichnet sie als das Reich der Regenwurm-Perspektive, durch das er
sich bei seiner Rückkehr zur Erde wieder zwängen musste, um in den sperrigen
physischen Existenzmodus mit seinen Raum-Zeit-Grenzen, seinem linearen Denken,
seiner limitierten verbalen Verständigung zu gelangen. Doch in die andere nach
oben weisende Richtung kam er durch die grüne Landschaft des idyllischen
transirdischen Übergangsbereichs, der ihn freundlich empfing und den
Aufbruch in eine Herrlichkeit erahnen ließ. Von hier flog er, märchenhaft
beschwingt in überirdischer Leichtigkeit auf einer Art überdimensionalen
Schmetterlingsflügel mit wunderbarer Engelbegleitung, ins himmlische Zentrum
der wahren spirituellen Existenz. Dabei empfand er sich als sein „wahres
Selbst“ in Ehrfurcht gebietender Distanz und gleichzeitiger Nähe eins mit
Gott, den er aufgrund des ihn umgebenden volltönenden, gesangartigen
Klanges das allwissende, allmächtige, bedingungslos liebende Om taufte.
Die Kommunikation fand sprachlos über eine Lichtkugel statt, während er sich in
eine höhere Welt hineingeboren fühlte, in der alles miteinander verwoben war.
Denken, Lernen, Verständigen geschahen auf der Stelle: Auf eine Frage in der
Stille kam die Antwort sofort „in Form einer Explosion aus Licht, Farbe, Liebe
und Schönheit, die wie eine hohe Welle durch mich hindurchfegte“. In
überwältigender Hingerissenheit erfuhr er, dass das Om auch menschliche Züge
hatte, die Menschen und besonders ihn persönlich verstand sowie die alles
dominierende Liebe über unzählige Universen, die sich zwischen Gutem und Bösem
zu bewähren haben, ausbreite und triumphieren lasse. Schließlich durfte er sein
Selbst als Teil des Göttlichen begreifen und erlangte die Gewissheit, „dass uns
nichts jemals von Gott wegreißen kann“.
Nach einer Woche, für die er in der
Unendlichkeit und Ewigkeit des göttlichen Zentrums kein Zeitgefühl hatte,
erfolgte sein plötzliches, unerklärliches Erwachen aus dem Koma, als seine
Arztkollegen infolge der vergeblichen Mühen um eine Verbesserung seiner
minimalen Hirnfunktionen für ein menschliches Bewusstsein im Begriff waren, die
Antibiotika absetzen. Seine Wiederauferstehung glich einem medizinischen Wunder, dem ein
zweites folgte, da er allmählich vollständig genas und ebenfalls sein profundes
medizinisches Wissen und ärztliches Können zurückkehrten. Im Übrigen handelte
es sich um einen doppelten Präzedenzfall:
Einerseits war er der erste und einzige Patient für dieses Krankheits- und
medizinisches Behandlungsmuster, andererseits erwies sich sein Nahtoderlebnis als einmaliges Ereignis.
Denn alle bisher bekannten Nahtoderfahrungen waren auf gehirnbasierte
Bewusstseinszustände zurückzuführen, während seine spirituelle Reise in
überirdischer, außerkörperlicher Existenz stattfand, weil er in dieser Zeit als
Folge seines lahmgelegten Neokortexes kein vorstellungs- und denkfähiger Mensch
mehr war. Also geschah dies in einem universalen Bewusstsein, das
unabhängig von Körper und Gehirn existiert und an dem er mit seinem
spirituellen Selbst teilhat. Als versierter Gehirnspezialist überprüft Alexander
fortan seine Nahtoderfahrungen nach wissenschaftlichen Kriterien und kommt zum
Ergebnis, dass unser Tod den Übergang in eine höhere, gottnahe Welt
eröffnet und unsere Hoffnung auf die Unsterblichkeit der Seele begründet. In
diesem Sinne sieht und betätigt er sich als moderner Botschafter Gottes: Er setzt sich persönlich in Gesprächen,
Vorträgen, Büchern (vgl. www.ebenalexander.com) für
die weitere Auswertung und Aufklärung von Nahtoderfahrungen ein und hat die gemeinnützige
Wohlfahrtseinrichtung „Eternea“ (vgl. www.Eternea.org)
gegründet, die zur ganzheitlichen Bildung und Erforschung physikalischer
Realität im Rahmen der spirituellen Voraussetzungen sowie interaktiven
Beziehungen zum Wohle der Menschheit und ihrer bestmöglichen Zukunft beitragen
soll.
