Baltikum-Rundreise: Perlen der Ostsee - Erlebnis- und Kulturreise durch Litauen, Lettland, Estland mit Berge+Meer 2017
Anreise und Auftakt in Litauen: Klaipeda und Kurische Nehrung 110 km
Am Nachmittag des 31.07.2017
reisten wir mit Bahn und Taxi zum Ostuferhafen
in Kiel an und checkten auf dem litauischen Fährschiff DFDS SEAWAYS nach
Klaipeda ein, das um 20 Uhr ablegte und in der Kieler Förde auf Fahrt ging. Nach dem Abendessen vom Büffet
betrachteten wir in der Abenddämmerung vom Aussichtsdeck die vorbei ziehenden Orte
und Sehenswürdigkeiten an den Fördeufern. An Steuerbord gewahrten wir auf dem
hohen Ufer Mönkeberg, Heikendorf und Laboe mit Strand und Marine-Ehrenmal, an
Backbord Holtenau mit der Einmündung des Nord-Ostsee-Kanals, Friedrichsort,
Pries, Schilksee mit dem Olympiahafen. Auf dieser flachen Fördeseite hatten wir
im letzten Jahr den Permanenten IVV-Wanderweg absolviert und sahen nun an der
Schmalstelle den grün-weißen Leuchtturm wieder, diesmal nicht vom Deich,
sondern vom Wasser aus. Wir erreichten die offene Ostsee und konnten einen
schönen Sonnenuntergang beobachten. Während der Nacht legten wir den größten
Teil der Ostsee-Fahrstrecke zurück und als wir am Morgen des 01.08.2017 im
Tagesgrauen aus unserem Kabinenfenster, im 6. Stockwerk unter der Kapitänsbrücke
gelegen, blickten, sichteten wir meist kein Land, nur vorbei fahrende Schiffe.
So verbrachten wir die weitere Fahrzeit vorwiegend in den Aufenthaltsräumen bei
Speis und Trank sowie im Salon zur Unterhaltung.
An Deck war es erst wieder interessant, als wir das Kurische Haff ansteuerten und ziemlich nahe an die berühmte Kurische Nehrung heran kamen – jene
bewaldete, hügelige 98 km lange und 400 m bis 3,8 km breite Dünen-Landzunge,
die seit 10 000 Jahren das Haff und die Memel-Mündung von der Ostsee abriegelt.
Auf der gegenüber liegenden Haffseite liegt Klaipeda, die einzige Hafenstadt Litauens und mächtiger
Warenumschlagplatz für das Baltikum, was die Hafenanlagen, die wir passierten,
erahnen ließen. Beim Anlegemanöver konnten wir, ohne es schon zu wissen,
bereits unser Hotel „Ibis styles Klaipeda Aurora“ vor der Silhouette des
größten Hochhauses der Stadt wahrnehmen. Als wir von Bord kamen, empfing uns
gleich die charmante Elena mit dem
„Berge+Meer“-Schild und führte uns zum nahe geparkten modernen, komfortablen
Reisebus, wo uns der zuvorkommende Busfahrer Edmundus das Gepäck abnahm. Da
unser Schiff pünktlich um 16.30 Uhr Ortszeit (1 Std. vor Heimatszeit)
angekommen war, schlug unsere kompetente, auf unser bestes Wohl bedachte
Reiseleiterin für die gesamte Rundfahrt nach der Begrüßung und Vorstellung vor,
bei dem herrlichen Wetter eine Programmänderung vorzunehmen und sofort die
Altstadt Klaipedas zu besichtigen, um die gewonnene Zeit für den Tagesausflug
auf die Kurische Nehrung zu verwenden.
Also fuhren wir gleich in die
Altstadt Klaipedas zur Stadtführung, die wir auf dem
Theaterplatz begannen, wo das Denkmal „Ännchen von Tharaus“ steht und wo gerade
Proben für ein Musik-Festival stattfanden. Die äußerst versierte Elena zeigte
uns die markantesten Gebäude und informierte uns ausführlich über die
Stadtgeschichte. Dann marschierten wir noch über die schöne Uferpromenade an
der Dane/Dange mit einem geankerten Segelschiff. Anschließend machten wir eine
Stadtrundfahrt und scheckten im Hotel ein. Nach dem gemeinsamen Abendessen
unserer 35-köpfigen Reisegruppe schwärmten wir paar- oder grüppchenweise in die
nähere oder weitere Stadtumgebung aus. Als wir zu Bett gegangen waen, lernten wir dann
den Nachteil unseres Hochhaus-Hotels kennen: Wir mussten die Fenster schließen und mit Klimaanlage
schlafen, weil vom nahen Güterverschiebe-Hafenbahnhof fast die ganze Nacht
schrille Rangiergeräusche zu uns herauf drangen, was uns in der folgenden Nacht
noch einmal „blühte“.
Davor genossen wir allerdings am
02.08.2017 einen wunderbaren Ausflugstag auf der Kurischen Nehrung. Zu unserer dem Urlaub angemessenen Startzeit um
9.00 Uhr fuhren wir zur nicht weit entfernten Fähre, die den einzigen Zugang
zum litauischen Teil der Kurischen Nehrung bildet. Denn sie ist etwa zur Hälfte
geteilt und ihr landverbundenes Ende gehört zur russischen Exklave Königsberg/Kaliningrad,
die in den 1990er entstanden ist, als sich Litauen, Lettland und Estland ab
1990 nacheinander die Unabhängkeit von der Sowjetunion und damit die
Selbstständigkeit demonstrativ erstritten, die sie nach der Jahrtausendwende
2000 jeweils mit EU-Beitritten und Einführung des Euro vervollständigten. Wir
durchquerten mit dem Bus vom Fähranleger in Sandkrug/Smiltyne über 48 km das
litauische Gebiet bis zur Hohen Düne, von
der aus wir einmalige Ausblicke über Kiefern-, Fichten- und Eichenwäldern auf
die Parniddener Hauptdüne sowie nach der anderen Seite auf die Stadt Nida
hatten. Danach begaben wir uns in den charmanten Hauptort Nidden/Nida, wo wir als Erstes zum Hafen marschierten und unser
Motorboot zum Ausflug ins Haff bestiegen. Wir fuhren entlang der Nehrungsküste
bis zur Parniddener Düne, die mit
ihrem weißen, vom Wind modellierten Sand von 52 m Höhe steil zum Meer abfällt
und hier die größte Attraktion darstellt. Gegenüber mündet die Memel/Nemunas
ins Haff und bildet die Grenze zur Russischen Föderation, die zur Kehrtwende
unserer interessanten Schiffsfahrt zwang, während der uns der Kapitän viel
Wissenswertes über die Geschichte, Beschaffenheit, Flora und Fauna von Nehrung
und Haff erzählte.
In einem Restaurant des
Hafengebietes verspeisten wir litauische Spezialitäten zu Mittag und
anschließend starteten wir über die Haffpromenade unsere kultur-historische Wanderung durch Nida. Wir durchschritten die
Kuranlagen am Strand, kehrten ins Bernstein-Museum ein, besuchten den ethnographischen
Friedhof mit den berühmten Kurenbrettern (anstelle von Grabsteinen),
betrachteten auf dem Weg zum Fischermuseum und Thomas-Mann-Haus die alten
Kurenhäuser bzw. Fischergehöfte, die traditionell rostbraun sind, Fensterrahmen
weiß, Türen und Giebelbretter blau gestrichen, mit Reet gedeckt. Im Thomas-Mann-(Thomo Manno)-Museum wurden wir durch die installierte Ausstellung über Leben
und Werk des Schriftstellers und Nobelpreisträgers sowie Elenas Erläuterungen
dazu ausführlich aufgeklärt.
Auf der Rückfahrt ewartete
uns noch ein Höhepunkt der Kurischen Nehrung, nämlich eine Wanderung über den Hexenberg am südlichen Ortsrand von
Schwarzort/Juodkrante, der mit 80 originellen Holzskulpturen aus der
litauischen Märchen- und Sagenwelt bestückt ist.
Zum Ausklang der schönen
Tagesfahrt las Elena im Bus die Ballade „Die Frauen von Nidden“ von Agnes Miegel vor,
die ihren Lebensabend übrigens in Bad Nenndorf verbrachte und hier begraben ist, und
spielte uns noch das litauische Volkslied „Ännchen von Tharau“ nebst einem
Film über die Kurische Nehrung ab.
Fortsetzung der Reise nach Kaunas, Trakai und Vilnius 320 km
Am Morgen des 03.08.2017
traten wir die Weiterreise in die 300 km von Klaipeda entfernte litauische
Hauptstadt Vilnius über die Autobahn A 1/E 85 an und machten die erste
„Wasch-Pause“, wie von Elena die Pinkel-Aufenthalte (auf Bornholm
„Porzellan-Besuche“ genannt) umschrieben wurden, an einer romantischen
Autobahnraststätte. Dort befriedigten wir nicht nur unsere drängenden
Bedürfnisse, sondern tranken Kaffee, probierten Backspezialitäten und vertraten
uns vor allem die Füße in der umgebenden blumenreichen Parkanlage mit Teich,
Brücke und Pavillons. Dann setzten wir unsere Busfahrt zum Zwischenziel Kaunas
fort.
Kaunas am Fluss Memel/Nemunas bot Elena als ehemalige Hauptstadt
Litauens (1920-39) viel historischen Erzählstoff. Wir fuhren in die Mitte der
alten Festungsstadt zur Burg am
Zusammenfluss von Nemunas und Neris und erschlossen von da aus die Altstadt.
Über die A. Jaksto gatve und Fußgängerzone Vilniaus gatvé, vorbei an
prachtvollen Gebäuden wie Maironis-Museum (lit. Nationaldichter), Perkunashaus
(Jesuiten-Gymnasium), Trinitatis-Kirche und Priesteseminar gelangten wir zum
zentralen Rathausplatz, der vom
kirchenartigen barocken Rathaus mit 53 m-Turm, doppeltürmiger Jesuiten-Kirche sowie
gotischer Peter-und-Paul-Kathedrale
dominiert wird. Auf dem weiten Rathausplatz herrschte unter Kastanien- und
Ahornbäumen eine piazzaartige Atmosphäre und wir verbrachten die Mittagspause hauptsächlich
in einem der angrenzenden Biergarten-Lokale im Freien bei litauischer Kost.
Danach machten wir uns auf die Weiterfahrt nach Trakai
am Galvé-See. Es handelt sich heute um einen viel besuchten
Ausflugsort mit großer geschichtlicher Vergangenheit im Fürstentum Litauen,
wovon die im See gelegene Wasserburg zeugt, die im Mittelalter als
bollwerkartige Fürstenresidenz ausgebaut wurde. Über eine lange Holzbrücke
wanderten wir dorthin, gelangten durch den Torturm auf den trapezförmigen
Innenhof und erlebten im mittelalterlichen Ambiente des Burginnern die
Vorbereitungen für eine Freilichtaufführung. Auf gleichem Fußweg beendeten wir
die wohlgefällige Stippvisite und fuhren über Nebenstraßen ins 32 km entfernte
Vilnius.
In der litauischen Hauptstadt Vilnius verschafften wir uns zunächst
auf einer Stadtrundfahrt einen Überblick für den abendlichen Streifzug durch
die Innenstadt nach dem Abendessen in unserem Hotel „Europa City Vilnius“, das
dafür eine günstige Lage hatte, uns auf der anderen Seite – abgeschirmt durch
schalldichte Fenster – mit einer Nachtbaustelle an einer Schnellstraße
heimsuchte. Der neue Tag 04.08.2017 in Vilnius bescherte uns eine ausgedehnte
Altstadt-Besichtigung, und zwar nach dem Motto: Von jedem lohnenden
Aussichtspunkt sieht man mindestens drei Kirchtürme.
Wir begannen unsere geführte
Besuchstour auf dem weiträumigen Kathedralen-Platz.
Die Kathedrale Basilika (Arkikatedra bazilika) hat die Form eines griechischen
Tempels mit einem von sechs dorischen Säulen getragenem Portikus. Daneben
befindet sich der frei stehende Glockenturm, der auf einem alten runden
Wehrturm ruht und darauf drei achteckige Geschosse im Renaissance-Stil trägt.
Im Innern der Kirche gibt es barocke Kapellen mit farbigem Marmor, Fresken und
Skulpturen. Gleich hinter dem Kirchenbau erhebt sich der imposante Palast des Großfürsten, dessen
Gebäudeensemble das historische Museum beherbergt und mit Ausstellungen
Einblicke in das Leben am Hof der litauischen Herrscher gewährt.
Von dem beliebten Treffpunkt für
Jung und Alt sowie für unsere Busabfahrt am Nachmittag tauchten wir auf der
Pilles gatvé in die eigentliche Altstadt ein. Was die vielen Kirchen anbelangt,
so spielte die Johannis- oder
Universitätskirche eine besondere Rolle, insofern Elena uns am Ende der Führung
einen Turmaufstieg empfahl, um die Stadt auch von oben anzuschaun. Auf der
gegenüber liegenden Straßenseite gibt es ein „Haus der Revolution“ als ein
Beispiel für die zahlreichen Zeichen des Unabhängigkeitskampfes für Freiheit
und Selbstständigkeit, die uns mehrfach begegneten. Als Nächstes gingen wir
durch die Literty gatvé, wo an einer
Mauer berühmte Literaten und Geistesgrößen, z. B. auch Günter Grass, „verewigt“
sind. Wir passierten die Michaeliskirche und kamen zum einzigartigen Gotischen Viertel, das von der Annen-
und Bernhardiner-Kirche geprägt ist. Weitere Stationen auf unserem
kulturhistorischen Rundgang waren die russisch-orthodoxe Heiliggeistkirche im Rokoko-Stil, die frühbarocke Theresienkirche,
das Tor der Morgenröte als Einlass in die Ausros Varty gatvé der Altstadt sowie
das Basiliuskloster.
Dann folgten die mehr
weltlichen Sehenswürdigkeiten wie das Rathaus
am Marktplatz und vor allem die namhafte Universität mit ihren 12 Innenhöfen, zu der wir durch
Altstadtgassen wie Stikliu gatvé und Gaono gatvé mit Gaststätten, Kneipen und
kleinen Läden gingen. Vom Scargos-Hof blickten wir auf die Universitätskirche,
deren Turm wir mit Treppen und Fahrstuhl zum Abschluss der Führung erklommen,
um Wilnius aus der Rundum-Draufsicht zu betrachten. Nachdem wir uns von oben
satt gesehen hatten, vollzogen wir den Abstieg und sättigten uns in den
Gaststätten unten bei Straßenmusik mit Speis und Trank.
Nach Cesis in Lettland 370 km und weiter über Tartu nach Tallinn in
Estland 365 km
Noch am Nachmittag des 04.08.2017
brachen wir in Vilnius zur Fahrt nach Lettland
auf. Wir überquerten die Neris zur Oststadt mit den Hochhäusern sowie modernen
Bauten und benutzten zunächst die Autobahn A 2/E 272 über Ukmerge nach
Panevezys, wechselten dort auf die Hauptstraße A 10 und ihre Verlängerung A 7/E
67 bis kurz vor Riga. Zwischendurch pausierten wir in einer Raststätte mit Zoo
und Kinderspielplatz. Am Daugava-Stausee „Rigas udenskratuve“ nahmen wir die
Hauptstraße A 5 und Autobahn A 2/E 77, bis wir hinter Sigulda auf die
Landstraße 20 abbogen und bald Cesis, unseren Übernachtungsort mit gleichnamigem
Hotel, erreichten. Die Landschaft unterwegs mit ihren Wäldern, Wiesen, Feldern,
Flüssen und Seen erinnerte wie schon die Strecke Klaipeda – Vilnius in Litauen stark
an unsere norddeutschen Gegebenheiten. Wölfe, Elche sowie vereinzelt
vorkommende Braunbären sichteten wir allerdings nicht. Als Unterschied fiel
vorrangig der relativ schwache Verkehr auf den Landstraßen sowie die spärliche
Besiedlung mit Dörfern und kleinen Städten auf, was der geringen
Bevölkerungsdichte in den drei baltischen Ländern geschuldet ist.
In Cesis erwartete uns in einem alten, vornehmen Haus ein angenehmer,
ruhiger Abend-, Nacht- und Morgenaufenthalt in schöner Umgebung, d. h.
idyllischem Park mit Teich und Fontäne, Schloss, Burg und Freilichtbühne an
einem kleinen See – also eine kontrastreiche Alternative zu unseren bisherigen
Großstadt-Hotels, was wir sowohl abends als auch morgens zu naturnahen, erholsamen
Spaziergängen nutzten.
Allzu geschwind und kurzweilig
verging hier die Zeit bis zur Weiterfahrt nach Estland am Morgen des 05.08.2017. Dazu begaben wir uns auf die
Landstraße 20 und wandten uns in Valmiera auf die Hauptstraße A 3, die uns über
die Grenzorte Valka und Valga in die estnische Universitätsstadt Tartu brachte. Wegen einiger
Regenschauer verkürzten wir den Stadtrundgang auf dem Marktplatz und in der
Fußgängerzone und begnügten uns mit einer Stadtrundfahrt zum
Universitätsgelände, während wir dazwischen Mittagspause machten und dabei nostalgische
Stimmungsmusik aus einem Festzelt hören konnten. Ansonsten setzten wir auf
besseres Wetter in Tallinn und fuhren frühzeitig auf der Hauptstraße 2 und
anschließenden Autobahn 2 dorthin.
Für unser Vorhaben,
bereits gleich nach unserer Ankunft in der estnischen Hauptstadt Tallinn die Oberstadt auf dem Domberg zu besichtigen, hatten wir mit
dem Wetter Glück. Als Erses schauten wir uns dort die malerische Alexander-Nevsky-Kathedrale von außen
und innen an. Dann lenkten wir unsere Rundgangschritte zum Talliner Schloss (Sitz vonParlament + Regierung) und über die Toom-Kooli-Straße zur Domkirche St. Marien und nahmen die
dortigen Altstadthäuser sowie auf der Kiriku Plats, Rutu und Rahukohtu in
Augenschein.
Von der Oberstadt auf
dem Domberg hatten wir bereits an der Stadtmauer Ausblicke auf die Unterstadt Tallinns, deren Besuch für
den nächsten Tag 06.08.2017 vorgesehen war. Zuvor verbrachten wir noch einen
besinnlichen Abend und eine ruhige Nacht in unserem Hotel „Lavendel Spa“ im
Vorort Haabneeme am Golf von Tallinn, zu dem wir schnell über die Küstenstraßen
Pirita tee und Ranna tee gelangten. Morgens fuhren wir dann an den Hafenanlagen
mit den Terminals für Kreuzfahrtschiffe und Fähren nach Skandinavien und insbesondere
Helsinki/Finnland entlang zu unserem Wanderstartpunkt Pärnu mnt Ecke Viru am
Rand der Altstadt. Über die Valli marschierten wir zur Müürivahe längs der
unteren Stadtmauer, durchschritten die Gasse Katariina kälk, bogen in die Vene
und Raekoja ab und befanden uns alsbald auf dem Rathaus-Platz/Raekoja Plats, wo zwischen etlichen Ständen, Buden und
Gastronomie-Zelten reges Markttreiben herrschte.
Wir durchstreiften die Gassen rund um das spätgotische
Rathaus mit seinem relativ weiten Marktplatz: Mündi, Pühavaimu, Rataskaevu,
Dunkri, Niguliste, Rüütli, vor allem Pikk mit den sehenswerten Bauwerken wie Schwarzhäupter-Haus und Ratsapotheke, nicht zuletzt die Nikolai-Kirche mit dem Museum für
Kirchenkunst. Schließlich entschlossen wir uns, im stilvollen Gasthaus „Olde
Hanse“ am Rathausplatz unser Mittagsmahl einzunehmen.
Als es höchste Zeit war, für die
Abreise zum Bus zu laufen, setzte ein heftiger, anhaltender Regenschauer ein,
der uns keinen Spielraum ließ und fast alle „auf den letzten Drücker“ herbei
eilenden Mitreisenden durchnässte. Das Kuriose an dem nassen Endspurt zum Abschied
von Tallinn war, dass die Regenrinnen der Altstadthäuser in keinen Abflusskanal
mündeten, sondern ihre Wasserfracht einfach auf die Bürgersteige und Gassen
ergossen und über unsere Füße strömen ließen. Zur schnelleren Trocknung der
Kleidung und Regenschirme schaltete Edmundus die Busheizung auf Hochtouren und
dann suchten wir schnell das Weite aus der estnischen Hauptstadt.
Weiterreise über Pärnu zur lettischen Hauptstadt Riga 320 km
Auf der Autobahn 4/E 67 verließen
wir an diesem Nachmittag des 06.08.2017 Tallinn und fuhren nach Süden der Sonne
entgegen. Nach 120 km zügiger Fahrt erreichten wir die ehemalige Hansestadt Pärnu, gelegen zwischen den beiden
Flüssen Sauga und Pärnu an der Ostsee-Bucht „Pärnu laht“ mit Jacht- und
Fährhafen. Bereits im 18. Jh. entwickelte sich Pärnu zum Kurort und zur „Sommerfrische“ der deutsch-baltischen Gutsbesitzer
und des Petersburger Hochadels, was es wesentlich dem herrlichen Sandstrand der
Ostsee verdankt. Wir machten eine Stadtrundfahrt durch den Ort, der mit kleinen
Holzhäusern und schlichten Backsteinbauten eine Mischung aus schwedischem Dorf
und russischer Garnisonsstadt darstellt und aus dem das einst von Schweden
errichtete barocke Talliner Tor
sowie die mit Türmen bestückte, verschachtelte Katharinen-Kirche heraus ragen. Entlang der ausgedehnten Kurparkanlagen
nahmen wir den Weg zur Strandpromenade und entledigten uns am Sandstrand bei
Sonne und Wind der letzten Regentropfen auf Kleidung und Schirmen.
Auf der zweiten
Fahrtetappe, die uns bis kurz vor Riga an der Ostsee-Küste entlang führte,
machten wir noch in einer Raststätte an der Grenze zwischen Estland und
Lettland eine Kaffee- und Bedürfnispause. In Bezug auf Riga näherten wir uns dem „Herzen“ oder der größten Stadt des
Baltikums, der Metropole mit modernem Container- und Fährhafen, in deren
Einzugsbebiet 1 Mio. Einwohner leben und arbeiten, an der Mündung der
Daugava/Düna gelegen sowie seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörend. Dort angekommen,
fuhren wir direkt zu unserem komfortablen Hochhaus-Hotel „Ibis Styles Riga“ am
Stadtrand. In diesem gab es – zufriedenstellende Nachtruhe inbegriffen – nicht
nur hervorragendes Essen, sondern der Speisesaal befand sich im obersten 12. Stockwerk
und bot uns fantastische Panorama-Ausblicke auf die Stadt und ihre markanten
Bauwerke.