Passt all das mit unserer grundlegenden neukantianischen
Erkenntnis-Position zusammen und wieweit ist Skepsis angebracht? Alexanders
Aufenthalt im Reich des Jenseitigen und Transzendentalen hatte einen
zeitlichen und räumlichen Anfang und ein entsprechendes Ende durch Verlassen
unserer gegenständlichen Welt und Wiedereintritt in den Existenzmodus unseres
irdischen Lebens, als sein Gehirn bedingtes Bewusstsein durch starke Bakterienaktivität
total lahmgelegt wurde und danach auf wunderbare Weise wieder angeschaltet
wurde. Offenbar fungiert das Gehirn nur als Mittler eines universalen Bewusstseins und erzeugt sowie beendet nicht unser individuelles Bewusstsein. In dieser Abwesenheit als Mensch
im Koma nahmen seine Verwandten und Besucher am Klinikbett denn auch seinen
Körper fast als Leichnam wahr, vermissten jedenfalls völlig sein Ich und seine
Seele. Zu den direkten Übergängen vom gegenständlichen Umfeld in die
transsendentale Sphäre und zurück trifft Alexander keine Aussage; das
geschah wohl schlagartig ohne besondere Erlebnisqualität. Denn bereits im Reich
der Regenwurmperspektive und im Übergangsreich fühlte er sich nicht mehr als
Mensch, sondern als spirituelles Selbst, sein wahres Ich. Er befand sich
plötzlich im Metaphysischen; alles, was er in seiner Umgebung erfährt, jedoch
klar erkennt und hinterher beschreibt wie Fortbewegung, Engel, Musik
einschließlich ansprechbarem und antwortendem Gott oder Om ist nach seiner
Schilderung nicht gegenständlich und unterliegt nicht unseren gewohnten Raum-
und Zeitdimensionen. Damit korrespondieren auch seine großen Schwierigkeiten,
das spirituell Erlebte in menschlicher Sprache wiederzugeben, zumal die ihn
umgebenden und durchdringenden Gebilde als durchsichtige Erscheinungsformen
ineinander greifen und alles wie auf atomarem und energetischem Gebiet bzw.
immaterieller Betrachtungsebene zusammenhängt und auf ein universales Bewusstsein
schließen lässt. Offenbar umgibt und diffundiert die unendlich und ewig
präsente metaphysische Dimension unmittelbar und stetig den dinglichen sowie
körperhaften Existenzzustand und ermöglicht den permanenten und direkten
Sphärenwechsel, wenn die Umstände danach sind. Das stimmt grundsätzlich mit
unserem neukantianischen Denkmodell derWelt als logische Einheitdes Gegenständlichen und Transzendentalen mit göttlicher
Zielvoraussetzung überein. Schließlich konnte Alexander vor seinem
Nahtoderlebnis beim Fallschirmspringen in Formation mit übermenschlicher Kraft
ein tödliches Unglück verhindern und danach ist er zutiefst überzeugt und
„grenzenlos dankbar“, dass Gott ständig bei uns ist. So gesehen erscheint das Ganze
theoretisch durchaus schlüssig.
Auch als Neukantianer, Rationalist und
Skeptiker beeindruckt mich Alexanders ungewöhnliches Nahtoderlebnis
mächtig, ich nehme ihm sein Bemühen um die Wahrhaftigkeit seiner Aussagen voll
ab und mit großem Respekt erkenne ich sein Engagement zur Erforschung der spirituellen
Wahrheit sowie zur ganzheitlichen Aufklärung der Menschheit an. Zwar lassen der
Präzedenzfall-Charakter des Geschehens sowie das medizinische Wunder künftig auch
noch andere Möglichkeiten der Erkenntnis und des Fortschritts zu, aber ich
hoffe und wünsche, dass unser Schicksal, unsere Welt und Zukunft so gnadenvoll
in einer göttlichen Schöpfung und Fügung geborgen sein mögen, wie es Alexander
schildert.
Literaturhinweise
Markolf H. Niemz: Bin ich, wenn ich nicht mehr bin? Ein Physiker
entschlüsselt die Ewigkeit, 2. Aufl. Freiburg/Brsg. 2011 (www.kreuz-verlag.de);
Kontaktaufnahme zu Niemz unter: markolf.niemz@herder.de möglich; Eben Alexander: Blick in die Ewigkeit - Die faszinierende
Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen, 9. Aufl. Tb München 2016 (www.ebenalexander.com); Eben Alexander: Vermessung der Ewigkeit - 7 fundamentale Erkenntnisse
über das Leben nach dem Tod, Tb München 2017 (www.heyne.de);
Holm Tetens: Gott denken - Ein Versuch über rationale Theologie,
Stuttgart 2015 (Relcam UB 19295); Peter Atkins: Über das Sein. Ein Naturwissenschaftler erforscht die
großen Fragen der Existenz, Stuttgart 2013 (Reclam 20273); Mathias Schreiber: Was von uns bleibt - Über die Unsterblichkeit der
Seele, München 2008;
Jutta Kähler/Susanne Nordhofen (Hg.): Geschichten zum Philosophieren, Stuttgart
1994 (Reclam UB 15033); Annemarie Pieper: Selber denken - Anstiftung zum Philosophieren (Reclam
RT 21585);
Thomas Nagel: Was bedeutet das alles? Eine ganz kurze Einführung in die
Philosophie, Stuttgart 2008 (Reclam UB 18630); S. Jordan/C. Nimtz (Hg.): Lexikon Philosophie - Hundert Grundbegriffe
(Reclam HC 10711); Dietrich Pukas: Die Logik in der Welt - Ansätze zur Weiterentwicklung
des Neukantianismus, Frankfurt/M. 1978; Hector Wittwer: Philosophie des Todes (Reclam RT 20325); Manuela di Franco: Die Seele: Begriffe, Bilder und Mythen, Stuttgart
2009 (Reclam UB 18666); Margarete Friebe: Das Sonnenbewusstsein - Der Aufstieg des ICH von Alpha
bis Omega, 2. Aufl. Schaffhausen/Schweiz 1998; Richard David Precht: Wer bin ich und wenn ja, wie viele? Eine
philosophische Reise, München 2007, Tb-Ausgabe 2012 (Goldmann 15528);