Diese schauten wir uns am
07.08.2017 aus der Nähe an und begannen unsere Besichtigungstour am Morgen in
der Neustadt mit dem einmaligen Jugenstil-Viertel. Dazu ergingen wir
uns in der Elizabetes iela, Strelnieku iela, Alberta iela, Antonias iela und betrachteten
ausgiebig die prachtvollen Häuser. Danach fuhren wir mit unserem Bus zu einem
günstigen Start- und Endpunkt an der 11. Novembra Krastmala Ecke Kalku iela für
den geführten Altstadt-Besuch.
Zuerst begaben wir uns zum Rathausplatz/Ratslaukums mit dem
Rathaus und dem malerischen Schwarzhäupterhaus
der einstigen Gilde sowie dem Roland
als Zeichen der Hanse. Durch die Fußgängerzone der Kungu iela und Peterbaznicas
iela gingen wir zum Bronze-Denkmal der Bremer
Stadtmusikanten und weiter zur Petrikirche,
deren Backstein-Gotik mit barocken Elementen an die entsprechende norddeutsche
Architektur erinnert und deren 136 m hohen Turm man für einen Rundblick über
die Altstadt besteigen kann. Über die Skärnu iela kamen wir zur Johanneskirche, ebenfalls aus Backstein
errichtet und mit einem für einen Sakralbau ungewöhnlichen Treppengiebel
verziert.
Wir passierten auf dem ehemaligen Gelände des Dominikaner-Klosters
den verwinkelten Johannishof und
kamen zum Eckens Konvent/Konventa seta, spazierten über die Jana iela, R.
Vagnera iela (nach Richard Wagner), zur Meistaru iela am Platz Livu laucums mit den Häusern der
kleinen und großen Gilde, dem
Finanzministerium sowie dem Pulverturm. Hier schwenkten wir in die Torna iela
ein, die wir am Schwedentor wieder
verließen, um auf Jekaba iela und Klostera iela das Parlamentsgebäude sowie die katholische Jacobuskirche zu umrunden
und in der Maza Pils iela das pittoreske Häuserensemble „Drei Brüder“ aufzusuchen. Danach machten wir uns zum zentralen Domplatz auf, bestaunten die
monumentalen Gebäude ringsum wie das Rigaer
Börse Kunstmuseum, das im Stil eines venezianischen Renaissance-Palastes
erbaut wurde. Dann wandten wir uns der größten Kirche des Baltikums zu, dem
Rigaer Dom, einer gewaltigen
Backsteinkirche mit Zügen der Gotik, Renaissace und des Barock, in der wir ein
kurzes Orgelkonzert anhörten, womit wir unsere geführte Stadtbesichtigung
beendeten.
Am Nachmittag erkundeten wir Riga
noch auf eigene Faust, wobei die meisten die Empfehlungen Elenas wahrnahmen. So
suchten wir zunächst die urigen Speiselokale
bzw. Cafés in der Skuno iela auf, die vom Domplatz abzweigt, und stillten
dort Hunger und Durst wie die Einheimischen. Anschließend machten sich zwei
Gruppen in jeweils umgekehrter Reihenfolge und Richtung zur Runde zu den beiden
empfohlenen Hauptzielen auf: zu den stark frequentierten Markthallen am Hauptbahnhof
und zum Radisson Blue Hochaus-Hotel Latvija zwecks Rundumausblick. Zu Letzterem
ging es über Laipu iela und Meistaru iela vorbei an der Giebelseite der Jakobs Barracks mit den vielen
aufgemalten Wappen zunächst zum idyllischen Park Basteja Hill/Bastejkalns, wo man auf dem Grüngürtel umsäumten
„Stadtkanal“ romantische Bootsfahrten unternehmen konnte.
Dann schritten wir am
„Museum of the Occupation of Latvia“ auf die Raina bulvaris, die wir an der
damals eingerüsteten Freiheits-Statue/Freedom Monument zur Brivibas bulvaris
überquerten. Dort leuchtete uns bereits die pitoreske orthodoxe Christ Kathedrale im Esplanade-Park entgegen und dahinter
gewahrten wir unübersehbar unser Ziel: das hohe Radisson Blu Hotel Latvija. Nach dem relativ kurzen Besuch der
Christus-Kathedrale fuhren wir im Hotel zur Skyline Bar im 24. Stock zu einem längeren Aufenthalt hoch, wo wir
bei Kaffee und Cocktail den fantastischen Ausblick auf die nahen und fernen
Prunk- und Zweck-Gebäude von Riga genossen. Über die Türme, Kuppeln und Dächer
der Altstadt hinweg konnten wir bis zur mächtigen pyramidenförmigen
National-Bibliothek sowie zum Palast/Balasta dambis jenseits der Daugava, zur
Pylon bestückten Vansu-Hängebrücke, zum Terminal der Kreuzfahrtschiffe blicken
oder gar am Horizont unser Hochhaushotel erspäen. An diesem herrlichen Ort
trafen wir auch etliche unserer Mitreisenden wieder, die inzwischen von den
Markthallen kamen, wohin wir als Nächstes gehen wollten.
Wir begaben uns durch den
blühenden Park der Esplanade Brivibas bulvaris zum nächsten Park „Vermanes
darzs“ mit Flower market, der von der Merkela iela flankiert wird, über die wir
zum Hauptbahnhof gelangten. Diesen
durchquerten und „unterwanderten“ wir in Richtung Central Market mit den fünf großen Markthallen, einem weiten Freige-lände
sowie anderen Marktgebäuden, wo sich riesige Menschenmassen zwischen den unüberschaubaren
feilgebotenen Waren aller Art drängelten, was nicht allzu viel Charme verbreitete.
Daher zogen wir es vor, in der Zeit bis zur Rückfahrt ins Hotel noch der
anderen Daugava-Seite gegenüber der Altstadt einen Besuch abzustatten.
Also marschierten wir zur 11.
Novembra krastmala, welche zusammen mit der 13. Janvara iela die halbe Altstadt
umrundet, und gingen auf dieser parallel zum breiten Daugava-Fluss bis zur Steinbrücke/Akmen tilts. Dort auf der
Höhe des Rathausplatzes und nicht mehr weit von unserem Bustreff entfernt,
machten wir uns auf den Weg über die Daugava
zur mächtigen National-Bibliothek,
der wir uns schrittweise über die lange, auf 6 Steinpfeilern ruhende Brücke
näherten, während wir mehrmals Rückwärtswenden einlegten, um die Skyline der
Altstadt in verschiedenen Größenordnungen zu betrachten. In der Flussmitte kreuzte
ein Ausflugsschiff unseren Weg und auf der Brücke mit den 6 Fahrspuren nahm die
Polizei gerade einen Blechschaden-Unfall auf, bei dem sich die Kontrahenten
lautstark und wild beschimpften. So gelangten wir nach fast einer halben Stunde
ans jenseitige Ufer.
Auf der Jurmala-Seite hielten wir uns nicht lange auf und betrachteten die
jeweils auf ihre Art bombastischen Bauwerke der National-Bibliothek und des Palastes
dambis vom Brückenkopf und von der Mukusalas iela aus. Den Rückzug traten
wir auf der anderen Brückenseite an – die Pylon-Hängebrücke
„Vansu“ linker Hand und die Altstadt vor uns im Blick. Je näher wir uns dem
Ufer-Boulevard der 11. Novembra
krastmala näherten, desto markanter hoben sich Dom, Jakobi-Kirche und
Schloss aus der Silhouette hervor. Wir machten noch einen Abschiedsbesuch auf
dem schönen Rathausplatz mit dem
roten Schwarzhäupter-Haus und dem weißen Roland. Dort verabschiedete sich
gerade unser „Opernsänger“ aus der Heimat vom lettischen Straßensänger, mit dem
er gekonnt und lustvoll ein Duett zum Besten gegeben hatte, bevor wir uns der
Busfahrt ins Hotel zuwandten. Beim letzten Abendessen in unserem
Panorama-Restaurant erfuhren wir von unseren eifrigsten Reiseerkundern Carmen
und Gerd, dass wir sie diesmal mit unserem Jurmala-Trip übertroffen hatten.
Rückfahrt über den Berg der Kreuze nach Klaipeda zur Einschiffung nach
Kiel 310 km
Unsere Abreise aus Riga
und Lettland erfolgte am Vormittag des 08.08.2017 auf der Autobahn und
anschließenden Hauptstraße A 8/E 77 über Jelgava bis kurz vor Siauliai, wo wir
bereits die Grenze nach Litauen überschritten hatten und auf Landstraßen zum
nahen „Berg der Kreuze“/Kryziu
kalnas fuhren. Es handelt sich dabei um eine traditionelle Stätte nationalen
Gedenkens an die litauischen Opfer bei den Freiheitskämpfen gegen die
russischen sowie sowjetischen Machthaber und Besatzer seit dem 19. Jh. Heute
drängen sich auf dem 9 m hohen Hügel und bereits daneben mehrere Zehntausende
größerer Kreuze, die wiederum mit unzähligen kleineren Kreuzen behangen sind
und vom Willen zur Unabhängigkeit sowie tiefer Religiosität der Litauer/-innen
zeugen.
Vom Info-Center marschierten wir zum einen Kilometer entfernten heiligen
Berg und wieder zurück. Anschließend hatten wir es nicht weit bis zur idyllisch
gelegenen Privatpension, in der wir das heimische Mittagsmahl einnahmen,
während uns Vater und Sohn mit Musik und Gesang unterhielten.
Danach starteten wir die
letzte Etappe über Siauliai zur
Autobahn A 1/E 85, die wir in umgekehrter Richtung nach Kaunas gefahren waren
und die uns nun schnell nach Klaipeda
brachte, sodass wir dort noch Zeit für einen abschließenden Stadtbummel hatten.
Dazu setzte uns Elena zentral am Park vor dem Hochhaus mit Aussichts-Cafe im
12. Stock ab. Nach gebührender Verabschiedung von Elena, unserer charmanten
Reiseführerin durch das Baltikum, fuhren die meisten von uns nach oben und
genossen bei Kaffee und anderen Getränken die Panorama-Sicht auf Klaipeda, Haff, Kurische Nehrung, Ostsee, was
selbst – wie schon in Riga – von der Toilette aus möglich war.
Schließlich traten wir unseren
letzten Stadtrundgang in Klaipedas
Zentrum an. Grüppchenweise verteilten wir uns auf die Innenstadt und suchten
beliebte Plätze oder noch unbekannte Ecken auf. Was sich alle zum Abschied zu
Gemüte führten, waren die Promenade an der Dange mit dem verankerten
Segelschiff sowie der Theaterplatz mit dem Denkmal „Ännchen von Tharaus“.
Als letzten Akt brachte uns
Edmundus zum Fährhafen, während
Elena den Linienbus in ihre Heimatstadt Vilnius bestieg. Wir wurden planmäßig
eingeschifft, legten um 21.00 Uhr Ortszeit ab und verspeisten das opulente
Abendessen vom Büffet, als wir aus dem Haff in die offene Ostsee hinaus fuhren
– an Steuerbord Klaipeda verlassend, an Backbord am Ausläufer der Kurischen
Nehrung vorbei ziehend. An Bord hatten wir nun die Bekannten aus der Reisegrupe
zur Unterhaltung, mit denen wir unsere Erlebnisse, Erfahrungen und Reiseempfehlungen
austauschen konnten, bis wir pünktlich um 16.00 Uhr am 09.08.2017 am Kai des
Ostuferhafens in Kiel anlegten und
alle Reisenden entsprechend ihren Heimfahrt-Möglichkeiten in verschiedene
Richtungen zerstoben. Wir fuhren per Taxi zum Hauptbahnhof, verstauten unser
Gepäck im Schließfach und begaben uns wie so oft zu Karstadt ins
Aussichts-Restaurant. Auf dem Rückweg zum Bahnhof machten wir einen Abstecher
zum nahen Skandinavienkai (für künftige Reisen) und anschließend bestiegen wir
den nach Hannover durchgehenden ICE, den wir mit dem Sparticket gebucht hatten.
Interessenten können den Bericht auch als E-Mail-Anhang bei mir unter dietrichpukas@t-online.de anfordern!
Camino Santiago de Compostela - Mit der AlpinSchuleInnsbruck (ASI) 130 km auf dem Jakobsweg durch Galicien und ans Cap Fisterra (Reisebericht vom September 2015)
Anreise zum Etappenstart in
Sarria/Galizien Am 30. 09.2007 startete ich vom Flughafen Hannover-Langenhagen nach
Santiago de Compostela zu meiner Wanderreise auf dem Jakobsweg mit der Alpin Schule Innsbruck – kurz ASI genannt, die
ich bereits von einigen typischen Bergwander-Urlauben kannte. Ich hatte einen
Flug bei "Air Berlin" gebucht, die das spanische Festland über ihr Drehkreuz
Palma de Mallorca bedient. So flog ich mit einer Boeing 737-800 zunächst nach
Palma und verlangte vom Flugpersonal wegen des verspäteten Abflugs um 1 Stunde
die Sicherstellung meines Anschlussfluges nach Santiago, was in der Hektik und
dem Wirrwarr des mallorkanischen Riesenflughafens nur mit Not und Mühe gelang.
In buchstäblich letzter Minute hetzte ich mit meinem Koffer über die Gangway direkt
in die startklare Maschine, die bereits überfällig war und sofort ablegte.
Flugs wurde ich mit Sekt versorgt und konnte entspannt am Fenster den Flug über
Spanien nach Santiago genießen. Alles Weitere klappte wie am Schnürchen.
Unser Reiseleiter und Wanderführer Matthias erwartete uns,
unübersehbar mit dem ASI-Schild drapiert, in der Ankunftshalle des Airports. Wir
waren noch nicht vollständig und mussten eine Weile auf die Ankömmlinge aus
Süddeutschland warten, die über Madrid anreisten. Insgesamt umfasste unsere
Wandergruppe 14 Teilnehmer aus ganz Deutschland, je die Hälfte Frauen und
Männer in fortgeschrittenem Alter. Unser Wanderführer – der Jüngste in diesem
Kreis – stammte auch aus Deutschland, sein Studium der Geografie und Geologie hatte
ihn nach Innsbruck und zur ASI als Bergwanderführer geführt. Mit einem Kleinbus
fuhren wir von Santiago etwas über 100 km zu unserem Wanderstartort Sarria und
bekamen einen ersten Eindruck von der Landschaft, die wir in der vor uns
liegenden Woche auf dem legendären Jakobsweg zu Fuß erkunden wollten.
Gestauter Minho Gonzar
Wir stiegen in einem Hotel in der Innenstadt von Sarria ab und lernten
uns nach dem Abendessen am üblichen „ASI-Tisch“ in der überschaubaren Gruppe
schnell kennen. Wir pflegten einen lockeren Plauderton und kameradschaftlichen
Umgang, tauschten unsere bisherigen Wandererfahrungen aus – Margrit und Ingo
waren gar schon früher mal auf dem Jakobsweg von den Pyrenäen an mehr und
weniger erfolgreich unterwegs gewesen – und sahen mit gespannten Erwartungen
unserem komfortablen Pilgerabenteuer entgegen. Denn wir mussten uns nicht, alle
Habseligkeiten mitschleppend, um einen der knappen Schlafplätze in den
Pilgerherbergen abstrampeln, sondern konnten uns gelassen, nur mit
Tagesrucksack bestückt und auf den Gepäcktransfer von gebuchtem Hotel zu Hotel
vertrauend, ganz dem vielfältigen Geschehen und Treiben auf diesem „Weg aller
Wege“ widmen und hingeben.
1.
Etappe:
Sarria – Porto Marin 22 km am 01.10.2007 (Aufstieg 250 m, Abstieg
300 m)
Vom Hotel gelangten wir am Morgen schnell auf den „klassischen“ Jakobsweg,
den Camino Frances – Caminos aus allen Himmelsrichtungen (Ingles, Finisterre,
de la Plata, Ruta del Mar de Arosa) führen nämlich nach Santiago de Compostela –,
auf dem wir die letzten 120 km bis zum Ziel, zur Kathedrale im Herzen
Santiagos, zurücklegen wollten. Wir stiegen die Treppe zur Oberstadt empor,
kamen zum Rathaus von Sarria, passierten das Mercedarios Koster, besuchten die
Klosterkirche, wo wir den ersten Camino-Stempel für unsere Wanderhefte
ergatterten, und schauten vom Stadtteil Lugo auf das moderne Sarria hinab. Bald
sahen wir die Häuser des Dorfes Barbadelo und konnten die Kirche (Iglesia mit
Altar Mayor) im Ortsteil San Silvestre bestaunen. Darauf tauchten wir tiefer in
das typische Hinterland zwischen Sarria und Porto Marin ein: Moos überwucherte
Steinmauern, die die Felder und Wiesen begrenzen, dazwischen kleine
Eichenwälder und einzelne Gehöfte aus Stein, die an das Bild einer Kulisse wie
aus dem Mittelalter erinnern.
Rinderweiden bei Barbadelo Galicischer Horreo in Rente
Bei den Höfen und Dörfern wie Rente, Mercado da
Serra, Petruscallo, Morgade, Ferreiros gewahrten wir immer wieder gemauerte
„galicische Horreos“, Maisspeicher verschiedenster Art, meist als Träger von
Kreuz und Phallus-Symbol ausgestattet als Ausdruck für Christentum und
Fruchtbarkeit. Wir durchquerten Hohlwege mit Steinstegen für Regenwasser und
gelangten zum markanten, bunt beschrifteten und bemalten Kilometerstein 100 (so
weit war es noch bis Santiago), wo es üblich ist zu posieren. Schließlich
erreichten wir den Minho-Stausee von Belesar und konnten unser Etappenziel Porto
Marin auf der anderen Seite erspähen. Bald kamen wir in die Stadtmitte mit dem
Rathaus und der Romanik-Kirche San Juan, von wo aus es nicht weit zu unserem
Hotel „Pousada de Porto Marin“ war, sodass wir bis zum Abendessen noch einen
Stadtbummel unternehmen konnten.
Stausee Belesar mit Porto Marin
2.
Etappe:
Porto Marin – Palas de Rei 26 km am 02.10.2007 (Aufstieg
350 m, Abstieg 250 m)
Bei der
Etappen-Fortsetzung im lebhaften Porto Marin zeichnete sich bereits ab, was
sich im weiteren Verlauf als prägender Eindruck verstärken sollte: Hier tummelten sich Menschen aus aller
Welt – Männer und Frauen verschiedenen Alters und unterschiedlichen Aussehens,
sei es Hautfarbe, Gangart und Gebärden, Kleidung, Ausstattung, vor allem
Sprache, aber auch Zielstrebigkeit der Fortbewegung auf das Ziel überwiegend zu
Fuß, vom drängelnden Vorwärtsstürmen und Run auf den begehrten Schlafplatz bis
hin zum mühsamen Humpeln an Krücken. Die meisten trugen eher gelassenen
Müßiggang zur Schau und gaben sich einem verweilenden Aufnehmen der
vielfältigen Eindrücke hin wie wir. Seltener traf man Radfahrer oder gar Reiter
auf Pferden und Maultieren – zwei Fortbewegungsmöglichkeiten, die ebenfalls zum
Erwerb der Original-Pilgerurkunde berechtigen.
Nachdem wir hinter Porto Marin eine
Anhöhe von 300 m erklommen hatten, breitete sich vor uns das hügelige Tiefland Galiziens
aus, dessen höchste Berge wie Penalinas und Careon bis auf 700-800 m Höhe
ansteigen. Die Landschaft veränderte ihr Gesicht, indem die dürren Weiden für
die Rinder, Maisfelder und Eichenwälder zunehmend von ausgedehnten Heideflächen
mit Ginster und Buschwerk sowie Eukalyptuswäldern durchzogen sind. Pittoreske,
aus Stein erbaute Dörfer säumen weiterhin unseren Weg, in ihnen finden sich
meist Wasseradern und Bäche, Quellen des Lebens und einst Voraussetzung für die
Ansiedlungen. Wir wandern durch Toxibo, Gonzar, Lameiros, O Rosario mit ihren
Kapellen, Kirchlein, Statuen, Denkmälern und erreichten die Kirche Parroquia de
S. Tirso sowie das Pilgerdenkmal in Palas de Rei, unserem Hotel- und
Übernachtungsort.
Höhe 756 m Eglesia Palas de Rei
3. Etappe: Palas de Rei – Melide 15 km am
03.10.2007 (Aufstieg 50 m, Abstieg 100 m)
Von Palas de Rei
marschierten wir am 03.10.2007 auf der historischen Trasse (Traza historica) des
Camino de Santiago durch die Dörfer San Xulian do Camino, Campana, Ponte, Coto,
Leboiredo, Furuelos zu unserem nächsten Etappenziel, dem Städtchen Melide. Dieser
Wegabschnitt war im Vergleich zu den anderen relativ kurz und eben. Er führte
uns über etliche Brücken, nämlich die Flüsse Rio Pambre, Rio Seca, Rio Furuelos
und durch Feuchtgebiete, die wir über Trittsteine querten. Die Landschaft war
von Nadel- und Laub-, besonders Eukalyptuswäldern, Mais- und Kohlfeldern, Vieh-
bzw. Pferdeweiden sowie der ausgedehnten Heidelandschaft Aureia, auf der sich
gar ein Industriegebiet befand, geprägt. Neben den alten Dörfern fanden wir
auch moderne und neue Häuser, zum Teil als Einzelgehöfte in der Landschaft vor.
Besonders erfreute uns die Pilger-Oase „Casa des los Somoza“ in Coto bei
Leboiredo, wo wir mit der erwerbbaren Pilgerausrüstung unseren Schabernack für
Fotos trieben
Pilger-Oase "Casa des los Somoza"
Am Horizont sahen wir, wenn wir einen freien Blick über die Felder und
Viehweiden hatten, die höchsten Erhebungen Penalinas (734 m) und Careon (802
m). So gelangten wir in unsere Zielstadt Melide, wo unseren Ost-West-Camino ein
Nord-Süd-Pilgerweg kreuzt. Bevor wir zu unserem Hotel marschierten, kehrten wir
zum Mittagsmahl in der Pulperia Enzequel ein, einem typischen Pilgerlokal,
dessen Spezialität „Krake“ war, die wir fein zerschnitten mit Stäbchen aus
Schalen in der Mitte der Tische angelten und ähnlich wie beim Fondue in kleinen
Häppchen aßen. Das schmeckte ausgezeichnet und hatte keine Ähnlichkeit mehr mit
den eher unappetitlich aussehenden Riesenkraken, die in Stahlfässern durch das
Lokal in die Küche gefahren wurden. Vorsichtshalber hatten einige von uns etwas
Anderes bestellt, aber der angenehme Duft, zu dem Gewürze beitrugen, verführte
zu Kostproben und zu einer Umorientierung der Essgewohnheiten. Wohl gesättigt
begaben wir uns danach ins Hotel und hatten am Nachmittag noch Zeit, um die
Stadt mit ihrem lebhaften Treiben individuell zu erkunden, bis wir das opulente
Abendessen einnahmen. Wie bei der ASI üblich wird morgens und abends jeweils
vorzüglich im Hotel gespeist, während mittags auf den Wanderungen landestypisch
eingekehrt, gegessen und getrunken wird – in diesem Fall halt eine
Luxus-Pilgerreise.
Penalinas 734 m Careon 802 m Pulperia Enzquel
4. Etappe: Melide – Arzua 15 km am 04.10.2015 (Aufstieg
50 m, Abstieg 100 m)
Da am 04.10.2015 wieder eine kurze, nicht anstrengende Wanderetappe vor
uns lag, widmeten wir uns am Morgen zuerst einer Stadtbesichtigung von Melide
und besuchten das Rathaus sowie die Kirchen Igrexa Parroquial und Igrexa Sta.
Maria. Abschließend bestiegen wir den Hausberg der Stadt und verließen nach
einem Rundblick Melide leicht abwärts zum Dorf Santa Maria.
Auf dem weiteren Weg in
der lieblichen Hügellandschaft mit Feldern, Wiesen und Wäldern passierten wir
die Flüsse Rio Catasol und Rio Boente, in dessen ausgedehntem Tal wir die
Dörfer Boente (mit Pilgerbrunnen), Castaneda und Ribadiso durchstreiften. Immer
wieder begegneten wir den schon bekannten Horreos, hier modernen Maisspeichern ohne
die tradierten Symbole. Auf den Feldern fiel uns
besonders der galicische Kohl auf, eine Spezialität, die mannshoch wächst und
wir später noch kosten
konnten, vom Geschmack etwas an unseren Grünkohl erinnert. Am Ende der
Wanderstrecke durchquerten wir das Städtchen Arzua, wo am Stadtrand unser Hotel
„Suza“ auf uns wartete und wo wir in gemütlicher Runde bei anregenden Getränken
und pikanten Speisen den Rest des Tages verbrachten.
5. Etappe: Arzua – Pedrouzo 19 km am 05.10.2015
(Aufstieg 50, Abstieg 150 m)
Am nebligen Morgen
starteten wir zur vorletzten Etappe, die uns durch ein flaches und weites Land
führt, das fruchtbar und daher von vielen Feldern, wie wir sie schon kennen,
bedeckt ist. Dazwischen wechseln sich Eukalyptuswälder und kleine Dörfer mit
Gärten ab. Wir kamen zur Alm Ansa im Wald und durchschritten die Dörfer
Pregontono unter einem Horreo hindurch und Peroxa über den Rio Ladron hinweg. Ferner passierten wir Dörfchen wie Taberna Vella, A
Calzada mit Palmengarten, Rabina mit einer Wind getriebenen Wasserpumpe,
Cerceda und schließlich Santa Irene, wo wir in dem Speiselokal Cleadoiro einkehrten, bevor wir den letzten
Wegabschnitt unter die Schuhsohlen nahmen und dem Städtchen Pedrouzo entgegen
strebten. Eine Besonderheit dieser Etappe war, dass wir unterwegs mehrmals
Graffiti begegneten.
Rabina
Ansonsten ist noch das Abendessen in unserem Hotel und Restaurant „O
Pino“ in Pedrouzo hervorzuheben. Uns wurde nämlich eine Menükarte vorgelegt,
nach der wir zwischen Suppeneintopf nach galizischer Art, Gemüseplatte,
Russischer (Gemüse-)Salat, Reis nach Matrosenart oder galizische Pastete als
Vorspeisen, Kalbsbraten, Kalbszungenragout, Eintopf mit Fleisch, Kichererbsen
und Kartoffeln, Schwertfisch vom Rost oder Forelle mit Schinken als
Hauptspeisen sowie Eiscreme, Schokoladenkuchen, Jakobskuchen oder Obstsalat als
Nachtisch wählen konnten. Und das alles in bester deutscher Sprache, obwohl
damals in dieser ärmlichen, touristisch noch unterentwickelten Gegend das
Hotelpersonal eher nur unzureichend englisch sprach. Zu dem leckeren Essen
sprachen wir gerne den edlen Weinen und anderen süffigen Getränken zu,
verbrachten eine angenehme Nacht und waren voller Erwartung auf die schönste
Wanderetappe am nächsten Tag.
Unser Wanderführer
steigerte noch die Spannung, indem er uns riet zu überlegen, aus welchen persönlichen
Gründen wir auf dem Jakobsweg pilgerten, um am Ende darüber Auskunft zu geben
und die Original-Jakobsweg-Urkunde – die „Compostela“ – zu empfangen. Zum
Nachweis der mindestens zu Fuß am Stück zurückgelegten 100 km führten wir alle
einen offiziellen Pilgerpass „Credencial del Penegrino“ mit uns (ich hatte
meinen bei der St. Jakobus Bruderschaft in Trier besorgt), in den wir uns
unterwegs von Kirchengemeinden, Pfarrbüros, Gemeindeämtern, Hotels,
Gaststätten, Bars o. a. Einrichtungen Stempel (Abdrücke) eintragen ließen (bei
mir waren es 37). Für mich ist es das wertvollste Wanderstempelheft, das ich
neben vielen anderen besitze
6. Etappe: Pedrouzo – Santiago de Compostela
23 km am 06.10.2007 (Aufstieg 100 m, Abstieg 150 m)
Bei guter Laune und in
bester Stimmung brachen wir zu unserer letzten Wanderetappe auf, die mit 23 km Länge
bei mäßigen Auf- und Abstiegen zu einer unserer längsten zählte und uns den
Höhepunkt unserer Reise, das Ziel aller Pilger auf unserem Weg, die „Granit-Stadt“
Santiago de Compostela mit der berühmten Kathedrale und Grabstätte sowie Statue
des Heiligen Jacobus bescheren sollte. Nachdem wir als Erstes die leicht
vernebelten Wiesen und Felder von Pedrouzo durchwandert hatten, empfingen uns
überwiegend Eukalyptuswälder und Heideflächen mit blühendem Ginster. Im Dorf
Amonal gab es für den Camino eine eigene Straßenunterführung mittels Tunnel; zu
unserer Morgenstunde fand hier allerdings kein reger Pilgerstrom statt, wie wir
ihn in Santiago erleben sollten. Noch liefen wir unermüdlich durch die hügelige
Wald- und Heidelandschaft, bis wir endlich den Grenzstein erreichten, der das
Stadtgebiet von Santiago markiert.
Von hier aus waren es noch etwa 10 km bis zur eigentlichen
Stadtbebauung von Santiago und es erwarteten uns noch einige Besonderheiten und
Abwechslungen auf diesem Streckenabschnitt. Zunächst passierten wir die
Einflugschneise des Flughafens von Santiago, dann kehrten wir zu einer
Kaffee-Pause ins Casa Porta bei San Paio ein. Danach kamen wir ins Dorf
Lavacolla mit Mais- und Kohlfeldern am Rande der Neubauten, der
Wallfahrtskirche Ermita San Roque in der Ortsmitte, einer Waschstelle für
Pilger im Rio Lavacolla und machten den Abgang durch das alte Dorf, in dem wir
auf symbolträchtige Horreos stießen. Ein Stückchen weiter befanden wir uns in
Villamaior, einer modernen Villenbesiedlung, die in der offenen Landschaft die
Nähe der Großstadt ahnen ließ. Dies galt auch für die darauf folgenden im Wald
liegenden Industriebetriebe einschließlich „TV Galicien“.
Lavacolla
Wir marschierten munter weiter zum Dorf San Marcos, bei dem wir an der
Kapelle des Heiligen Marcus abzweigten zum 386 m hohen Monte de Gozo, dem „Berg
der Freude“, der ein mächtiges Denkmal aus Bronze und Stein mit einem krönenden
Kreuz trägt, das 1989 zum Besuch von Papst Johannes XXIII. errichtet wurde.
Nachdem wir die in den Steinsockel eingelassenen Bronzetafeln betrachtet und
gelesen hatten, ließen wir uns auf einer versteppten Hangwiese am Fuße des
Denkmals zu einem Picknick nieder, das heute die Mittagseinkehr in ein
heimisches Lokal ersetzte. Dafür hatte unser Reiseleiter und Wanderführer
Matthias mit uns in Pedrouzo diverse Köstlichkeiten an Speisen und Getränken
eingekauft, die wir alle, auf die vielen Rucksäcke verteilt, hergeschleppt und
somit eine echte Pilgermühe auf uns genommen hatten. Uns mundete nicht nur das
leckere Essen und Trinken, wir
erfreuten uns dabei mit einem ersten Ausblick auf das vor dem Horizont in der
Ferne liegende Santiago. So hatten wir es nicht eilig, die herrliche Stätte zu
verlassen.
Auf dem Monte Gozo: Papstdenkmal Picknick
Nach dem üppigen Mal
schlenderten wir direkt von unserem Rastplatz den Berg hinunter zu dem unten
befindlichen neuzeitlichen großen Pilgercamp, um dort den Stempel für unsere
Pässe abzuholen. Anschließend durchwanderten wir den Vorort San Lorenzo und
gelangten an das moderne Tor von Santiago – eine kunstvoll gestaltete Säule mit
Tafeln von in Bronze gegossenen berühmten Persönlichkeiten.
Modernes Pilgercamp am Monte de Gozo Neuzeitliches Tor von Santiago de Compostela
Danach durchquerten wir den Stadtteil San Pedro mit modernen Häusern
und Geschäften, vorbei an der Iglesia San Lazaro und Palmenanpflanzungen. An
der Porta do Camino betraten wir die Altstadt und gingen auf ziemlich direktem
Weg zur Kathedrale: über die Rua das Casas Reais, den Praza da Immaculada, am
Convento des San Martin Pinario entlang, damit wir durch einen Nebeneingang an
der Nordseite, den Massenandrang durch die Hauptportale umgehend, mit relativ
kurzem Warten und Schlangestehen ans Ziel kamen.
Hauptportal der Kathedrale Pilgereingang
Das
heißt, in der Krypta den reich verzierten metallenen Sarkophag des Heiligen
Jakobus zu betrachten und im Dom dem Brauch der Pilger zu folgen, nämlich der
Apostel-Statue aus Gold und Silber von hinten die Hände auf die Schultern zu legen,
auf dass Jakobus unsere Lasten übernehmen möge. Nach dieser Zeremonie eilten
wir durch das überfüllte Südportal der Kathedrale auf den Praza das Praterias,
an dem sich das Pilgerbüro befindet, wo es die Urkunden gibt. Hier
herrschte auch großer Andrang und wir mussten uns in die Wartereihen einordnen.
Dafür beschränkte sich die Befragung – unter Vorlage des Pilgerpasses – auf das
Notwendigste zum absolvierten Weg der Pilgerwanderung, sodass wir die
„Compostela“, jeweils mit unseren lateinischen Vornamen versehen, problemlos
entgegen nehmen konnten.
Südportal der Kathedrale Domkapitel - Pferdebrunnen
Anschließend machten wir noch Fotos vom Südportal der Kathedrale und
vom nebenan liegenden Domkapitel (Casa del Cabildo) mit Pferdebrunnen, bevor
wir unser für einen Fußmarsch günstiges Hotel Hisperia Peregrino am Rande der
Altstadt aufsuchten. Nach dem Abendessen schwärmten wir in Kleingruppen aus, um
das quirlige Nachtleben Santiagos zu genießen, das nicht nur von den vielen
meist älteren Pilger(inne)n bestimmt, sondern von vielen jungen Leuten der
Universitätsstadt geprägt war.
Stadtführung
mit Carla und individuelle Besichtigung von Santiago am 07.10.2007
Unser Motto dieses Tages
zum Kennenlernen und Erleben von Santiago de Compostela lautete: am Vormittag
Kultur und Geschichte – am Nachmittag Vergnügen nach je eigenem Gusto. Für den
informativen Part hatte Matthias die versierte deutschstämmige Carla (die
Blonde mit der weißen Jacke in der Mitte) engagiert, die uns die zu ihrer
Heimat gewordene Stadt mit Begeisterung und ausführlich vorstellte. Sie zeigte
uns die alte Universität (Antigua Universidade), und zwar befand sich am Praza
da Universidade die Facultade de Xeografia e Historia. Überhaupt waren
Fakultäten und Seminare auf etliche Gebäude in der Altstadt verteilt, das
Uni-Rektorat Colegio de San Geronimo befand sich neben der Kathedrale in der
Rua de Raxoi, und wir sahen werkstags die Studentinnen und Studenten mit ihren
Kollegmappen, Büchern, Zeichnungsrollen und Schreibutensilien (weniger Laptops)
zuhauf durch die Altstadt eilen, während der Universitätscampus (Campus sur
Universitario) jenseits des Alameda-Parks im Grünen lag. Wir streiften durch
die Rua do Franco zur Südseite der Kathedrale und weiter zum nördlich davon gelegenen großen
Praza del Obradoiro, den der Raxoi-Palast, das Rathaus von Santiago, und das
Gästehaus des katholischen Königs (Hostal de los Reyes Catolicos) umgeben und
der nach der Messe recht gefüllt war, was auf den Andrang zu diesem Ereignis
schließen lässt.
Universität Rua do Franco
Rathaus von Santiago Gästehaus des Königs
Die Heilige Sonntagsmesse am Mittag in der Kathedrale war auch der
Höhepunkt unserer Stadtführung. Lange vor der Eröffnung waren nicht nur die
Sitzreihen, sondern ebenfalls die Gänge in den vier Kirchenschiffen mit
Menschenmassen prall gefüllt. Wir verabredeten daher einen Treffpunkt nach der
Veranstaltung und drängten uns einzeln und grüppchenweise durch die Menge in dem
schummrigen Kirchenbau bis zu den Absperrungen, um den Zelebranten und Akteuren
der Messe, die das berühmte mächtige Weihrauchfass schwingen ließen, möglichst
nahe zu sein und uns der feierlichen Stimmung hinzugeben, was ganz gut gelang;
allerdings erwies sich das Fotografieren in der Massenansammlung als schwierig
oder unmöglich.
Anschließend betrachteten wir
noch Steinreliefs an der Kirchenfassade. Dann begaben wir uns an
die Westseite der Kathedrale auf den Praza da Quintana, von dem aus wir die Gebäude
ringsum in Augenschein nahmen. Zunächst schauten wir uns neben dem Uhrenturm
das Königstor und das Heilige Tor der Kathedrale an. Dann widmeten wir unsere
Aufmerksamkeit dem Kloster Santo Domingo mit dem Casa de la Parra
und der Quintana-Fassade.
Reliefs der Kathedrale Praza da Quintana: Königstor Heiliges Tor
Praza da Quintana
Nach der Verabschiedung von Carla auf dem Praza da
Quintana bevölkerten wir erstmal die dortige Café-Terrasse zur Mittagspause.
Anschließend verteilten wir uns nach den verschiedenen Geschmäckern zur
individuellen Stadterkundung. In der näheren Umgebung wie bei der Eglesia San
Martin Pinario und der Eglesia San Miguel blieb die Gruppe noch etwas zusammen,
aber bis zum Kunstcenter Gallego am Convento de Santo Domingo an der Rua das
Rodas am Altstadtrand hatte es die Geister getrennt und die meisten auseinander
gezogen. Was aber alle am Ende einte, war der Besuch des Alameda-Parks am
anderen Ende der Altstadt, zumal der Fußweg zum Hotel daran vorbei führte.
Fahrt
auf dem Camino Finisterre nach Muros, Carnota, ans Cup Fisterra am 08.10.2007
Für den vorletzten Reisetag stand eine Busfahrt auf dem Camino
Finisterre ans Cup Fisterra (Cabo Finisterre) auf dem Programm. Dieses
fälschlich als westlichster Punkt Europas angenommene Kap am Atlantik galt
früher als das Ende der Welt. Da der Camino Finisterre dorthin weitgehend über
Straßen führt, erledigten wir die Strecke mit dem Bus und wanderten unterwegs
in den schönen und geschichtsträchtigen Küstenorten Muros und Carnota. Das
Städtchen Muros ist an der malerischen Bucht Ria de Muros e Noia gelegen und
von seinem Berghang konnten wir über den Hafen bis zur Landspitze Punta
Carreiro blicken.
Wir fuhren um die
Landzunge herum zur nächsten Bucht Ria de Corcubion, an derem gegenüber
liegenden Ufer und Ende bereits das Städtchen und das Kap Fisterra lagen. Doch
zuvor machten wir in Carnota halt, das für seine Ansammlung schöner großer
Horreos mit prächtigen Kreuz- und Phallus-Symbolen bekannt und berühmt ist, was
wir durch eine ausführliche Besichtigung respektierten.
Auf der
Küstenstraße gelangten wir schnell nach Fisterra, wo wir am Stadtrand zu
unserer Kap-Wanderung starteten. Zuerst marschierten wir durch eine bewachsene
Dünenlandschaft zum Strand von Fisterra am Atlantik, wo im Steppengras und
Strandhafer Pferde weideten. Auf dem Sandstreifen in der weiten, offenen Bucht
Ria de Lires, die an beiden Flanken von Bergen gesäumt wird, lauschten wir dem
Meeresrauschen und erfreuten uns eine Weile lang an den aufbrandenden,
gischtigen Wellen des atlantischen Ozeans. Dann gingen wir auf dem Strandweg zunächst
über einen Holzsteg dem Berg entgegen, hinter dem sich an der Landspitze das
bislang unsichtbare Cabo Finisterre befand. Am Berg des Kaps angekommen,
empfing uns eine ziemlich üppige Vegetation, die hauptsächlich aus Kiefern,
Olivenbäumen, Lorbeer, Ginster und hohem Farnkraut bestand und uns im Anstieg nur
begrenzte Ausblicke auf die Ria de Lires und das Cabo Tourinan an der offenen
Atlantikseite sowie auf die Ria de Corcubion mit der Stadt Fisterra gewährte.
Das
änderte sich, als wir den Scheitelpunkt
der Bergflanke erreichten und der Blick nach vorne immer mehr das Kap Fisterra aus
verschiedenen Perspektiven freigab. So kamen wir zu der Bergesstelle, wo die
Pilger mit Blick auf die Kapspitze bzw. das vermeintliche Ende der Welt ihre
Schuhe zu verbrennen pflegen und wozu wir mit unseren nicht zerschlissenen
Sohlen keinen Anlass sahen. Wir dankten hier oben unserem Wanderführer für die
hervorragende Betreuung und übergaben ihm unsere Anerkennungsspenden.
Anschließend hatten wir noch eine Weile bergab zu den Kap-Gebäuden Leuchtturm,
technische Anlagen, Hotel, Ausflugsrestaurant, alte und neue Gedenksteine und
Schilder zu laufen.
Nachdem wir uns am Kap ausgiebig umgeschaut und die
Inschriften gelesen hatten, begaben wir uns zu unserem Bus auf dem Parkplatz und
fuhren zum Hafen von Fisterra. Dort suchten wir das Restaurant “Marisqueria
O’Centolo Finisterra” auf und wir vertilgten als Abschlussessen der
wunderschönen Wanderreise eine sagenhafte, reichaltige Meeresfrüchteplatte
jeweils für zwei Personen. Bevor wir nach der einmaligen Speisung zufrieden
wieder den Bus bestiegen, verlieh uns Matthias die ASI-Urkungen und Abzeichen,
die er hübsch drapiert auf einem Poller des Hafenkais aufgebaut hatte.
Denkmal am Hafen von Fisterra
Unsere Rückfahrt nach Santiago, wo wir abends ankamen, erfolgte der
Küste abgewandt über Negreira, wo wir den Rio Tambre überschritten und die
uralte Römerbrücke besichtigten. Übrigens sollen die Gebeine des Apostels
Jakobus auf dem Camino Finisterre gefunden worden sein. Für die Erwanderung dieses Pilgerweges kann man eine eigenständige Urkunde erwerben, die in Fisterra verliehen wird.
Römerbrücke über den Rio Tambre
Abschied
und Rundgang am 09.10.2007 in Santiago de Compostela
Während die süddeutschen Teilnehmer unserer Reise- und Wandergruppe,
die wieder über Madrid zurückkehrten, bereits nach dem Frühstück zum Flughafen
gebracht wurden, hatten wir Norddeutschen dazu bis zum Mittag Zeit, um mit Air
Berlin via Palma de Mallorca in die Heimat zu kommen. Den gewonnenen Vormittag
nutzte ich – im Gegensatz zu meinen nicht so gelassenen Mitreisenden – zu einem
zwar kalkulierten, aber geruhsamen, besinnlichen Abschiedsrundgang durch das
wunderbare Santiago. Zum Teil erschloss ich mir noch einpaar weiße Flecken in der
Altstadt wie z. B. die Eglesia del Pilar sowie das Kloster San Francisco de
Valdidios, schaute vom Busbahnhof über die Dächer der neueren Häuser zum Monte
Pedroso oder schlenderte die Rua Dos Loreiros, am Plaza das Penas und die Rua
Costa Vella am Altstadtrand entlang. Andererseits suchte ich ein letztes Mal
die schönen Plätze um die Kathedrale und den Alameda-Park auf. Der Flieger am
Nachmittag gewährte schließlich keinen Rückblick und Überblick mehr, sondern
stob in die andere Richtung, den Camino Frances schnell zurück lassend, davon. Auf
Nimmerwiedersehen?
Dieser Reisebericht mit mehr Bildern kann bei mir per E-Mail unter dietrichpukas@t-online.de angefordert werden.
II.Höhepunkte Japans und die 11. IVV-Olympiade – Wander- und Kulturreise nach Japan 2009 mit PTA-Tours (Reisebericht vom April 2015)
Anreise von Hannover über Zürich nach Japan und Aufenthalt in Tokyo 11.-13.05.2009
Infolge verspäteter Anmeldung konnte ich nicht mit unserer Reisegruppe über Frankfurt/M. anreisen, sondern ich flog am 11.05.2009 von Hannover-Langenhagen mit einem kleinen Avroliner RJ 100 der Swissair nach Zürich und von dort mit einem Airbus A 340-300 weiter nachTokyo. Zum Glück landete meine Maschine am Morgen des 12.05.2009 pünktlich auf dem Flughafen Narita, sodass ich mich nicht alleine zum Hotel im Centrum durchschlagen musste, sondern mich ein Weilchen später unserer Reisegruppe von PTA-Tours zur Busfahrt anschließen konnte. Wir waren über 100 Teilnehmer aus Deutschland, Luxemburg, Belgien, Frankreich und Italien und wurden von Andrea Baumeister und Antje Pfister (PTA-Tours), jeweils unterstützt von japanischen Reiseorganisatoren und Fremdenführerinnen, betreut. Da wir noch am Vormittag in unserem KKR-Hotel in Tokyo-Otemachi ankamen und die Zimmer noch nichtbezugsfertig waren, starteten wir sogleich mit einer japanischen Wanderführerin zu einer mehrstündigen IVV-Wanderung rund um den Kaiserpalast (Imperial Palace), der auf einer Parkinsel in Central Tokyo liegt. Nach der gemeinsamen Führung durften wir nach Lust und Laune noch weiter wandern und auf verschiedenen Wegen zum Hotel zurückkehren.Ich machte das im Kreis von einigen wanderfreudigen Französinnen und Franzosen, wobei wir nach dem Verlassen des riesigen Parkgeländes erstmal gewisse Schwierigkeiten hatten, unser Hotel in der gewaltigen Großstadt zu finden; allerdings traf ich auf dem Weg dorthin mitten in Tokyo einen Wanderfreund aus Hamburg, der mit Österreichern unterwegs war und ebenfalls zur Teilnahme an der Wanderolympiade in Japan weilte. Den Abend verbrachten wir im Hotel, wir bezogen unsere Zimmer im 15. Stock und hatten interessante Ausblicke von oben. Beim Abendessen landete ich zufällig in der Luxemburger Gruppe und stieß dort auf Francois, den ich einst auf einer Irland-Wanderreise kennenlernte und mit dem ich mich an lustige Begebenheiten erinnern konnte.
Am nächsten Morgen stand zunächst eine Stadtrundfahrt mit dem Bus in
Central Tokyo an. Erster Höhepunkt war der Besuch des Tokyo Tower, wo wir von der Besucher-Plattform (Main Oberservatory)
in 150 m Höhe (Turmhöhe 333 m) Rundumblicke auf die durch Hochhäuser geprägte
Stadtsilhouette mit den typischen Dunstschleiern in der Ferne hatten, sodass
wir den berühmten Monte Fuyi von hier aus nicht erspähen konnten. Unterwegs
waren uns uniformierte japanische Schüler/-innen vor einem kapitolartigen
Schulgebäude aufgefallen und auf dem Tower begegneten uns wiederum welche in
der quirligen Masse der Touristen. Das erinnerte uns an den britischen Einfluss
auf Japan, der sich z. B. auch im Linksverkehr und im Aufbau des politischen
Systems zeigt. Anschließend fuhren wir zum Park „Iris Garden“ und marschierten
in den nahen Meiji Park mit dem sehenswerten „Meiji-Schrein", dem verehrten Kaiser Meiji (1853-1912)
gewidmet.
Ginza Center
Als Kontrast zu diesem historischen Ort suchten wir danach das
moderne „Ginza“ Einkaufzentrum auf,
in dem alle großen Firmen der Welt exklusive Läden unterhalten. Wir verspeisten
in einem geräumigen Ginza-Restaurant ein mehrgängiges Menu und bummelten noch
ausgiebig die Ginza-Street zischen den hohen Geschäftshäusern entlang, am
Sonntag wird die Straße für den Verkehr gesperrt und zur Fußgänerzone
umfunktioniert. Darauf fuhren wir mit unserem Bus nach Alt-Tokyo in den
Stadtteil Asakusa, der vom
prächtigen Kannon-Tempel, mit einer
goldenen Statue der Göttin der Barmherzigkeit geweiht, gekrönt wird. Wir stürzten
uns in die bunte Menschenmenge und promenierten über die traditionelle
Asakusa-Einkaufsstraße einschließlich der seitlichen Einkaufhallen. Für den
Abend wurde als Alternative zur Busfahrt ins Hotel ein großes Technik-Kaufhaus
mit den neuesten elektronischen Errungenschaften aufgesucht, während ich auf
eigene Faust, um mich selbstständig in der fremdartigen Metropole mit den
ungewohnten Schriftzeichen zurechtzufinden, vom Hotel aus zu Fuß das Tokyo
Centrum am Hauptbahnhof erkundete und das Abendessen in einem typisch
japanischen Lokal einnahm. Auf diesem Trip gewahrte ich bewusst und angenehm
die disziplinierte, zuvorkommende Lebensart der Japaner und die vorherrschende
Ordnung und Sauberkeit auf Straßen, Plätzen und in Gebäuden.
Traditionelle Asakusa Einkaufsstraße Central Tokyo am Abend
Die 11. IVV-Wanderolympiade in
der Mt. Fuji & Five Lakes Area 14.-17.05.2015
Der Standortwechsel am 14.05.2009 erfolgte per Bustransfer über die
Autobahn von Tokyo zur etwa 150 km entfernten Mt. Fuji Area, dem
Austragungsbereich der 11. IVV-Olympiade am Fuße des berühmten Fujiyama in einer schönen Wald- und
5-Seen-Landschaft. Im Stadtgebiet säumten unterschiedlich gestaltete Hochhäuser
die Autobahn – in Tokyo und 50 km-Umkreis lebt ein Viertel der Japaner – und
außerhalb umgaben uns bewaldete Berge, die kaum besiedelt waren, wie wir an der
Autobahnraststätte feststellen konnten. Unser Hotel Tominoko in Kawaguchiko lag direkt am See und von
meinem Hotelzimmer blickte ich über das Wasser auf den Vulkan Fuji (3776 m
hoch), der auch im Sommer eine Schnee- und Eishaube trägt. Per Shuttlebus
fuhren wir am Nachmittag zur Eröffnung der 11.
IVV-Wanderolympiade im Stellar Theater in Kawaguchiko.
Zum Auftakt nahm ich an der 10 km-Waldwanderung mit Ausblicken auf den
Fuji teil, auf der ich meine Wanderfreunde Tino und Lucie aus Leipzig
kennenlernte. Wie es sich fügte, fanden wir danach in der Stellar-Arena Platz
bei Wanderfreund Albert aus Hamburg und konnten gebannt der feierlichen
Eröffnungszeremonie mit der Begrüßungsrede von IVV-Präsident Josef Gigl
(Bayern), der Entzündung des Olympischen Feuers und den unterhaltsamen
Darbietungen der japanischen Gastgeber beiwohnen. Als Gastgeschenk hatten wir u.
a. eine eindrucksvolle Fotoserie vom Lake Kawaguchiko mit Fuji in allen
Jahreszeiten erhalten. Am 15.05.2009 wählte ich unter den alternativen
Wandermöglichkeiten die 20 km-Strecke um den idyllischen Lake Kawaguchiko, die
ich zusammen mit Harry aus München absolvierte. Am Tag darauf startete ich die
20 km-Wanderung um den Lake Yamanakako
in Kirara mit Marion aus Saarbrücken, die sich angesichts des Marathons vom
Vortag auf die 10 km-Strecke beschränkte. Abends vergnügten wir uns auf einem
stimmungsvollen Brauereifest für die Wanderer mit Trinken, Essen, Musik und
Tanz. Am Vormittag des 17.05.2009 fand die letzte 10 km-Wanderung mit
anschließender Abschluss-Kundgebung auf dem Olympia-Freigelände statt.
Eröffnung der Olympiade im Stellar Theater Außenbereich in Kawaguchiko
Die anschließende nachmittägliche Busfahrt auf den Monte Fuji fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser, insofern
wir uns am Auffahrtende an der Baumgrenze bei Starkregen und Sturm – der Bus
hielt dazu direkt vor dem Eingang – durch kühne Spurts und Sprünge ins
Ausflugslokal retteten, welches wir schon nach kurzer Zeit fluchtartig
verließen, um ein Ersatzprogramm zu bestreiten. Und zwar besuchten wir am Fuße
des Fuji bei leichten Regenschauern und fast Windstille das Museumsdorf „Folk Village – Saiko
Iyashi no sato Nenba“ mit alten Reet gedeckten Bauernhäusern samt Innenleben,
das sich beschaulich in ein Flusstal an einem Waldeshang schmiegte.
Besuch von Himeji (Castle),
Hiroshima, Miyajima und Nara 18.-20.05.2009
Schon früh am Morgen des 18.05.2009 brachten uns die Busse zur
Bahnstation Fuji, von wo aus wir mit dem legendären Schnellzug Shinkansen nach Himeji fuhren. Hier
erlebten wir die hervorragende Organisation unserer japanischen Reisebetreuer,
den blitzschnellen Zugeinstieg und den Weitertransport unserer Koffer per
Lastwagen und genossen den sanft dahin rollenden, geräumigen
Hochgeschwindigkeitszug mit fünf Sitzen in einer Reihe, großer Beinfreiheit und
viel Platz im Mittelgang für Servicewagen und Durchgang. So kamen wir nach
kurzweiliger Fahrt gut gelaunt in Himeji an und brachen bei schönstem Wetter
zur Besichtigung eines legendären UNESCO Welt-Kulturerbes auf: World Cultural
Heritage „Himeji Castle“ (Burg des
weißen Reihers), imposant auf einem Berg inmitten der Millionenstadt thronend.
Wir überquerten den breiten Burgwassergraben in der Grünanlage, erklommen den
Burgberg auf geschlungenen Wegen und bestaunten innerhalb der Ringmauern das
vielgestaltige weiße Gebäude-Ensemble mit den pittoresk geschwungenen und
gestapelten Dächern und Dachvorsprüngen sowie Zierfiguren von außen und innen und
verließen den geschichtsträchtigen, romantischen Schauplatz schließlich nach ausgiebigen
Rundblicken auf die Stadt.
Einer der in kurzer Taktfolge verkehrenden Shinkansen beförderte uns
bald und schnell in die nächste Millionenstadt, nämlich nach Hiroshima, weltberühmt durch den ersten
Atombomben-Abwurf in der Menschheitsgeschichte durch die Amerikaner nach dem Zweiten
Weltkrieg (06.08.1945) mit verheerender Zerstörung und atomarer Verseuchung.
Gegen Abend gelangten wir zu Fuß, da nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt, in
unser Hotel „New Hirodden“, wo wir zweimal übernachteten und die beiden Abende
grüppchenweise verbrachten: auf Abendspaziergängen am Fluss Kyohashi-gawa
-River, in den Fußgängerzonen und Lokalen der Innenstadt. Am 19.05.2009 begaben
wir uns vormittags in den Gedenk- und
Friedenspark, der als eindrucksvolles Mahnmal für den Weltfrieden auf dem
einst bombardierten Trümmergelände errichtet worden ist und von Besuchern rund
um den Erdball frequentiert wird. Zuerst besuchten wir die Atombomben-Ruine des
Domes (Dome of Atomic Bomb), die als Gedenkstätte von Blumenrabatten eingefasst
gegenüber der Friedenspark-Insel zwischen dem Honkawa (Otagawa) River und dem
Motojasu-gawa River liegt. Der Friedenspark besteht aus mehreren modernen
Denkmälern, die sich in eine anspruchsvoll mit Bäumen, Blumen, Hügeln, Wasserelementen
sowie einem dreiteiligen Museumsbau gestaltete Landschaft einfügen. Wir trafen
mehrere japanische Schulklassen, die statt Kränzen bunte Schleifen und Bilder
an den Denkmälern niederlegten und Andachten abhielten. Im Museum konnten wir
uns anhand von Bildern (auch Fotos der Zerstörungen), Schaubildern, Modellen,
Requisiten, Filmsequenzen anschaulich und nachhaltig informieren. Mehr oder
weniger nachdenklich gingen wir anschließend in die Altstadt zu einem
gemeinsamen Mittagessen.
Hiroshima Weltfriedenspark: Atom-Bomben-Ruine des Domes + Denkmal
Am Nachmittag bescherten uns die IVV-Wanderfreunde von Hiroshima eine
der schönsten internationalen Volkssport-Wanderungen, die wir je erlebt haben,
indem sie uns auf die traumhafte Insel Miyajima
entführten, die Hiroshima im Seto-Binnenmeer vorgelagert ist und neben dem
Friedenspark zum zweiten Weltkulturerbe Hiroshimas gehört. In knapp
einstündiger Bootsfahrt setzten wir zur bewaldeten, bergigen Insel über und
begannen in Miyajima-Village die Wanderung, die uns durch die Shopping Arcade
(Einkaufsstraße) an der Pagode Omotesando und dem Schrein Itsukushima vorbei in
den Momijidani Park führte. Hier
stiegen wir auf verschlungenen Pfaden und Brücken über Bachläufen sowie auf
Treppen, flankiert von üppiger Vegetation, Skulpturen, pavillonartigen
Gebäuden, zum Daishoin Temple empor
und kamen schließlich auf einer anderen Strecke des Rundweges zum Itsukushima Shrine (World Heritage
since 1996) zurück, wo wir eine Hochzeitszeremonie beobachten konnten. Zum
feuerroten hufeisenförmigen Schrein gehört das „Große Tor“ (Big Gate) aus
gekreuzten Balken, das vor der Öffnungsseite im Meer steht. Wir hatten genügend
Zeit, um den herrlichen Ort zu genießen und in Einzelgruppen zum Hafen zurückzukehren.
Miyajima: Big Gate + Itsukushima Shrine
Unser Abschiedstag von Hiroshima, der 20.05.2009, sollte uns nach Nara zur „Wiege der japanischen Kultur“
bringen. Dorthin kamen wir mit Bahn und Bus und durchwanderten zunächst den
Nara-Park, der die Tempel des Weltkulturerbes umgibt und wo uns am Eingang
Hirsche empfingen, die zwischen den Touristen einher laufen. Anhand der Karte
der Sehenswürdigkeiten, die wir in Deutsch erhielten, wurde schnell deutlich,
dass wir uns aufgrund der ungeheueren Fülle an Bauwerken nur einen Ausschnitt
bzw. Querschnitt anschauen konnten. So steuerten wir nach Durchschreiten des
gewaltigen Eingangstorhauses zielstrebig den Haupttempel Todai-Ji an, das größte Holzgebäude der Welt von anno
752. Er beherbergt neben anderen den großen Vairo-Cana Buddha. Wir passierten danach u. a. den
Chisoku-in-Tempel, das Oyuya-Badehaus, die Kaizan-do-, Nigatsu-do-,
Hokke-do-(Sangatsu-do-)-Halle, den Glockenturm Shoro, den
Tamukeyama-Hachimangu-Schrein, die fünfstöckige Pagode, im Garten des Kasuga den Kasuga-Taisha- und den Wakamiya-Schrein –
eine exquisite Auswahl an imposanten, sehenswerten Denkmälern des
Weltkulturerbes. Indes war es von hier nicht weit bis zu unserer nächsten
sagenhaften Reisestation.
Nara - Todaiji-Tempel + Sangatsu-Do-Halle
Aufenthalt in der Kaiserstadt
Kyoto und Abflug von Osaka 20.-23.05.2009
Den Abend des erlebnisreichen Tages verbrachten wir nämlich bereits in
der alten Kaiserstadt Kyoto, die uns
zunächst ihr modernes Weltstadt-Gesicht zeigte. Das galt sowohl für unser neues,
großes, um einen gläsernen Pavillon gebautes Luxushotel „NEW Miyako“ als auch
für den gegenüberliegenden Hauptbahnhof mit seinem futuristischen Über- und
Oberbau vor allem aus Stahl und Glas sowie seinem riesigen Unterbau, in dem
sich eine eigene Stadt mit Läden und Lokalen befand und wo sich die meisten von
uns zu einem Bummel und gemütlichen Beisammensein einfanden. Der 21.05.2009 war
einer ganztätigen Stadtbesichtigung Kyotos unter der Regie unserer
unermüdlichen Reiseführerin Yoko, die in Kyoto zu Hause war, gewidmet. Als Erstes
fuhren wir (jeweils mit unseren beiden Reisebussen) zum berühmten Ryoanji Temple, einem großflächigen
Park-, Garten- und Gebäude-Komplex mit See und Inseln, am bergigen und
bewaldeten Stadtrand von Kyoto gelegen. Wir ergingen uns in der prächtigen
Landschaft, bestaunten den Goldenen Pavillon, der sich im blauen Wasser
spiegelte, erfreuten uns an den üppigen Pflanzen zwischen bizarren Bäumen und
den blühenden Seerosen im Teich. Wir erkundeten vielfältige Steingärten (Zen-Gardens)
und betrachteten das Innere einiger Bauten, von den oberen Wegen der Anlage
ergaben sich schöne Ausblicke auf die Stadt.
Bald war Mittagszeit und wir fuhren zum vornehmen „Kyoto Ana Hotel“,
dessen Atrium ein hübscher Schwanenteich mit blühenden Pflanzen zierte und in
dessen Festsaal wir unter einem mächtigen Kristallleuchter fürstlich speisten.
Nach dem Essen vertraten wir uns die Beine, indem wir einpaar hundert Meter zum
UNESCO-World-Heritage „Nijo Castle“ des
Tokugawa Shogunats marschierten, die reich verzierten alten Schlossbauten
inspizierten sowie die umgebenden Seiryuen Garden und Ninomaru Garden mit
Mauern, Steingebilden, Teichen, Bäumen, Sträuchern, Blumen verschiedenster Art
durchschritten.
World Heritage: Nijo Castle + Seiryuen Garden
Als Nächstes ging es zur größten Touristen-Attraktion Kyotos, dem Kiyomizu-Tempelberg am anderen
bewaldeten und bergigen Stadtrand. Dorthin führt vom Busparkplatz die
Kiyomizu-Michi-Street – eine Flanier- und Einkaufsmeile, auf der sich in beiden
Richtungen gewaltige Menschenmassen wälzen und wir dazwischen. Sie endet am
Treppenaufgang zum aufragenden Tor des Kiyomizu-Dera Tempels, wo wir uns für
die gemeinsame Besichtigung versammelten. Neben dem Haupttempel sahen wir noch
den Byodo-in Tempel, Glockenturm, Jishu-Jinja-Shrine mit Shrine-Gate. Dank Yokos
Empfehlung konnten die Wanderfreudigsten das Kiyomizu-Ensemble noch aus der
Schlucht-Perspektive von der gegenüberliegenden Talseite betrachten, während
sich die anderen auf die Aussichtsterrasse des Ausflugslokals
„Otowa-no-Taki-Cascad“ setzten.
Kiyomizu-Tempelberg
Nach Rückkehr zum Bus bot sich Yoko noch für eine Extra-Führung in ihrer Heimatstadt an, und zwar ins Abseits der großen Touristenströme. Davon machten außer mir nur noch 10 Luxemburger/-innen, Franz, Juliette, Lucienne u. a. Gebrauch. Wir gingen unter Luxemburger Fahne zunächst über die Treppen der Okazaki-Dori- und Niomon-Dori-Street, wo uns Japanerinnen in hübschen Gewändern posierten, und kamen in idyllische Ecken der alten Kaiserstadt einschließlich Yasaka-Jinja-Shrein. Über die belebte Ichiriki-Tei-Str. gelangten wir zur Hanami-Koji-Dori-Str. im Altstadt-Viertel „Gion“, sahen im Shira-Wawa-River mitten in der Stadt einen Fischreiher auf Beute lauern. Yoko führte uns die Nawate-Dori-Street entlang, vorbei am Kabuenjo-Theater zur „Gion-Corner“, wo wir eine echte Geisha in voller Montur und Bemalung bestaunen konnten. Schließlich begleitete uns Yoko noch auf einem Fußmarsch über die Karasuma-Dori-Str., in der hereinbrechenden Abenddämmerung den beleuchteten „Kyoto-Tower“passierend, zum gigantischen Hauptbahnhof, in dessen vielgestaltiger Unterwelt wir in einem netten Lokal zum Abendessen einkehrten, bevor ich den Abend mit meinen neuen Luxemburger Wanderfreunden und -freundinnen in unserer nahegelegenen Hotelbar ausklingen ließ.
Unser letzter Tag in Kyoto, der 22.05.2009, stand ganz im Zeichen von zwei ausgedehnten IVV-Wanderungen, die die japanischen IVV-Wanderfreunde aus Kyoto gestalteten. Wir besichtigten zu Beginn den üppigen Ginkakuji-Park mit dem gleichnamigen Tempel, marschierten über die sechsspurige Gojo-Dori-Street, durchstreiften den Maru-Yama-Koen-Park, durchquerten den Chion-in-Temple, passierten das Heian-Gate und gelangten zur roten Säulenhalle des Heian-Shrine, wo die Luxemburger, unsere größte Wanderschar, ihr Gruppenaufnahme tätigten und ich mich ehrenhalber einreihen durfte. Sodann begaben wir uns zur Mittagspause an unser Etappenziel, das West-in Miyako Hotel am Fontänen-See.
Hier starteten wir unsere Nachmittagstour, die uns an anderer Stelle als am Vortag über den Shira-Kawa-Riverund ins Gion-Center leitete. Als Attraktion des Altstadtviertels zeigte uns der japanische Wanderführer, der übrigens jahrelang in Peine gearbeitet hatte und deutsch sprach, ein Wirr-Warr an Elektrizitäts- und Telefon-Leitungen, das fast wie ein großes Spinnennetz, an Hausfassaden und Masten befestigt, über der Straße hing – ein stärkerer Kontrast zum technisch-futuristischen Japan, das uns ebenfalls in Kyoto begegnete, war kaum denkbar. Wir kamen noch zum Kenninji Temple und Yasui-Konpiragu-Shrine, bevor wir auf der Gojo-ohashi-Brücke über den großen Fluss Kamo-Gawa-River, der ganz Kyoto durchzieht, gingen und auf die zentrale Karasuma-dori-Street einschwenkten. Von hier erspähten wir bereits Kyoto-Tower und Kyoto-Station, machten aber noch einen Abstecher am Wegesrand auf den Hof des mächtigen, für eine Renovierung eingerüsteten Higashi-HonganjiTempel. Zum Abschluss unseres Kyoto-Aufenthalts widmeten wir unsschließlich intensiv dem modernsten Hauptbahnhof der Welt: bestaunten die gigantische Stahl-Glas-Konstruktion von Kyoto-Station aus den verschiedensten Perspektiven und versäumten dank Yokos Fürsorge nicht, durch die oberen Einkaufsetagen im Bahnhof auf den Terrassen-Garten in luftiger Höhe hochzufahren und die Rundblicke auf die alte und neue Kaiserstadt, nicht zuletzt unser Hotel „New Miyako“ zu genießen.
An diesen Höhepunkt moderner technischer Baukunst erinnerte uns indes am nächsten Tag, dem 23.05.2009, der Flughafen Osaka Kansei, der ähnlich gestaltet auf einer künstlichen Insel im Meer angelegt ist und den wir über die Autobahn und eine lange Brücke mit dem Bus erreichten, um mit einem Lufthansa-Airbus A340-600 dem „Land der aufgehenden Sonne“ Richtung Frankfurt/Main den Rücken zuzukehren.
Weitere Fotos zum Bericht befinden sich auf der Seite der Bildergalerie Japan.
Anreise nach Keflavik, Blaue Lagune, Hafnarfjördur am 29.08.2015
Die
Bahnfahrt nach Frankfurt traten wir noch mit gemischten Gefühlen und bangem
Herzen an, denn einige Tage vorher war der 2009 m hohe VulkanBardarbunga
ausgebrochen und speite glühende Lava – übrigens Monate danach immer noch,
verbunden mit einem unablässigen Schwefelauswurf. Damals plagten uns die Erinnerungen
von 2010, als sich der Vulkanausbruch des Eiriksjökull
ereignete und mit seinem Ascheregen nicht nur weite Gebiete Islands
bedeckte, sondern mit seinen gewaltigen Aschewolken wochenlang den Flugverkehr
bis nach Europa und Deutschland lahmlegte, was Experten ebenfalls im aktuellen
Fall für möglich hielten.
Auf
dem Frankfurter Flughafen angekommen, atmeten wir erstmal auf, weil der
gebuchte Flug planmäßig stattfand. Nach 3,5-stündigem Flug mit einer Boeing
757-200 der Icelandair kamen wir auf dem Hauptflughafen Keflavik an, wo uns unser isländischer Reiseführer Jon im Regen
empfing. Er sprach Deutsch, denn er war mit einer deutschen Frau verheiratet.
Wegen des Regens konnte er uns trösten, da er uns sogleich im Bus zur Blauen Lagune entführte, einem 38°
warmen, milchig-blauen Naturbadesee, von aufgetürmter Lava umgeben, 40 km südwestlich von Reykjavik auf der Halbinsel
Reykjanes gelegen. Wir tummelten uns ausgiebig im entspannenden Wasser auf
kieselschlammigem und felsigem Untergrund. Dabei hatte ich Gelegenheit, mit Jon
ausführlich über seine Vulkan-Erfahrungen zu reden. Der Eiriksjökull hatte 2010
sein Haus und Grundstück in eine Zentimeter dicke Ascheschicht eingehüllt, was
er vom Bardarbunga nicht erwartete, weil dieser am nordwestlichen Rand des
zentralen großen Hauptgletschers Vatnajökull
die Lava ins eisfreie Gebiet fließen ließ. Jon hatte das Spektakel zwei
Tage zuvor auf einem Hubschrauberflug von oben angeschaut und hoffte, wegen der
weiträumigen Absperrung ringsum uns vom brodelnden Bardarbunga wenigstens eine
Rauchfahne aus der Ferne zeigen zu können. So zerstreute er unsere gehegten
Befürchtungen und Bedenken und schürte gar unsere Erwartung, vom spektakulären
Ereignis möglichst etwas in Augenschein nehmen zu können. Nach dem Badeerlebnis
fuhren wir in die Hafenstadt Hafnarfjördur
am Südrand von Reykjavik, wo wir – unsere 37-köpfige Reisegruppe aus
Deutschland und Anrainerstaaten – unser rotes Hotel bezogen und den Abend
vorwiegend in den umliegenden Gaststätten verbrachten.
Reykjavik
– Pingvellir – Geysir – Gullfoss – Hvolsvöllur (270 km) am 30.08.2014
Als erstes
brachen wir am nächsten Morgen zu einer Stadtrundfahrt durch Reykjavik auf und verschafften uns mit
Jons Erläuterungen einen Überblick für unsere eigenen Hauptstadt-Erkundungen am
vorletzten Reisetag. Danach setzten wir unsere Islandreise ins Landesinnere
fort, verließen jedoch bald die Hauptstraße Nr. 1, auf der wir in fünf Tagen
die Insel umrunden wollten, und fuhren zunächst auf der Landstraße 36 in
östlicher Richtung 35 km in die Berge nach Pingvellir,
dem bedeutendsten Ort Islands, der schon 1928 zum Nationalpark avancierte und
seit 2004 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. In dieser Region fanden nämlich
alle historisch wichtigen Ereignisse statt: vor allem die Ausrufung des
Freistaates 930 und die Gründung der Republik Island 1944. Hier trafen sich
früher die Stammesoberhäupter und ihre freien Bauern, um Gesetze zu beraten,
Urteile zu fällen und politische Entscheidungen zu treffen. Das Gebiet wird von
Islands größtem See, dem 85 km² umfassenden Pingvallavatn, beherrscht.
Unser erster
Aussichtspunkt in den Bergen hing in den Wolken, sodass wir fast nur das
umgebende Lavagestein mit seinem spärlichen Moos- und Flechtenbewuchs
betrachten konnten. Jedoch auf der Höhe am Informationszentrum lichtete sich
der Nebel und wir bekamen trotz des trüben Wetters einen guten Überblick über
die Landschaft mit dem See und den Bergen ringsum. Wir wanderten durch die
„Schlucht aller Männer“ (Almannagjda)
zum Gesetzesfelsen (Lögberg), von dem einst die Gesetze vorgetragenwurden, und bestauntendieFelsrisse, die vom Auseinanderdriften der eurasischen und
amerikanischen Kontinentalplatte verursacht werden. Weiter ging es am
Wasserfall Öxararfoss vorbei in die
„Rabenschlucht“ (Hrafnagja), zwischendurch warfen wir einen Blick hinunter auf den kleinen Ort Pingvellir
mit dem Kirchlein, in dem Jon getraut worden war. Nach 2 km erreichten wir
den Bus auf dem Parkplatz im Öxara-Tal, eine Handvoll unserer Gruppenteilnehmer
fehlte und wir fuhren zum Info-Center zurück, um sie einzusammeln, während Jon
sicherheitshalber die gewanderte Strecke ablief.
Nach einer Kaffee- und Imbisspause,
Souvenirshopping inbegriffen, fuhren wir auf den Landstraßen 365 und 37 über
die Dörfer Laugarvatn, Middalur, Uthilio nach Haukadalur zum Thermalgebiet mit dem Geysir Strokkur, der alle paar Minuten seine Fontäne bis zu 35 m
in den Himmel empor schießt und den wir mitsamt seinem türkisblauen und roten
mineralischen Umfeld auf einer Wanderung zum Berg Laugarfell erkundeten.
Nur
7 km vom Hotel- und Geysir-Center entfernt kamen wir zum Höhepunkt dieser
Tagesreise: einem der schönsten Wasserfälle Islands, dem Gullfoss oder „Goldenen Wasserfall“. Hier stürzt der Gletscherfluss
Hvita in zwei Kaskaden, die im 90°-Winkel zueinander stehen, 31 m tief in
die Schlucht Hvitargljufur. Wir stiegen vom oberen Parkplatz mit Cafeteria,
Laden und Ausstellungshalle über zahlreiche Treppenstufen zum Plateau des
Gullfoss hinab und gaben uns dem faszinierenden Anblick der Wassermassen hin,
die tosend in die Tiefe donnerten, was wir von mehreren Ebenen aus bestaunen
konnten.
Anschließend
fuhren wir über die Landstraßen 35 und 31 am Hvita- und Pjorsa-Fluss in den
Süden Islands hinab, wo wir in der Nähe von Sellfoss auf die Haupt- und
Inselrundstraße Nr. 1 stießen. Dieser folgten wir durch mehrere Dörfer nach Hvolsvöllur zu unserem gleichnamigen
Übernachtungshotel. Hvolsvöllur ist Versorgungsort der Region und liegt etwa 10 km
von der Atlantikküste entfernt; seine 500 Einwohner sind hauptsächlich im
Handel und Dienstleistungsbereich beschäftigt. Für uns war besonders von
Bedeutung, dass hier unser Reiseleiter wohnte und mit seiner Frau und vier
Kindern einen kleinen Bauernhof betrieb. Bis zum opulenten Abendessen, wofür
unser Hotel in der Gegend bekannt war, hatten wir noch genügend Zeit, um uns
von Jon auf ein kleines Volksfest mit Bauernmarkt führen zu lassen, das – welch
glückliche Fügung – gerade stattfand. Wir durften im Zuge der Gastfreundschaft
gratis leckere Suppen und Getränke verkosten und begaben uns noch auf einen
Spazierweg mit einer schönen Bildergalerie im Freien, die herrliche Großfotos mit
isländischen Landschafts- und Naturaufnahmen zeigte (wie etwa die märchenhaften
Süntel-Buchen-Ablichtungen im Kurpark von Bad Nenndorf).
Hvolsvöllur
– Kap Dyrholaey – Skaftafell – Jökulsarlon – Holmur an der Südatlantikküste (350 km)
am 31.08.2014
Dieser Urlaubstag führte uns die isländischen
Naturgewalten in Form von Regen und Sturm vor, die mächtig an unserem Bus
zerrten, aber trotz Sturmwarnung brachte uns der Busfahrer in gemäßigtem Tempo
zielstrebig auf der Hauptstraße 1 an der Südküste voran. Auf dem ersten
Routenabschnitt standen mehrere Wasserfälle,
die mit unterschiedlichen Wassermengen und in mehr oder weniger engen und
tiefen Schluchten auf etwa 60 m Höhe von der Steilküste dem Meer entgegen
sprangen, auf dem Besichtigungsprogramm: Selljalandsfoss, Skogafoss, Skaftafell.
Wir fuhren jeweils dicht heran und beschränkten unsere Erkundungsausflüge auf
kurze Stippvisiten, da wir trotz Regenkleidung jedes Mal ziemlich nass wurden,
Regenschirme konnten jedenfalls nicht eingesetzt werden. Bei dieser Witterung
war es angenehm, die Regenland- schaft aus dem
Busfenster zu betrachten. Wir querten zahlreiche Flüsse, auch große wie Pvera und Krossa mit der Einbuchtung
Markarfljot, von wo aus eine Fährverbindung zur Insel Heimaey bestand. Am
Straßenrand tauchten neben Skogar einige Dörfer sowie flache Sandgebiete, Skogasandur
und Solheimasandur auf.
So erreichten wir die Landspitze Kap Dyrholaey, wo uns bizarre
Felsformationen und schroffe Basaltklippen erwarteten, in denen Tausende von
Seevögeln nisten. Davon sahen wir freilich nichts; wir hatten Mühe, bei dem
Sturm und Seegang überhaupt die Felsen vom schwarzen Strand aus in Augenschein
zu nehmen und uns bis zu einem markanten Felstor vorzukämpfen, und waren froh,
dass wir uns anschließend im Aussichtslokal bei Kaffee, Kuchen oder Imbiss
aufwärmen konnten.
Danach ging es über den Pass des Vorgebirges
„Türhügelinsel“ unterhalb des Gletschers Myrdalsjökull
(1450 m hoch, mit einer 700 m dicken Eisschicht bedeckt), wo 1918 und 2011
der Vulkan Katla ausbrach. Wir
erreichten den südlichsten Ort Islands: Vik
i Myrdal mit 300 Einwohnern, die von Handel und Tourismus leben. Weiter
fuhren wir durch die zum Teil mit Lupinen bewachsenen Lavafelder des Katla im
Flutgebiet Myrdalssandur und kamen in die von unzähligen Flüssen in dichten
Abständen durchzogene Schwemmlandschaft Skeidararsandur – die größten Flussläufe
heißen Skafta, Nuptsvotn und Skeidara. Im angrenzenden Nationalpark Skaftafell am Fuße des größten
Gletschers Europas Vatnajökull sollten
wir laut Reiseplan eine
1,5-stündige
Wanderung zum Wasserfall Svartifoss
unternehmen, was wir jedoch wegen des Regens ausfallen ließen. Auch der
eigentlich krönende Tagesabschluss mit einer Bootsfahrt auf der faszinierenden
Gletscherlagune Jökulsarlon fiel
sozusagen ins Wasser. Das heißt, nach einer kurzen Besichtigung der
schwimmenden Eisberge im Gletschersee folgten wir Jons Vorschlag, das Erlebnis
am nächsten Morgen bei schönem Wetter nachzuholen und uns zu unserem Hotel im Dörfchen
Holmur bei Höfn zu begeben.
Holmur – Jökulsarlon – Höfn – Djupivogur –
Egilsstadir (250 km) am 01.09.2014
Am
frühen Morgen traten wir bei Sonnenschein und blauem Himmel voller Erwartung die
Fahrt zur Gletscherlagune Jökursarlon
an, deren Bekanntschaft wir am Vorabend gemacht hatten. Auf dem 200 m
tiefen Gletschersee, der als zugefrorene Eisfläche einst James Bond als Filmlandschaft
gedient hatte, strahlten uns heute die im türkis schillernden Wasser treibenden
Eisberge verlockend an. Flugs wurden zwei Amphibienfahrzeuge für unsere Gruppe 37
klar gemacht und schon spurteten wir auf der Lagune dem Eisberge kalbenden Breidamerjökull entgegen – vor der
faszinierenden Kulisse aus Schnee und Eis des überragenden Hauptgletschers Vatnajökull. Wir kreuzten zwischen den
bizarren Eisgebilden, durften ihnen jedoch nicht zu nahe kommen, weil sie nur
ihre Spitzen zeigen und ihre massiven Körper unter der Wasseroberfläche schwimmen
und dort Riffe bilden. Die charmante österreichische Tourismus-Managerin gab
uns kleine Stückchen des Jahrtausende alten Eises zum Lutschen, während wir
größere Eisblöcke auf den Arm nehmen durften. Allzu schnell neigte sich die
Bootsfahrt dem Ende zu und wir rumpelten über das steinige Ufer zum Bus.
Auf der Ringstraße 1
steuerten wir an mehreren Dörfern vorbei unser nächstes Etappenziel an: den
Fischerort Höfn, was Hafen bedeutet,
und den hat das 1600 Einwohner umfassende Verwaltungs- und Versorgungszentrum
für die Gemeinden des Südostens auch aufzuweisen. Wir besuchten zunächst den
Aussichtspunkt auf dem Kap und tummelten uns dann grüppchenweise im Ort zur
Kaffeepause, im Museum, Einkaufscenter, Hafen, zwischen den Siedlungshäusern.
Darauf setzten wir die Reise erst auf
der flachen Halbinsel und dann auf der Steilküste Djupavogshreppur an der Bucht Skard-fjödur in den Osten Islands
fort. Wir passierten durch einen Tunnel den Bergrücken zwischen Almannaskard
(1029 m) und Vestrahorn (888 m), kamen an der Landzunge Papatj, den Buchten
Lonsvik und Leon sowie dem Dorf Stafafell vorbei zum Aussichtspunkt Eystrahorn mit Leuchtturm Hvalnes.
Danach umrundeten wir die beiden Ostfjorde
Alftafjördur und Harmarfjördur mit dem Dorf Hamar und gelangten zu unserem
Zwischenziel Djupivogur. Alte Häuser
und ein kleiner Jachthafen prägen das Ortsbild des 400 Jahre alten
Handelsplatzes, dessen 350 Einwohner heute noch vom Fischfang leben. Auf einer
Wanderung von der Landzunge Bulandnes in die Dorfmitte besichtigten wir im
Hafenbereich Gledivik die hübsche Attraktion von Djupivogur: nämlich eine
Küstengalerie von 34 Steinskulpturen, die der Bildhauer SigurdurGudmundsson mit
geschliffenen farbigen Natursteinen den Originaleiern der rund um Djupivogur
heimischen Vögel – um ein Vielfaches vergrößert – nachgestaltet hat.
Nach unserer
Mittagspause im Coop-Haus (Café, Restaurant, Museum) machten wir uns auf den
Weg weiter durch den Osten nach
Egilsstadir,
indem wir die Fjorde Berufjördur, Bredalsvik,
Stödvarfjördur, Faskrudsfjördur mit den zugehörigen Ortschaften, nach denen sie
benannt sind, umfuhren. Vom fahrenden Bus aus betrachteten wir z. B. eine
Fischfarm mit Netzen und Behältern im 22 km langen Berufjördur, den Jachthafen vom Städtchen Berufjördur, die
kontrastierenden kleinen, auf der Anhöhe gelegenen Kirchen von Berunes oder die
Leuchttürme Streitishvarf und Kambanes, die den buchtartigen Fjord Bredalsvik
flankieren.
Im Ort Bredalsvik bogenwir von der Hauptstraße Nr. 1 ab, weil diese im Bereich der Bredalsheidi nichtgut ausgebaut ist, und folgten der Küstenstraße 96 über Stöd zum Faskrudsfjördur, an dessen Ende wirddurch den Studlaheidi-Tunnel nach Reydarfjörduram gleichnamigen Fjord kamen. Hier belebt ein Aluminium-Schmelzwerk, das mit Elektrizitätaus dem mächtigen Wasserkraftwerk Karahn-jukar betrieben wird, die Wirtschaftder Region. Wir wechselten auf die Landstraße 92 und gelangten schnell nach Egilsstadir: mit 2300 Einwohnern dieeinzige Stadt in dieser Gegend, die sich seit ihrer Gründung 1944 zum Dienstleistungszentrumentwickelt hat. Nach einer Kaffeepause und kurzem Stadtspaziergang fuhren wirentlang des Sees Langarfljot (30 kmlang), der mit dem gleichnamigen Fluss dem Meer zustrebt, zu unserem ausgezeichnetenHotel im Wald von Hallormstadur beim Campingplatz Atlavik.
Egilsstadir – Krafla/Gaesafjöll – Namaskard
– Myvatn/Dimmuborgir – Skutustadir – Godafoss – Akureyri (200 km) am 02.09.2014
Unsere Reiseroute ging
zurück auf die Landesstraße 1, mit der wir bei Egilsstadir den Lagarfljot
querten und in den Norden Islands eintraten. Von der flachen Fluss- und Wiesenlandschaft
kamen wir rasch in die Berg- und Heidegegend Jökuldalur und Jökulsdalsheidi.
Zum Auftakt passierten wir den Canyon des Jökulsa
a Dal, der uns nach Skjöldolfsstadir begleitete, wo wir ausstiegen und
durch die Heide zu einem Wasserfall wanderten, der sich neben anderen über den
Hang des Sandfells und dessen Abbruchkante ergoss.
Danach fuhren wir den riesigen Lavagebieten Odadahraun und Myvatnsöraelfi
mit mehreren über 1000 m hohen Bergen entgegen und suchten einen
Aussichtspunkt auf, um über das Tal des Flusses Jökulsa a Fjöllum hinweg eine Rauchwolke des 2009 m hohen Lava
speienden Vulkans Bardarbunga am
Nordrand des Hauptgletschers Vatnajökull zu erspähen. Indes war das ersehnte
Rauchzeichen am wolkigen Horizont jenseits der Berge nur zu erahnen statt
deutlich wahrzunehmen und wir mussten uns mit dieser Illusion zufriedengeben.
Allerdings standen uns als bald noch einige Highlights bevor.
Nachdem wir den
großen Jökulsa a Fjöllum überschritten hatten, bogen wir über die bunte Jörundurheidi zum Erdwärme gespeisten Kraftwerk
Krafla ab, wo 2010 das gigantische
vulkanische „Krafla-Feuer“ ausgebrochen war und das imposante 800 m hoch
gelegene Lavamassiv Gaesafjöll
hinterließ. Dorthin marschierten wir vom Busparkplatz und erkundeten die
irdische Mondlandschaft aus Sand- und Gesteinswüsten, Lavabergen und Lavakratern,
Kraterseen, Erdspalten und spärlichem Moos- und Flechtenbewuchs.
Unser nächstes
Ziel war nicht weit entfernt, nach kurzer Busfahrt landeten wir im farbenprächtigen
Hochtemperaturgebiet Namaskard mit
etlichen dampfenden Schwefelquellen oder Solfataren und brodelnden
Schlammquellen. Bis zu 100 Grad heiß sind die Schlammtöpfe, die hellen Stellen
können leicht einbrechen, weshalb man sich an die Leitlinien bzw. Absperrungen
halten sollte. Das Soltarenfeld liegt am Fuße des Namafjall (482 m), hier wurde über Jahrhunderte Schwefel abgebaut,
den man für die Schießpulver-Herstellung verwendete. Die Schautafeln – auch in
deutscher Sprache –,
die
überall die Sehenswürdigkeiten hervorragend erläutern, klärten uns mit
Schaubildern und Prinzipskizzen ausführlich über die Geologie und Historie auf.
Anschließend
fuhren wir über den Namafjall und hatten am Aussichtspunkt einen herrlichen
Ausblick und Überblick über das Myvatn-Gebiet
rund um den See Myvatn, dem viertgrößten Islands mit Lavagebilden, reicher
Vegetation an den Ufern und vielfältiger Vogelpopulation. Wir passierten das
Lavafeld Hverfell und gelangten ins Tal der Badequellen zum Naturbad Jardbödin vio Myvatn, wo wir
Mittagsrast einlegten mit der Möglichkeit, ein Thermalbad zu nehmen oder die
interessante Thermalgegend zu erwandern.
Durch den farbenfreudigen, mit Dampfwolken
verzierten Thermalbereich Graenavatn
setzten wir unsere Busfahrt fort und erreichten bald das Lavalabyrinth Dimmuborgir, das 1914 entstand und dessen
bis zu 40 m hohen Lavaformationen inzwischen in eine üppige Vegetation
eingebettet sind. Damit wir uns in der fantastischen natürlichen Skulpturenwelt
mit Höhlen und Tunneln nicht verliefen oder bei intensiver Betrachtung die Zeit
vergaßen, übernahm Jon vorsichtshalber die Führung. So konnten wir planmäßig nach Skutustadir weiter fahren und auf einer
kleinen Wanderung über Hügel die sogenannten Pseudokrater am Südufer des
Myvatn-Sees anschauen.
Dann strebten wir
dem Höhepunkt des Tages entgegen, nämlich dem imposanten Wasserfall Godafoss („Götterfall“), der den Fluss
Skjalfandafljot hufeisenförmig mit zwei breiten Kaskaden und einem Felsen in
der Mitte, in die Tiefe stürzen lässt. Dort tummelten sich ziemlich viele
Touristen und es war eine Attraktion, dass die Wagemutigsten auf glitschige,
rund geschliffene Steine im Wasser sprangen, um einen zerklüfteten
Flussnebenarm zu überqueren und dem tosenden Wasserfall ganz nahe zu kommen.
Ich gehörte dazu und hatte auf dem turbulenten Rückweg das Vergnügen, im
Gegenverkehr einer jungen Frau herüber zu helfen und sie mir, indem wir
gleichzeitig auf einen gar nicht großen Steinbrocken sprangen, uns balancierend
einen Augenblick umarmten und aneinander festhielten, und im nächsten Moment
schwungvoll weiter sprangen. Danach sah ich den anderen „Sprungkünstlern“ zu,
die den Schaulustigen ebenfalls nicht den Gefallen taten, ins Wasser zu
stürzen. Vor allem ergötzten wir uns noch eine Weile aus verschienen
Perspektiven an den brausenden Wassermassen des sagenhaften Godafoss.
Von
hier hatten wir – verschiedene Ortschaften passierend – nur noch 50 km auf der Ringstraße
1 bis zu unserem Übernachtungshotel in Svalbardseyri zurückzulegen. Es befand
sich schräg gegenüber von Akureyri am
großen Nordwestfjord Eyjafjördur, an
dem wir bereits 5 km entlang gefahren waren. Zwischen Zimmerbezug und
Abendessen hatten wir noch etwas Zeit, um Spaziergänge auf den Wiesenwegen
unseres Landhotels am Fjord zu unternehmen und den Ereignis reichen Tag
gemütlich ausklingen zu lassen.
Am nächsten Morgen brachen wir erstmal zu einem
Abstecher ins Museumsdorf Laufas auf
und fuhren dazu den Eyjafjördur 15 km abwärts Richtung Meer. Dort
besichtigten wir Torfhäuser von früher, deren Dächer mit Grassoden bedeckt
waren, altes landwirtschaftliches Gerät sowie die kleine Kirche. Anschließend
begaben wir uns auf die Fahrt nach Akureyri,
das wir zunächst vom gegenüberliegenden Fjordufer als Gesamtansicht
betrachteten, bevor wir hinüber fuhren und am Stadtmuseum haltmachten.
Akureyri liegt am Eyjafjördur, und zwar am Fuße
des Sulur (1144 m) und stellt mit 17500 Einwohnern, die von Handel, Lebensmittelproduktion
und Schiffbau leben, als viertgrößte Stadt Islands das kulturelle Zentrum des
Nordens dar. Es beherbergt die zweite Universität des Landes, ein
professionelles Theater, Kunstmuseum, Galerien und strahlt mit vielen alten
Villen und Bäumen einen Charm als „Perle des Nordens“ aus.
Der Busfahrer
setzte uns an der auf einem Hang gelegenen Stadtkirche ab,
ein markantes, nach dem Prinzip der Basaltsäulen gestaltetes Gebäude. Von hier
schwärmten wir grüppchenweise durch die Einkaufs- und Kunststraße Kaupvangsstraeti zur Stadterkundung
aus, besuchten Geschäfte, Buchhandlung mit Café, Galerien und trafen uns
schließlich zur Weiterfahrt am architektonisch interessanten Rundbau des
Kultur- und Konferenzzentrums Hof.
Am
Fluss Hörga fuhren wir auf der Landesstraße Nr. 1 aus der Stadt auf atzdie
Hochebene Öxnadalsheidi mit der Passhöhe
Kinnafjall (1110 m) und am Fluss Nordura zum See bzw. Meeresarm Heradsvötn
hinunter und legten im Pferdezuchtgebiet Skagafjördur
eine Pause ein. Wir machten Mittagsrast in einem Schnellimbissrestaurant in
Varmahlid-Vidimyri, kamen alsbald für kurze Zeit an die Küste in Blonduos am Hunafjördur, passierten Dörfer an der
Meeresbucht Hop, während sich landeinwärts der Höhenzug Vididalsfjall (993 m) erhob. Eine Weile später sahen wir den
Midifjördur (20 m tiefes Kabeljau-Fanggebiet) sowie den Hrutafjördur und
verließen das Meer in Richtung Stadur,
wo wir uns auf einer Raststätte eine Kaffeepause gönnten. Danach befuhren wir
die Hochebene Holtavördurheidi mit
herrlichen Landschaftsausblicken. Am Snjofjöll (808 m) vorbei gelangten wir zum
Grabrokargigum, wo wir eine längere
Höhenwanderung auf den
Kraterrandwegen
mit fantastischen Rundblicken unternahmen.
Wir
befanden uns hier sozusagen auf der Grenzlinie zwischen dem Norden und Westen Islands
und tauchten auf der Weiterfahrt in das Borgarfjördurgebiet
ein, das durch Westfjorde, warme Quellen, Lavahöhlen und größere
landwirtschaftliche Nutzflächen bestimmt ist. Am Straßenrand sahen wir – mitten
auf dem Lande – die Gebäude vom Campus der „Wirtschafts-Hochschule“. Nach 40 km
erreichten wir das Städtchen Borgarnes,
mit 1800 Einwohnern Hauptort der Region mit Handel und Verarbeitung
landwirtschaftlicher Produkte. Bei trübem Wetter steuerten wir lediglich ein Einkaufscenter
mit Tankstelle und Restauration an, um uns für die letzte Etappe unserer
Tagesfahrt zu rüsten. Wir folgten der Landesstraße 1 über den Borgarfördur und fuhren, rechts das
Meer, links der Hafnartjall (844 m hoch), zum Walfjordtunnel. Dieser unterquert den Hvalfjördur, sodass wir am
Kollafjördur entlang schnell nach Reykjavik und über die Stadtautobahn nach Hafnarfjördur kamen, wo wir wieder
unser gleichnamiges Hotel vom ersten Urlaubstag bezogen und abends die
bekannten Lokale aufsuchten.
Reykjavik –
Wandern durch die nördlichste Hauptstadt der Welt am 04.09.2014
Der 7. Tag der Reise stand zur freien Verfügung,
um die isländische Hauptstadt näher kennenzulernen. Dazu machten wir uns gleich
morgens zu zweit oder in kleinen Gruppen auf den Weg. In einer halben Stunde brachte
uns der Linienbus vom Hotel in Hafnarfjördur nach Reykjavik zum Bus-Terminal Hlemmur, wo die Fußgängerzone
und Einkaufsstraße Laugarvegur begann
und wir unsere interessante Stadterkundung starteten. Mit 119000 Einwohnern ist
Reykjavik eine kleine, überschaubare
Metropole mit Sehenswürdigkeiten und Hightechbauten, umgeben von Meer (Kollafjördur)
und Bergen (Esja), in der man sich gut orientieren kann und die sich
hervorragend erwandern lässt.
Es handelt sich
um eine „junge“ Stadt, die 1786 Stadtrechte erhielt, nur wenige Gebäude aus dem
19. Jh. aufweist, deren Aufstieg wesentlich mit dem Ausbau der Fischindustrie
zu Beginn des 20. Jhs. zusammenhängt, deren Aufschwung jedoch nach 1940
maßgeblich von den englischen und amerikanischen Besatzern gefördert wurde,
indem diese die Infrastruktur entwickelten und Arbeitsplätze schufen. Die junge
Stadt verkörpern auch die Menschen, die die zahlreichen Schulen und die
Universität besuchen; auffallend viele Kinder, Jugendliche, Heranwachsende
bevölkern und beleben die Straßen, Plätze, Rasenflächen, Parks, Straßencafés.
Wir bummelten
durch die bunte Laugarvegur mit
ihren Geschäften und Lokalen und kehrten in eine Buchhandlung zum Kaffeetrinken
ein. Danach bogen wir in die bergauf führende Skoladustigur ab, an deren oberem Ende als Wahrzeichen Reykjaviks
die Hallgrimskirkja thront. Die
Kirche wurde nach 40-jähriger Bauzeit 1986 eingeweiht, erhielt 1992 ihre große
Klais-Orgel und bietet für 1200 Menschen Platz, die an den regelmäßigen
Orgelkonzerten in den Sommermonaten teilnehmen.
Der weit
ausladende Turm symbolisiert die formale Anordnung von Basaltsäulen; davor
steht ein Denkmal von Leifur Eiriksson,
dem Entdecker der „neuen Welt“. Nach Besichtigung des Innenraumes fuhren wir
auf die Aussichtsplattform im Turm und schauten ausgiebig in allen
Himmelsrichtungen auf die Stadt und ihre Umgebung.
Als Nächstes
pilgerten wir über Bankastraeti, Laekjargata
(mit zentraler Busstation Laekjartorg),
Austurstraeti zum Hafen. Dabei kamen wir an der Skolast vorbei, wo gerade die
neuen Studentinnen und Studenten mit spielerischen Darstellungen ihre
Immatrikulation feierten, daneben sahen wir auf dem Arnarholl das alte Rathaus,
in dem 1986 das Treffen Reagan – Gorbatschow stattfand. Im Hafen angekommen, hatten wir einen ersten Blick auf die Harpa
(Oper) mit einer Baustelle davor.
Am Kai in der
Nähe lag nur ein großes Schiff der Hurtigruten, in den anderen Hafenbecken
befanden sich kleinere Schiffe und Boote, die u. a. zur Walbeobachtung
ausfuhren. An der Hafenausfahrt in der Ferne sahen wir ein riesiges
Kreuzfahrtschiff auslaufen, das vom Cruiser-Terminal im Videyjarsund kam. Wir
suchten den alten Hafen mit Hafenmuseum und Museumsschiff auf, marschierten am Hafenhaus (Hafnarhus), einem ehemaligen
Lagerhaus und heutiger Ausstellungshalle für die Werke des isländischen
Malers Erro, in die Altstadt.
In einem
Speiselokal im Hafenviertel aßen wir „fish and chips“. Auf der Austurstraeti
begaben wir uns ins touristische Zentrum,
das zwischen Hafen und Stadtsee Tjörnin (The Pond) liegt. Mitten drin befindet
sich der Austurvöllur, der
beliebteste Platz der Stadt, auf dem alle politischen Kundgebungen stattfinden und
der umrahmt wird von einem grauen Basaltgebäude namens Alpingishus, dem isländischen Parlament von 1881 mit
Erweiterungsanbau von 2001, der alten Domkirche Domkirkjan von 1776, dem traditionsreichen Hotel Borg von 1930
sowie Cafés, Geschäften, Banken. Wir beobachteten hier Kids und junge Leute, die
auf Rollerskates kühne Sprünge und Kunststücke über Rampen vollführten.
Über die
Adalstraeti, älteste Straße Reykjaviks, gingen wir zur City Hall, dem Rathaus (Radhusid), das 1992 in eine trocken
gelegte Ecke des Stadtsees Tjörnin
gebaut wurde und das eine frequentierte Empfangs- und Ausstellungsstätte ist. Auf
Augenhöhe mit dem Wasserspiegel kann man dort ein großes Reliefmodell von
Island betrachten, Mosaikbilder zieren Wände, Bilder und Kunstgegenstände
werden in abgeteilten Nischen präsentiert.
Wir promenierten
am Tjörnin entlang, sahen Rathaus und Parlament aus verschiedenen Perspektiven,
gelangten zu Prachtbauten an der Frikirkjuvegur, die in die Laekjargata mündet,
und schlenderten diese zum Kongress- und Konzertzentrum Harpa am Hafen hinunter. Dieser mehrgeschossige Prachtbau von 2011
mit seiner faszinierenden Glasfassade des Künstlers Olafur Eliasson schimmert in verschiedenen Farben, beherbergt
Foyers, Wandeltreppen, Konzertsäle, Geschäfte, Restaurant und Bar. Wir
bummelten ausgiebig in dem großen Gebäude und nahmen seine Vielfalt in
Augenschein.
HARPA Kongress- und Konzert- Zentrum
Gegenüber der Harpa
beginnt die Hafenskyline von
Reykjavik, die wir danach erwanderten. Am Jachthafen vorbei gingen wir auf der
Meerpromenade an der viel befahrenen Hafenstraße Saebraut bis zu den
Hochhäusern an der Klappastigur, aus der wir in die Hverfisgata einbogen.
Auf ihr durchquerten
wir das Diplomatenviertel zwischen
Botschaftsgebäuden, landeten auf dem Anarholl-Hügel,
von dem wir einen letzten Ausblick auf die Harpa hatten und es nicht mehr weit
zur zentralen Busstation Laekjartorg war. Dort stießen wir auf einige
Mitreisende aus unserer Gruppe, die ebenfalls ins Hotel fuhren, denn es war
inzwischen Abend geworden.
Abreise von Hafnarfjördur am 05.09.2014
Bereits früh morgens im
Dunkeln fuhren wir zum internationalen Flughafen Keflavik, der so modern ist, dass man dort an Automaten selbst
eincheckt. Dank einer helfenden Flughafen-Fee meisterten wir auch diese Klippe
und hoben bei Tagesanbruch ab über die Wolken, aus denen uns einige
herausragende Berge wie zum Abschied grüßten.
(Der Reisebericht mit mehr Bildern als Online-Datei kann kostenlos bei mir per E-Mail unter dietrichpukas@t-online.de angefordert werden!)
Von Kayseri in Zentralanatolien durch Kappadokien
Am 15.10.2011 flogen wir mit Sunexpress in einer Boeing von Frankfurt/M. nach Kayseri in Zentralanatolien, wo wir – rund 100 Reiseteilnehmer aus Deutschland und Luxemburg – abends ankamen. Die beiden von PTA-Tours gecharterten Reisebusse brachten uns mit den jeweils türkischen Reiseleitern und Betreuerinnen von PTA-Tours Andrea und Antje in unser Hotel Gomeda, etwa 60 km entfernt auf einer Anhöhe zwischen dem Provinzstädtchen Urgüp und dem Dorf Mustafapasa in der Region Göreme gelegen. In diesem Landhotel mit Balkon-Blick ins Tal übernach-teten wir viermal für unseren Kappadokien-Aufenthalt.
Den Auftakt zu unserer Erkundung des Weltkulturerbes Kappadokien bildete am nächsten Morgen eine wunder-schöne Wanderung durch das rote Tal nach Göreme. Mit dem Bus fuhren wir auf die Passhöhe und wanderten bei Sonnenschein und einem blauen Himmel mit weißen Wolken zwischen den typischen Tuffsteinkegeln abwärts. Das Tal war anfangs eng und abschüssig und für den stellenweise schmalen und steilen, von Felsen eingerahmten Pfad erwiesen sich unsere knöchelhohen Wanderstiefel als das geeigneteSchuhwerk. Auf unserem mitunter steinigen Weg nach unten wurden wir durch herrliche Ausblicke auf die zerklüftete „Mondlandschaft“ in der Ferne belohnt, während uns andererseits die nahen Schluchtenwände mit den offenen Eingängen zu den Höhlenwohnungen der Ureinwohner faszinierten. Wo sich das rote Tal in die Weite öffnete, gelangten wir ins Dorf Göreme und erlebten den Kontrast zwischen heutiger Wohnbebauung und den alten Höhlenwohnungen im aufragenden Tuffsteinfels. Nach dem Mittagessen widmeten wir uns der Besichtigung des berühmten Freilichtmuseums in Göreme. Unser Touristenführer Hassan erläuterte uns ausführlich die Wandmalereien in den Höhlenkirchen der frühen Christen, die auf verschiedenen Ebenen bzw. Etagen in die Tuffstein-formationen gehauen sind. Wegen des Fotografier-Verbotes für die alten Kulturdenkmäler und der herrschenden Dunkelheit mussten wir auf (Blitzlicht-)Aufnahmen verzichten. Zum Abschluss des Tages erlebten wir in einem unterirdisch angelegten Theater eine Aufführung tanzender Derwische.
Der 17.10.2011 begann mit einer Busfahrt nach Ihlara, wo wir als erstes die Ihlara-Schlucht durchwanderten. Wir stiegen etliche Treppen zum Fluss Melendiz Cayi hinab und marschierten zwei Stunden zwischen den 100 m hohen Felswänden am plätschernden Wasser entlang und schauten eine der verborgenen Felsenkirchen an. Da uns die Busse am Ende der Wanderroute auf der Talsohle abholten, stellte die Tour keine hohen Anforderungen an die Kondition und es tummelten sich viele Touristen in dem romantischen Tal.
Im Anschluss besuchten wir die unterirdische Stadt Derinkuyu, die zwischen Ihlara und Urgüp gelegen, acht Stockwerke tief in die Erde gegraben und in den Fels gehauen ist. In den spärlich beleuchteten Gängen, von denen die ausgehöhlten Wohnungen abzweigten und die durch größere Versammlungsräume führten, konnte man nur teilweise aufrecht gehen, streckenweise musste man sich gebückt vorwärts bewegen oder gar durch abschüssige oder aufsteigende Gänge kriechen. Zeitweise blockierte ein Behinderter mit Beinprothese das Vorankommen, sodass sich die meisten damit begnügten, nur die Hälfte der sogenannten Stadt zu besichtigen, zumal die leeren Felshöhlen keine besonderen Anblicke hergaben. Am interessantesten war noch das oberirdische Treiben am Eingang des Kulturerbes im Untergrund.
Als nächstes fuhren wir ins abgele-gene, aber nicht weit entfernte Soganli-Tal mit dem gleichnamigen Dörfchen, in dem einige Einwohner noch in Höhlenwohnungen hausen. Wir waren mit dem Bürgermeister in seinem Gartenlokal zum Mittagessen verabredet. Bei Regen hätten nicht alle im Trockenen sitzen können, die sanitären Verhältnisse erwiesen sich als katastrophal, das Essen war abwechslungsreich und annehmbar, der Wein süffig. So kamen wir gut in den Nachmittag und unternahmen eine Wanderung in das Tal der Kirchen, wo uns nicht zuletzt in den Höhlenwohnungen und Höhlenkirchen eine mittelalterlich anmutende Atmosphäre empfing. Auf schmalem Pfad pilgerten wir am Hang oberhalb des Dorfes zurück.
Am Morgen des 18.10.2011 ging es erstmal in eine Teppichknüpferei in Urgüp. Wir konnten nach einer grundlegenden Information und Übersicht nicht nur den Frauen bei der langwierigen Teppichknüpfarbeit zuschauen, sondern uns wurde auch die Seidengewinnung aus den Raupenkokons vorgeführt. Schließlich präsentierten uns die wendigen Teppichexperten und -verkäufer bei einem anregenden Umtrunk eine mannigfaltige Fülle von kostbaren Teppichen und priesen uns diese eindringlich und gleichfalls aufdringlich an.
Auf der Weiterfahrt kamen wir an den drei Grazien nahe Urgüp vorbei und begaben uns anschließend zum höchsten Tuffsteinkegel, dem 60 m hohen Uchisar, von wo aus sich uns ein atemberaubender Blick über den von der Natur geschaffenen einzigartigen Skulpturenpark (World Heritage) bot. Auf der Höhe am Rande der Schlucht verzehrten wir den mitgebrachten Imbiss und betrach-teten den nach Mondlandschaft anmutenden Talkessel mit den faszinierenden Naturformen und eingebetteten Häusern von Avanos.
Sodann fuhren wir Richtung Gülsehir zu unserer Wanderung durch das Tal der Tauben, wegen der zahlreichen phallusartigen Formationen gleichfalls Liebestal genannt. Unterwegs pflückten und aßen wir wildes Obst, an einer Freilicht-Raststätte unter einem Zeltdach konnte man sich an diversen Getränken laben. Am Talausgang erwartete uns der Bus, der uns zu einem Spaziergang nach Avanos brachte und nach einem Zwischen-stopp am „Kamel“ gelangten wir in die Provinzstadt Urgüb. Hier nahmen wir grüppchenweise jeweils eine kurze Stadtbesichtigung vor oder kehrten in ein Lokal ein.
Nach dem Abendessen im Hotel nahmen die meisten, die es gebucht hatten, an einer für Kappadokien typischen Folkloreveranstaltung teil. Es gab Tanzdarbietungen heimischer Folkloregruppen. Als Höhepunkt wurde eine Bauchtänzerin in einem illuminierten Käfig herabgelassen und nach ihren Tanzeinlagen unter Heranziehung von Wagemutigen aus dem Publikum fuhr sie wieder gen Himmel auf. Der Wein und andere Getränke flossen reichlich, verschie-dene Leckereien standen auf den Tischen bereit, die Stimmung war bestens. Viel Anklang bei den Besuchern fand eine große Polonäse nach draußen, wo um ein Feuer getanzt wurde. Die größte Begeisterung erfuhr schließlich der Publikumstanz bei heißer, wilder Rockmusik; Mitternacht war längst überschritten, als ein nicht tanzwütiger Reisegenosse die eigentlich früher geplante Heimfahrt anmahnte. Rechtzeitig zum Abschied von Kappadokien konnten wir vom Fotografen unser Gruppenfoto entgegennehmen.
Nach Antalya am Mittelmeer zur 12. IVV-Wander-Olympiade
Wir starteten am 19.10.2011 zu unserer zweiten Reiseetappe und fuhren über Ortahisar, Nevsehir, Aksaray, Kappadokien verlassend, zunächst nach Sultanhani, wo wir die alte seldschukische Karawanserei besichtigten. Danach gelangten wir über Obruk in die Universitätsstadt Konya, wo unser Reiseführer Hassan Germanistik und Touristik studiert hatte. So konnte er uns detailliert das dortige Mevlana Kloster, von einer prächtigen Parkanlage umgeben, nahebringen. Das war nämlich einst das religiöse Zentrum der „tanzenden Derwische“.
Hinter Konya im Bezirk Beysehir kehrten wir in eine Raststätte zum Mittagessen ein. Ein typischer Reiseumstand für diese Fahrt zum Akdeniz/Mittelmeer war, dass unsere Autostraße zu der Zeit über weite Strecken vierspurig ausgebaut wurde, was unser zügiges Vorankommen jedoch nicht behinderte, obwohl wir das mächtige Taurus-Gebirge passierten, von dessen Passhöhe wir einen ersten Blick auf das Meer hatten.
In Manavgat erreichten wir die Küstenautobahn, überquerten den Manavgat-River und machten noch einen kurzen Zwischenstopp, bevor wir uns in rasantem Tempo unserem Ziel, dem berühmten Touristen-Badeort Antalya, näherten. Wie Hassan erläuterte, ist Antalya in wenigen Jahren zu einer 2-Millionen-Stadt angewachsen – er muss es wissen, denn er wohnt hier – und verfügt über die geeigneten Veranstaltungsstätten und Wandermöglichkeiten, um nach Japan (im malerischen 5-Seen-Gebiet am Fuyijama) die 12. IVV-Olympiade auszurichten, zu der wir hergekommen waren. Unser Hotel Sealife Resort lag am kilometerlangen Konyaalti-Strand vor der Kulisse der Taurus-Bergkette, der Güllük und Bey Berge. Wir verbrachten hier vier Übernachtungen und hatten alle Hotelleistungen wie z. B. den ganzen Tag über Getränke inklusive, wozu wir mit einem blauen Armband beringt wurden.
Am Morgen des ersten Olympiade-Tages, dem 20.10.2011, trafen wir uns im obersten Stock des Hotels , wo uns Andrea und Antje die Startchips und anderen Olympia-Utensilien wie T-Shirt, Umhänge-Rucksack, Stoffaufnäher, Deutschlandfähnchen, Metallabzeichen, Stadtplan, Veranstaltungspläne, Olympia-Broschüre aushändigten. Anschließend marschierten wir gemeinsam 6 km (überwiegend am Strand entlang) zum Republik Square, dem Startplatz der Olympia-Parade. Hier versammelten sich die Teilnehmer der Nationen zum festlichen Umzug durch die Stadt und wir scharten uns um das DVV-Präsidium mit Kneibert, Jäger, Motz u. a. und stellten die größte Teilnehmergruppe.
Nach kurzer Ansprache zog die farbenprächtige, Fahnen schwenkende Teilnehmerschar durch Straßen und Parks, gesäumt von Spalier stehenden, jubelnden Einwohnern, Besuchern, Jugendlichen und Schulkindern, zum 5 km entfernten Olympischen Dorf im Sabanci Kongress- und Messezentrum. In der dortigen gläsernen Pyramide (glass pyramid) fand dann die Eröffnungszeremonie statt. Auf dem Olympia-Gelände, das sich mit seinen Gebäuden, botanischen Anlagen und architektonischen Elementen an den Atatürk-Kulturpark und den Beach-Park anschließt, waren neben den Start- und Zieleinrichtungen zahlreiche Stände mit kulinarischen Angeboten und Souvenirs sowie Freiluftgaststätten aufgebaut. Am Abend fand hier eine große Willkommensparty statt, an der je nach individuellen Interessen teilgenommen wurde.
Der nächste Olympiade-Tag fing mit einer Panne an, insoweit der bestellte Bus zum Kursunlu-Startplatz ausblieb und wir grüppchenweise mit Taxis zum Olympia-Zentrum fahren mussten. Dadurch geriet der avisierte Teilnahmeplan durcheinander und ich landete schon am 21.10.2011 in Kemer – Badeort und Touristenstadt, idyllisch vor den Bey-Bergen und am Beydaglan Olimpos Milli Parki (Nationalpark) sowie Mittelmeer 50 km von Antalya entfernt gelegen. Ich wählte die 20 km-Wanderstrecke und marschierte durch die Fußgängerzone zusammen mit russischen Wanderern aus dem Ort hinaus Richtung Aslanbucak. Allerdings waren die Osteuropäer zu schnell für mich, sodass sich unsere Wege schon an der Brücke über den arg ausgetrockneten Alakil Cayi (Fluss) trennten. In Kuzdere traf ich kurz darauf eine Engländerin, die mir einen selbst gepflückten Granatapfel und exotische Früchte zu essen gab, die mir nicht sonderlich mundeten, und außerdem ging sie mir zu langsam.
So eilte ich schneller von dannen und holte an einer unmarkierten Abzweigung eine Gruppe von unschlüssigen Franzosen ein. Wir gingen gemeinsam weiter, wobei ich mich mit meinem vernachlässigten Schulfranzösisch nur recht unvollkommen verständigen konnte. Wir stießen bald auf eine polnische Wandergruppe, die diskutierend und den Wanderplan studierend an einer Wegverzweigung im Wald stand. Der Weg nach rechts war mit anderen als den gewohnten Markierungen geradezu bepflastert, der Pfad geradeaus war nicht gekennzeichnet, ihn hielten die Polen jedoch für die Wanderroute. Ich folgte kurz entschlossen dem ausgeschilderten Weg, bis ich auf eine Schafherde traf und der Schäfer mich auf einen Pfeil in die rückwärtige Richtung aufmerksam machte. Also ging ich zurück und gewahrte gerade noch, wie die Polen im Wald einen Berg hoch kraxelten. Ich schloss mich an und tatsächlich fanden wir auf der Höhe die Olympia-Wegeauszeichnung.
Auf die Dauer kamen mir die Mitwanderer nicht schnell genug voran und als uns einige Amerikanerinnen ein- und überholten, lief ich mit diesen mit, zumal die Unterhaltung leichter war. Wir kamen zielstrebig und ohne weitere Markierungslücken zu den Kontroll- und Verpflegungsstellen, durchwanderten zügig den lang gezogenen Ort Camyuva, durchquerten das Flussbett des bis auf ein Rinnsal trockenen Alakil Cayi und strebten auf der Straße über die Berge Kemer zu, wo ich im Park am Meer die wahrlich internationale Wanderung in vier Stunden beendete.
Bis zur nächsten Shuttlebus-Abfahrt nach Antalya blieb noch Zeit, den Meeresstrand in Kemer zu erkunden. Im Olympischen Dorf verbrachte ich den Nachmittag mit alten (von der China- u. Japanreise) sowie neuen Wanderfreunden, bis die unermüdliche Anke (aus der Vorder-Eifel) vom Marathon kam und mit mir am Konyaalti Strand zum Hotel marschierte. Am Abend besichtigten wir eine Lederfabrikation mit Verkauf und machten mit dem Bus eine Lichterfahrt durch Antalya.
Während am 22.10.2011 der gecharterte Bus die meisten Teilnehmer unserer Reisegruppe planmäßig nach Kemer fuhr, nahm ich nun die Olympia-Wanderung an den Kursunlu-Wasserfällen im Norden Antalyas in Angriff und bestieg den Shuttlebus dorthin. Es ergab sich, dass ich die 23 km-Strecke mit Marlies aus Dormagen und Karin aus Wuppertal absolvierte. Wir starteten am romantischen Wasserfall und durchschritten ein uriges Tal mit terrassenartig bzw. stufenförmig angeordneten Teichen, kleinen grün-blauen Seen inmitten eines üppigen, dschungelhaften Waldes.
Auf der Höhe der anderen Talseite umfing uns ein ausgedehnter Kiefernwald, in dem wir kilometerweit auf sandigen Wegen gingen und ab und zu eine Kontroll- und Getränkestelle passierten, bis wir am Waldende den Aksu Cavi/Fluss, Plantagen, Gewächshäuser und Einzelgehöfte von Hacilar erreichten. Durch Felder am Fluss entlang kamen wir bald zur Hauptkontroll- und Raststätte, unter Bäumen angesiedelt, bei der u. a. heimische Teiggerichte zubereitet wurden. Wir wanderten noch eine Schleife durch den Wald, bevor wir am Aksu River den Rückweg antraten. Zur Abwechslung wurden wir durch weite Rodungsflächen und auf holprigem Untergrund wieder dem Kursunlu-Tal zugeführt. Nach steilem Abstieg folgten wir dem Wasseroberlauf auf verschlungenen Dschungelpfaden, überquerten ihn schließlich auf einer Holzbrücke und stiegen die Treppen zum Start/Finish empor, von wo uns der Shuttlebus zum olympischen Dorf zurückbrachte. Abends gab es ein Rotweingelage im Hotel all inclusiv.
Am 23.10.2011, dem letzten Olympia(halb)tag, konnte nur noch vom Olympia-Zentrum in Antalya eine 5 oder 10 km-Abschlussrunde durch den Atatürk Park und am Konyaalti Strand gedreht werden. Ich begab mich mit alten Wanderfreunden auf die längere Distanz. Wir spurteten uns, damit wir noch die IML-Stempel und IML-Abzeichen (der Internationalen Marschliga) besorgen konnten. Mit dieser Olympia-Teilnahme erfüllte ich endlich die Bedingungen für den IVV-Weltcup. Um 12 Uhr fand dann die Abschlusszeremonie der 12. IVV-Olympiade statt und unmittelbar darauf wollten wir direkt vom Olympia-Park aus unsere Türkei-Reise fortsetzen.
Zur Ägäis und an den Bosporus nach Istanbul
Die dritte und letzte Reiseetappe geschah mit einer veränderten personellen Besetzung, insofern nicht alle Kappadokien-Besucher neben der Olympiade das komplette Reisepaket gebucht hatten und neue Mitreisende hinzu kamen, die außer der Olympiade das Westküsten-Arrangement mitmachten. Außerdem wechselten die einheimischen Reiseleiter, uns begleitete nun Mehmet, der nicht ganz so perfekt deutsch sprach wie Hassan, aber mit einem enormen Detailwissen über die historischen Stätten, die wir uns zu Gemüte führten, aufwartete. Am Nachmittag des 23.10.2011 reisten wir über Korkuteli, Altinyayli, Cavdir, Acipayam nach Pamukkale im Bezirk Dinizli. Bevor wir unser Hotel Herakles in Pamukkale-Karahayit in Beschlag nahmen, schauten wir uns schon mal das einmalige türkische Naturwunder, die berühmten Kalksinterterrassen und weißen Wasserfälle von unten, nämlich vom See aus an.
Den Vormittag des 24.10.2011 verbrachten wir auf dem Berg, um zunächst das Weltkulturerbe (World Heritage Area) Necropolis und Hierapolis in Pamukkale anzuschauen. Dort oben befindet sich auch ein antikes Bad, in dem wir eine Pause einlegten. Ansonsten ergingen wir uns vorwiegend auf den Kalksinter- und Travertin-Terrassen barfuß im warmen Wasser. Wer wollte, konnte nach unten zum See hinabsteigen und dort den Bus nehmen.
Weiter ging es über Denizli, Aydin, Selcuk – unterwegs speisten wir in einer Raststätte zu Mittag – ans Ägäische Meer nach Kusadasi. Unser Turm-Hotel Tusan Beach lag außerhalb der bekannten Hafenstadt und thronte traumhaft auf der Höhe über einer malerischen Felsenbucht. Hier blieben wir zwei Nächte; es machte Spaß, das Hotel innen und außen von der Turmspitze über die Terrassen mit den Pools bis zum umtosten Meeresstrand auf dem Grund der Bucht in Augenschein zu nehmen und die Aussichten ringsum zu genießen.
Am Morgen des 25.10.2011 fuhren wir nach Ephesus und widmeten uns der größten archäologischen Ausgrabungsstätte der Türkei nahe Selcuk. Im Altertum war Ephesus eine der reichsten und bedeutendsten griechischen Städte Kleinasiens und beherbergt heute mit dem Tempel der Artemis eines der Sieben Weltwunder. Ausgiebig und unverdrossen erklärte uns Mehmet die Grundmauern und Gebäudereste der Ruinen, von der Celsus-Bibliothek, dem Badehaus bis zum Freudenhaus, von der Wasserleitung bis zum Abwasserkanal und Toilettenanlage. Am besten erhalten war der mächtige Tempel der Artemis, der Stadtgöttin, als besonderes UNESCO-Weltkulturerbe halt vorrangig gepflegt.
Nach der Besichtigung von Ephesus kam es zu einer unliebsamen Kontroverse. Fakultativ sollte vor der Fahrt in die Altstadt von Kusadasi eine Goldfabrikation besucht werden, was nur einige wenige wahrnehmen wollten. Das erboste Mehmet derart, dass der Bus die anderen direkt ins Hotel bringen sollte. Nur dem Busfahrer verdankten wir, dass wir gleich nach Kusadasi kamen und dort mehr Zeit hatten, um die schöne, für Kreuzfahrten beliebte Hafenstadt zu erkunden.
Früher als sonst starteten wir am 26.10.2011 nach Canakkale an der Meeresenge (Bogazi) zum Marmarameer (Marmara Denizi). Als erstes begaben wir uns über Izmir nach Bergama. Und zwar hatte es uns der Akropolishügel hoch droben über der Stadt angetan. Diese historische Stätte ist als Pergamon bekannt und war im 3. und 2. Jh. v. Chr. ein markantes Kulturzentrum Kleinasiens. Wir fuhren mit Lift und Seilbahn auf den geschichtsträchtigen Berg, den wir auf diesem Weg nach zwei Stunden wieder verließen.
Dazwischen lag wiederum ein beeindruckendes kulturgeschichtliches Erlebnis, das durch die Rundumsicht vom hohen Berg auf die Stadt und nach der anderen Seite auf den großen Stausee Baki Cayi eine besondere Note erhielt. Wir bestaunten die Ruinen des Trajan Tempels und der Bibliothek, den Pergamonaltar und das antike Theater, während Mehmet Gepflogenheiten des damaligen Lebens und Treibens wie die raffinierte Wasserversorgung schilderte.
Die Weiterfahrt mit Mittagsrast unterwegs erfolgte an der schönen Steilküste des ägäischen Meeres, wir passierten Gömec, Burhaniye, Edremit, Kücükkuyu und gelangten zu unserem Hotel Ida Kale an der Mola Caddese in Güzelyali, an der Meerenge Canakkale Bogazi gelegen. Von dort hatten wir es nicht weit bis nach Troja, das wir auf unserer letzten Etappe nach Istanbul am 27.10.2011 morgens aufsuchten. Kurz nach dem Eingang weckte das große Trojanische Pferd aus Holz unser Interesse, in das die meisten hineinkletterten. Von dem einst mächtigen antiken Handelszentrum, dessen Zerstörung Homer in seiner Schilderung des trojanischen Krieges publik gemacht hat, ist enttäuschend wenig an Wällen, Hügeln, Mauerresten, fragmentierten Säulen übriggeblieben. Nur mit Hilfe der Rekonstruktionen auf den Schautafeln kann man konkrete Vorstellungen von der ehemals imposanten Anlage gewinnen. Zu den Erkenntnissen haben maßgeblich die Ausgrabungen von Korfmann und Schliemann beigetragen. So hat der sogenannte Schliemann-Graben Berühmtheit erlangt, der dort in Natur und auf Schautafel zu sehen ist, den Mehmet allerdings kritisierte, weil durch zu wenig sensibles und differenziertes Vorgehen Identifizierungsmöglichkeiten verloren gingen.
Wir verließen Troja Richtung Canakkale und fuhren zum Fährhafen von Lapseki, um uns für die Überfahrt über das Marmarameer einzuschiffen. Mit der Fähre, auf der wir die Gastronomie nutzten, verließen wir Asien und langten in Gelibolu im europäischen Teil der Tükei an. Über Kesan und Tekirdag erreichten wir gegen Abend unser Hotel Ikbal de Luxe im Centrum von Istanbul. Vom Frühstücksraum im obersten Stock oder vom Dachgarten konnte man auf das Marmara Deniz/Meer und das Fähr-Terminal Katip Kasim im europäischen Istanbul schauen. Diese quirlige Weltstadt auf zwei Kontinenten, zwischen Orient und Okzident, war von einer ungeheueren Lebendigkeit und Fülle, voller Bewegung von Menschenmassen, Sprachgewirr, Lärm und Getöse des chaotischen Straßenverkehrs zur Rushhour, als wir ankamen. Noch am selben Abend mischte ich mich erwartungsvoll in das Leben und Treiben und nahm die ungewohnten Eindrücke mit Neugier und Sympathie auf.
Den 28.10.2011 ließen wir indessen gelassen angehen und machten uns alle zu Fuß auf den Weg zum ägyptischen Basar, dem Grand Bazar Kapalicarsi, der als Stadtviertel mit über 4000 Geschäften in engen Gassen mit Gewölben und unter freiem Himmel zum Bummeln und Kaufen einlädt. Wir bekamen zwei Stunden freien Auslauf, damit wir uns nach Herzenslust und individuellen Interessen tummeln konnten. Anschließend fuhren wir zum Gewürzmarkt Mesir Casisi nahe der Yeni Camii/Moschee am zentralen Eminönü Meydan/Platz und ließen uns dort gehen.
In der Nähe besuchten wir die Rüstem Pasa Camii/Moschee, bevor wir uns zum Bus begaben und auf die Galata Köprüsü/Brücke, die sich über das Goldene Horn/Halic spannt, fuhren und einen Ausblick auf Istanbul-Kai und Marmara Meer nahmen. Wir befanden uns bereits auf dem Weg zur Bosporus-Bootsfahrt. Dazu chauffierte uns der Busfahrer durch die Stadtteile Beyoglu, Sisli, Besiktas und Sariyer an die Karadeniz/Schwarzmeer-Küste, wo wir zu Mittag aßen.
Anschließend bestiegen wir das Ausflugsschiff und schipperten, je nach Sehenswürdigkeiten die Ufer wechselnd, über zwei Stunden die Istanbul Bogazi/Meerenge entlang. Dabei reihte sich eine Sehenswürdigkeit an die andere und wir konnten mannigfaltige Eindrücke sammeln: Unter anderem sahen wir die Sommerresidenz des Staatschefs und die beiden Hängebrücken, die Europa und Asien verbinden, vor allem prächtige Villen in bevorzugter Lage, Paläste, Moscheen, Burgen, repräsentative öffentliche Gebäude, Zweckbauten, Türme, zahlreiche Boote und Schiffe bis hin zu Kreuzfahrtriesen am Bosporus-Kai. Am Schluss legten wir im Ausflugshafen bei der Galata Köprüsü an, wo das Goldene Horn vom Marmara Meer und Bosporus abzweigt.
Abends unternahmen wir eine sagenhafte Lichterfahrt durch Istanbul, die bis nach Mitternacht dauerte. Wir bestiegen den Bus in unserem Stadtteil an der Laleli Camii, bestaunten dort die süßen Auslagen von Koska & Co. und widmeten uns zunächst dem Abendessen in einem urigen Restaurant am Halic. Alsdann fuhren wir auf die Galata Köprüsü, sahen uns in der Nähe die Hafenlichter und in der Ferne die rot beleuchtete Hängebrücke an. Unser nächstes Ziel war die angestrahlte Blaue Moschee, die Sultanahmet Camii mit den sechs Türmen.
Als weitere Attraktion erkoren wir die Oldie-U-Bahn aus, die uns von Karaköy an der Galata Brücke zum Galata Kulesi/Turm und zur abendlichen bzw. nächtlichen Promenaden-Meile Istiklal hoch brachte. Hier erlebten wir den Höhepunkt der Lichterfahrt, indem wir uns stundenlang und kilometerweit inmitten einer beschwingten Menschenmasse froh und heiter durch die festlich beleuchtete Straße wälzten. Und der Busfahrer hatte es (verkehrsmäßig) schwer, uns nach dem Spektakel am Taksim Meydani wieder einzusammeln.
Am Morgen des 29.10.2011 marschierten wir vom Hotel in Laleli über die Ordu- und Yeniceriler-Hauptstraße zum Sultan Ahmet Meydanie und Parki (Platz und Park) mit dem byzantinischen Hippodrom und dem Örme Obelisk. Dann reihten wir uns in die Schlange ein zur Besichtigung der mächtigen Sultanahmet Camii, der Blauen Moschee, mit dem vorangehenden Schuhe-Ausziehen. Mehmet erläuterte uns ausführlich die Hallen und Ornamente, Historie, Sitten und Gebräuche.
Anschließend gingen wir zum sagenhaften Topkapi Sarayi der Sultane, der Jahrhunderte lang ihr Regierungssitz war und eine Märchenwelt repräsentiert, in der ehedem bis zu 5000 Menschen lebten. Der riesige Palast mit seinen herrlichen Gebäuden und Gärten thront auf der Serailspitze zwischen Marmara Meer, Goldenem Horn und Bosporus und bietet einen atemberaubenden Panoramablick auf Istanbul, der zu unserer Zeit leider wettergetrübt war.
Nach der Mittagspause, zu der wir uns in die Gaststätten der Umgebung verteilten, besuchten wir das nahe gelegene Hagia Sophia Museum (Ayasofya Müzesi) und ließen uns von Mehmet die beeindruckenden Räume und ihr Inventar vorführen. Am Abend trafen wir uns auf der Dachterrasse des Hotels zu einem aussichtsreichen, gemütlichen Abschiedsumtrunk, den Andrea und Antje spendierten. Denn die Abreise vollzog sich am 30.10.2011 gruppenweise je nach gebuchtem Flug zu unterschiedlichen Zeiten und Transfers zu den beiden Istanbul-Flughäfen. Die Münchner flogen vom Atatürk Havaalani/Airport im europäischen Gebiet, die Frankfurter Fluggäste vom Sabiha Gökcen Havaalani im asiatischen Bereich. Da meine Gruppe mittags abgeholt wurde, erkundeten wir am Vormittag noch die Hotelumgebung im Stadtteil Laleli bis hinunter zum Fährterminal Katip Kasim. Dabei sahen wir einige schäbigere Häuser nahe der Eisenbahn, abseits der Touristen-Boulevards, was ebenfalls interessant war. Danach fuhren wir über die Hängebrücke in den asiatischen Teil Istanbuls zum Airport Sabiha Gökcen Havaalani, um den Rückflug nach Frankfurt anzutreten.
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Mit Australien hatte ich mich als Spezialgebiet zu meinem Abitur befasst und seit dieser langen Zeit träumte ich davon, dorthin ans „andere Ende der Welt“ zu reisen. Indes waren meine konkreten Reisen im Laufe des Lebens doch von anderen Interessen geprägt, nicht zuletzt war es meine Wanderleiden-schaft, die meine Schritte und Flugbewegungen in die weite Welt lenkte. Im Jahr 2010, in dem wir unser fünfzigjähriges Abiturjubiläum feierten, erfüllte ich mir endlich den lang gehegten Wunsch zu dieser Fernreise und buchte beim ALDI-Reiseveranstalter "Berge & Meer" in Rengsdorf eine vielseitige Erlebnis- und Kulturreise nach Australien und Neuseeland via Singapur.
Zwischenstopp in Singapur
Mitte September, wenn in Neuseeland der Frühling beginnt, flog ich planmäßig von Frankfurt mit Quantas Airways, einem der sichersten Flugunternehmen der Welt mit einem angenehmen Service, in einer Boeing 747-400 in 12 Stunden nach Singapur. Auf dem Flughafen empfing uns die örtliche deutsche Reiseleiterin und ich machte die erste Bekanntschaft mit meinen acht Reisegefährten, 5 Frauen und 3 Männern verschiedenen Alters, Ehepaare und Singles. Nach der Ankunft im Hotel, in einer parkartigen Anlage im Zentrum gelegen, konnten wir bereits einen tropisch warmen Abend in der quirligen Metropole genießen und die vielfältigen Eindrücke aufnehmen, was bei einer Stadtbesichtigung und Rundfahrt am nächsten Tag vertieft wurde. An der Wegstrecke waren einige Vorkehrungen für das gerade bevorstehende Formel-I-Rennen zu sehen. Wir fuhren zur Sky-City am Hafen und bestaunten das imposante „Schiff“, eine Badelandschaft in 200 m Höhe, die ungewöhnliche Konzerthalle und andere markante Bauwerke. Den Kontrast dazu bot uns die farbenprächtige Altstadt mit Tempel und alten Häusern, engen Gassen und Basaren. Als anderes Highlight erwies sich der Botanische Garten einschließlich Orchideenschau. Ein ausgedehnter Bummel im Geschäftszentrum vervollständigte das facettenreiche Bild vom traditionellen und modernen Singapur, dem großen Aufsteiger und Vorbild der Region.
Sydney und Pazifik-Küste
Nach diesem eindrucksvollen Hinflug-Intermezzo begaben wir uns noch am Abend zu unserem 7,5-stündigen Weiterflug nach Australien und landeten um 5 Uhr morgens in Sydney, der Heimatzeit 8 Stunden voraus. Wer nicht zu müde war, verschmähte wie ich das bereit stehende Hotelbett und begab sich alsbald zu einer ersten Stadterkundung, bevor am Nachmittag eine Rundfahrt und Küstenwanderung folgen sollten. Vom günstig in der Stadtmitte platzierten Hotel zog ich die York Street entlang, frühstückte in der Market Street und begab mich über die George Street zum Herzen Sydneys, dem belebten und beliebten Hafenareal mit dem Circular Quay, the Rocks, Harbour Bridge und Opera House, dem weltberühmten Wahrzeichen. Die Parkanlage am Quai, wo auch Folkloregruppen, Sänger, Musiker auftraten, erkor ich sogleich zu meinem Lieblingsplatz, nur 15 Minuten Fußmarsch vom Hotel entfernt.
Auf der Stadtrundfahrt führte uns „Ulli“ (Ulrike, aus Deutschland stammend), die mit ihrem Reisebüro den gesamten Australien-Aufenthalt koordinierte und organisierte, u. a. zum Darling Harbour, an die Woolloomooloo Bay, Watsons Bay sowie an den Bondi Beach östlich und nördlich von Sydney, eine wunderbare Küsten-Wanderung bei herrlichem Wetter eingeschlossen. Am Abend unternahm ich noch mit Romy eine Wanderung über die Harbour Bridge, um das Hafenpanorama aus der Vogelpers-pektive zu betrachten.
Zentral-Australien am Ayers Rock
Schon am nächsten Morgen flogen wir mit einer Boeing 737-800 der Quantas zum Wüstenflugplatz Uluru in Central-Australia, wo wir mittags landeten und uns unser deutscher Guide in Empfang nahm sowie zum ländlichen Bungalow-Hotel brachte. Es ging schnell weiter zu einer Wanderung in den Olgas, einer Formation aus Kuppeln von verbackenem Geröll, von den Ureinwohnern Kata Tjuta genannt. Der Jahreszeit völlig zuwider wurden wir hier von einem kräftigen Regenguss durchnässt, sodass wir anschließend in unserem Kleinbus mit nassen Hosen bei Sekt, Snacks und guter Stimmung auf den viel gepriesenen Sonnenuntergang am Ayers Rock warteten, und zwar vergeblich, denn die Sonne schaffte es nicht, das winzige Loch in den Wolken aufstrahlend zu durchbrechen. Und der Sonnenaufgang fiel ebenfalls mickrig aus, weil uns eine böswillige Reifenpanne daran hinderte, rechtzeitig auf die richtige Seite des Ayers Rock zu gelangen. Nach einem opulenten Frühstück im Kulturzentrum erschlossen wir den Ayers Rock allerdings ausgiebig ringsum durch kleine Wanderungen zu skurrilen Felsen, Höhlen, Wasserlöchern bis zum Flughafentransfer am Nachmittag.
Cairns mit Great Barrier Riff und tropischem Regenwald
Der Flug mit einer Boeing 717 nach Cairns, Hafenstadt im tropischen Queensland, dauerte nur 2:30 h, aber bei Ankunft im Hotel um 18.30 Uhr dunkelte es bereits und wir erholten uns am Abend für den ganztätigen Bootsausflug zum Great Barrier Reef, dem größten Korallenriff der Erde. Mit einem Katamaran fuhren wir hinaus auf’s offene Meer zu der unbewohnten Koralleninsel Michaelmas Cay, wo wir mit einem Wassertaxi (Zubringerboot) zum Schnorcheln an Land gesetzt wurden. Aufgrund der Anweisungen durch die (deutsche) Reiseleiterin klappte es einigermaßen und alle konnten die Unterwasserwelt mehr oder weniger ausgedehnt in Augenschein nehmen. Zurück an Bord stärkten wir uns am reichhaltigen Büffet für die anschließende Fahrt im gläsernen U-Boot entlang des Riffs. Ich hatte mir die Korallen eigentlich farbiger vorgestellt, aber beeindruckend war es auf jeden Fall. Bei der Rückfahrt zum Hafen kam indes heftiger Seegang auf und etliche Teilnehmer auf dem schlingernden Katamaran befüllten die Papiertüten oder fütterten die Fische direkt über die Reling, was mir glücklicherweise erspart blieb.
Der interessante Tag im Wooroonooran Nationalpark war auf andere Weise spektakulär, und zwar fuhren wir im Kleinbus mit unserem Guide Wolfgang, nachdem wir noch einpaar deutsche Urlauber aus einem anderen Hotel abgeholt hatten, in die höchsten Berge Queenslands 25 km südlich von Cairns zu einem der üppigsten und ältesten Regenwälder der Erde. Da es im Regenwald regnet, bekamen wir alle von Wolfgang einen großen Regenschirm, sodass wir die gigantischen Bäume, den vielfältigen Pflanzenbewuchs, die Stromschnellen und Wasserfälle einigermaßen trocken betrachten konnten. Einen Höhepunkt stellte der Mamu Rainforest Canopy Walkway dar - ein Stahlsteg, auf dem man 30 Meter über dem Urwaldboden durch die Baumwipfel schreitet und an dessen Ende ein stählerner Aussichtsturm Ausblicke ins Tal und auf die Höhen gewährt. Von oben sahen wir auch eine Python, die irgendein Tier verschlungen hatte.
Zwischendurch machten wir Mittagspause im Städtchen Innisfail und in der Nähe besuchten wir eine Krokodilfarm, wo die unter Naturschutz stehenden Reptilien für Verwertungszwecke gezüchtet werden. Die Besucher durften kleinere Echsen und Schlangen auf den Arm nehmen (wie Inga), während die Großen hinter Drahtzäumen dösten oder gefüttert wurden.
Neuseeland Nordinsel mit Auckland, Waitomo, Matamata, Rotorua
Allzu schnell verging die Zeit in Cairns und seiner reizvollen tropischen Umgebung und Quantas brachte uns per Boeing 767-300 mit Zwischenstopp in Sydney nach Auckland auf der Nordinsel Neuseelands, wo wir abends ankamen. Auf der Stadtrundfahrt begaben wir uns als erstes auf den begrünten Aussichts-Kraterberg, um das Hafenstadt-Panorama anzuschauen. Sodann besichtigten wir ausgiebig das Auckland-Nationalmuseum, wo unsere neue deutsche Reiseleiterin Claudia zum ersten Mal eindrucksvoll bewies, über welche profunde Kenntnis Neuseelands, wo sie mit ihrer Familie seit Jahren lebte, sie verfügte und welches ungeheuere Wissen sie auf nahezu allen Gebieten ausbreiten konnte. Dokumentiert durch die vielfältigen Museumszeugnisse erlebten wir die Besiedlung und Geschichte Neuseelands, Zusammensetzung der Bevölkerung, Entwicklung und Eigenheiten der Kultur, Fauna und Flora.
Anschließend bummelten wir durch die geschäftige Parnell Road, fuhren zum Strand an der Hobson Bay, zum Hafen und Fähranleger an der Freemans Bay. Am freien Nachmittag hielt ich mich mit Jutta und Romy vor allem auf dem Auckland-Tower auf, wo wir die herrliche Rundumsicht genossen. Danach trafen wir Inga und Konrad in der Sky-City und speisten zusammen in einem Fischrestaurant am Hafen zu Abend.
Unsere Neuseeland-Busrundtour ging am nächsten Morgen nach Waitomo, wo wir einschließlich unterirdischer Kahnfahrt die Glühwürmchen-Grotte kennenlernten, die auch Stalaktiten und Stalagmiten aus Kalkstein enthält. Dann wurden wir mit dem typisch ländlichen Neuseeland bei Vorführung einer Schafschur auf einem Farmerbetrieb in Matamata konfrontiert. Im nahe gelegenen Cambridge erwarteten uns die Farmer, die uns in Kleingruppen für einen Nachmittag, Abend und eine Nacht auf ihre Farmen mitnehmen sollten, um uns vertiefende Einblicke in das neuseeländische Landleben zu bieten. Ich kam mit Andrea und Bodo auf die idyllische Farm von Georgia und John, der als pensionierter Steueramtmann mit relativ wenig Aufwand und Arbeit, aber als lukratives Geschäft Rinder im Alter von drei Monaten kaufte und bis zur Schlachtreife aufzog. Die hügeligen Farmweiden inspizierten wir in Gummistiefeln, dazu gehörten ein Pinien- und Eukalyptuswald, Bachlauf und größerer Teich, den Garten zierten außer Blumen ebenfalls verschiedene Zitrusfrüchte, das Trinkwasser stellte John auf natürliche Weise aus Regenwasser her, das Haus aus Stein und Holz mit einem großen Kamin war in Eigenregie errichtet worden. Wir wurden mit einem mehrgängigen Abendmenü und vorzüglichen Frühstück verwöhnt und verbrachten den Abend plaudernd bei Rotwein.
Eine Orientierungsfahrt ins geothermale Zentrum Rotorua bildete das weitere Programm. Wir fuhren ins Wai-o-tapu Wonderland der heißen Quellen mit Devils Home, Regenbogenkrater, Donnerkrater, Devils Ink Pots, Opalsee, Austernteich, Champagner Pool, Devils Bath, Schwefelhöhle, Primelterrassen, Infernokrater, Jean Batten und Waiotapu Geyser. Zwei Ranger, unterstützt von Claudia, brachten uns die Sehenswürdigkeiten nahe. Wir ergingen uns in den erblühenden Parkanlagen von Rotorua am See und besuchten das TE PO-TE PUIA Reservat mit Geysiren und Schlammpools, Maori-Tempel, Handwerksschule und Schnitzerkunst sowie Kiwi-Nachthaus, wo wir den flugunfähigen Kiwi – das Wahrzeichen Neuseelands – im Halbdunkel beobachten konnten. Hier wohnten wir am Abend einem Maori-Konzert und Hangi (üppiges Mahl nach alter Sitte) bei.
Neuseelands Hauptstadt Wellington
Die nächste Reiseetappe führte in Neuseelands Hauptstadt Wellington. Wir passierten den Waikato-River, der uns mit 400 km Länge als größter Fluss Neuseelands schon mehrfach begleitet hatte, pausierten in Taupo, fuhren am gleichnamigen See entlang, durchquerten den Tongariro Nationalpark, stießen in Taihape auf den Overlander-Train und erreichten nach 460 km Wellington. Als erstes fuhren wir auf den Aussichtsberg Mount Victoria und betrachteten die Hauptstadt von oben. Alsdann schauten wir uns die Regierungsgebäude und das Parlament, den sogenannten Bienenkorb, von außen an. Eine Besichtigung der alten Holzkirche „Old St. Paul’s“ folgte, bevor wir unser Hotel „The Bay“ (mit Fensterblick auf Bucht und Hafen) bezogen. In der knappen Freizeit bis zum Einbruch der Dunkelheit und am Abend wurden individuelle Stadterkundungen vorgenommen: mit dem Cable Car zum Botanischen Garten, Schlendern auf der Oriental und Hafenpromenade, Innenstadtbummel.
Neuseelands Südinsel - Nelson und Abel Tasman Nationalpark
Schon am Morgen fand die Überfahrt mit der Fähre über die Cook-Straße und entlang des Queen Charlotte Sounds von der Nord- zur Südinsel Neuseelands nach Picton statt. Fahrer Bob mit einem neuen Kleinbus erwartete uns und brachte uns, Weinfelder, Rinderweiden und die typische gelb-grüne Wald-Ginster-Berglandschaft passierend nach Nelson, Stadt der Gärten, Galerien, Kunsthandwerker. Im Vorort Richmond machten wir einen Abstecher auf die Höhe und erfreuten uns wunderbarer Ausblicke über die See bis hin zu schneebedeckten Bergen. Bevor wir unser Nobelhotel „Monaco Nelson“ bezogen, genossen wir noch eine umfangreiche Weinprobe in einem bekannten Weingut auf dem Lande und konnten feststellen, wie die süffigen neuseeländischen Weine mundeten.
Das nächste Spitzenerlebnis war nicht an der Weiterreise orientiert, sondern wir unternahmen einen Tagesausflug von Nelson in den Abel Tasman Nationalpark. Mit einem Katamaran, der an seichten Stränden anlegen konnte, fuhren wir von Kaiteriteri entlang der Küste des Abel Tasman NPs nach Totaranui und wanderten auf einem Teilabschnitt des berühmten Abel Tasman Küsten-Wanderweges zurück. Einsame Buchten, goldene Strände, plätschernde Bachläufe lagen an unserem aussichtsreichen Weg, der auch über einige Höhen verlief.
Neuseeländische Alpen: Fox Glacier, Wanaka, Arrowtown, Queenstown, Te Anau, Milford Sound
Die längste Reiseetappe mit dem Bus von 500 km legten wir von Nelson nach Fox Glacier an der rauen Westküste zurück. Unterwegs trafen wir auf die gewaltigen Punakaiki Pancake Rocks (Pfannkuchenfelsen). Am nächsten Morgen stand der Gletscherbesuch (Fox Glacier Walk) an, bevor wir nach Wanaka weiter fuhren und einen faszinierenden Klima- und Vegetationswechsel erlebten. In Wanaka mit dem gleichnamigen See, wo wir übernachteten, empfing uns frühlingshafte Milde nach dem Gletscheraufenthalt. Vor unserem nächsten Quartier in Te Anau steuerten wir zwei Städte als Reiseziele an. Wir ergingen uns in dem ehemaligen Goldgräberstädtchen Arrowtown, in dessen Nähe wir noch Bungy-Jumping über einem Fluss von einer Brücke herunter beobachteten. Im blühenden Queenstown machten wir Mittagspause und speisten bei frühlingshaften Temperaturen draußen in der einladenden Fußgängerzone.
Zum Übernachten, das in Queenstown erst auf der Rückreise stattfand, begaben wir uns erstmal nach Te Anau. Von hier aus unternahmen wir nämlich den Tagesausflug in den legendären Milford Sound, der als eine der schönsten Fjordlandschaften der Welt gepriesen wird. Der Höhepunkt bestand in einer Schiffsfahrt durch den wildromantischen Fjordland Nationalpark, unseren Weg säumten tiefgrüne Steilhänge mit sprühenden Wasserfällen. Anschließend erfolgte der Bustransfer nach Queenstown, wo wir den Abend und die Nacht verbrachten.
Die letzte Neuseeland-Tour führte uns abwechslungsreich quer über die Südinsel durch das Mackenzie Country nach Christchurch. Wir erlebten zunächst eine Berglandschaft mit karger Vegetation, wo nur einpaar Schafe weideten, aber mehrfach unterbrochen durch größere Seen, die den Blick auf schneebedeckte Berge freigaben wie der Lake Telapo oder Lake Pukaki, an dem wir in Twizel Mittagsrast einlegten, was vier von uns für einen kleinen Rundflug über die Gletscher auskosteten.
Erdbebenstadt Christchurch
Gespannt näherten wir uns schließlich unserem Ziel, der „Erdbeben-Stadt“ Christchurch, die uns mit blühenden Vororten empfing. Auf einer Stadtrundfahrt verschafften wir uns einen Überblick und konstatierten, dass sich die Verwüstungen durch die Naturgewalten und die Baustellen sowie Absperrungen in der Innenstadt in engeren Grenzen hielten, als wir aufgrund der dramatisierten Berichterstattung in der Heimat befürchtet hatten. Daher konnten wir durchaus mit Freude noch zu Fuß die Sehenswürdigkeiten Christchurchs, Denkmäler, Parks, Avon River, Oldy-Tram, nicht zuletzt die Kathedrale, in der wir trotz eingerüstetem Altarraum ein Chorkonzert anhörten, in Augenschein nehmen. Unser Hotel in der Stadtmitte war unbeschädigt und wir waren zuversichtlich, auch das für die Nacht angekündigte Nachbeben von 5,3 auf der Richterskala heil zu überstehen. Ich hatte den Erdstoß gar verschlafen und gar nicht gespürt. Am Ende erwies sich gleichfalls der Flughafen als intakt und voll funktionsfähig, sodass wir getrost mit unserer Quantas-Boeing 737-800 nach Sydney in Australien durchstarteten.
Sydney zum Abschied mit Blauen Bergen
In Sydney erwartete uns noch ein Tagesausflug zum Hochplateau der Blue Mountains. Zu unserem Glück lichteten sich bald die morgendlichen Wolken, sodass wir die herrlichen Ausblicke auf die blauen Berge zwischen Eukalyptusbäumen und Felsen sowie blühenden Gärten in den Dörfern wahrnehmen und gar die Dreier-Felsen „The Three Sisters“ erspähen konnten. Ein Besuch des Featherdale Wildlife Parks mit den heimischen Tieren wie Känguru, Koala, Krokodil, Schlangen und Vögeln fügte sich vor der Heimfahrt an.
In Sydney hatte ich gerade noch Zeit, um auf den Sky Tower (Sky Deck 220 m) hochkatapultiert zu werden und die schöne Stadt in der Abenddämmerung von oben zu betrachten. Am Vormittag des Abflugtages war dann noch Gelegenheit, am Hafenplatz Abschied zu nehmen. Mit einer Boeing 747-400 brachte uns Quantas in 22 h mit Zwischenstopp in Singapur nach Frankfurt zurück, wo wir am 07.10.2010 um 6.00 Uhr ankamen und diese fantastische Erlebnis- und Kulturreise mit der Verabschiedung von den Urlaubsgefährten beendeten.
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Von den märchenhaften Kulturschätzen Chinas hat man schon viel gehört, gelesen, in Bild und Film gesehen – vielleicht erinnert man sich auch, dass die UNESCO dort etliche Baudenkmäler und Kunstgegenstände schon vor Jahren in das Weltkulturerbe eingereiht hat. Und das gilt kaum mehr für eine Stadt als für Peking oder Beijing. Aber die faszinierende Realität übertraf dann doch die gehegten Erwartungen und Vorstellungen, wie wir auf der hervorragend organisierten Chinareise von PTA-Tours unter der versierten Reiseleitung von Andrea Baumeister vom 10. – 18. September 2006 erfahren durften.
Weltkulturerbe Peking
Wir bestaunten im Herzen Pekings den größten Platz der Welt – den „Platz des himmlischen Friedens“ -, umrahmt u. a. vom Mao-Mausoleum, dem Volkskongress und vor allem dem „Tor des himmlischen Friedens“, das uns den Zugang zum legendären Kaiserpalast in der ehemals „Verbotenen Stadt“ eröffnete. Unüberschaubar und kaum zu fassen: Der Kaiserpalast, der ab 1406 erbaut wurde und 24 Ming- und Quing-Kaiser mit ihrem jeweiligen Hofstaat beherbergte, besteht aus 8700 Hallen- und Palastbauten auf einer Fläche von 720 000 qm. Da konnten wir ausgiebig wandern, um etwa das Tor und die Halle der „höchsten Harmonie“, das Tor der „göttlichen Stärke“oder den Pavillon der „ewigen Jugendlichkeit“ im Palastgarten und die vielen anderen Kostbarkeiten zu bewundern.
Nicht weniger reizvoll und anmutig erwies sich der ausgedehnte „Himmelstempel“-Park mit seinen pittoresken Monumenten und Anlagen wie der „Halle der Ernteopfer“ auf einer Marmorterrasse – Himmel und Erde symbolisierend -, der „Halle des Himmelsgewölbes“ und allen voran der frei stehende „Himmelsaltar“, auf den wir emporstiegen und der uns herrliche Rundblicke auf die Stadtsilhouette gewährte. Gleichfalls begeisterte uns der „Beihai-Park“ mit seinen wiederum malerisch anmutenden Gebäuden am See und auf der Insel, besonders die „Drachenmauer“ und die Weißpagode „Baita“. Aber der kaiserliche „Sommerpalast“, den See „Kunming“ sowie den Berg „Wanshou“ umfassend, stand dem keineswegs nach. Wir wanderten durch den „langen Wandelgang“, vorbei an der Theaterbühne im Garten der „Jugend und Harmonie“ oder am Marmorschiff. Und auch der mächtige Tempel im Pekinger Lamakloster mit seinen imposanten Gebäuden und wertvollen Schätzen versetzte uns erneut in Erstaunen.
Unseren Wissensdurst stillte „Li“, unsere kompetente und charmante Fremden- und Wanderführerin, in perfektem Deutsch und mit einem unerschöpflichen Kenntnisreichtum. Während der Busfahrten machte sie mit uns noch chinesische Sprachübungen und führte uns grundlegende Sprachbilder und ihre Zusammensetzung auf selbst angefertigten Tafeln vor Augen. Darüber hinaus bot sie uns kulinarische Vielfalt mit unterschiedlichen köstlichen Gerichten in verschiedenen Pekinger Stadtteilen zu Mittag und Abend und die Original-Pekingente – unübertroffen im Vergleich zu unseren Chinalokalen – war ebenfalls dabei. „Li“ entführte uns sogar in die „Beijing-Opera“. Ebenso wenig fehlte selbstverständlich ein Besuch der Pekinger Altstadt – Beijing Hutong -, wo wir eine Familie in ihrem Hofhaus kennen lernten (Computer und Internetanschluss waren übrigens vorhanden). Die alten Flachbauten, Rikschas und Fahrrad-Kohlenhändler bildeten indes einen eindrucksvollen Kontrast zum vorherrschenden modernen Peking, das wir gleich zu Beginn auf einer Stadtrundfahrt in Augenschein nahmen: riesige Hochhäuser verschiedenster Art, gewaltige mehrstöckige Brückenbauwerke, achtspurige Straßen voller Autos, Unmengen von Fußgängern und Radfahrern dazwischen, das Olympia-Stadion im Bau.
Changling und Badaling
Zwischendurch fuhren wir zu den Tian-Shou-Bergen – 50 km außerhalb Pekings – und besichtigten die monumentalen Minggräber mit der berühmten Steinfiguren-Allee und der Grabanlage von Changling. Anschließend machten wir unsere erste Bekanntschaft mit der Großen Mauer – Weltkulturerbe seit 1987 –, und zwar am Badalingpass. Dabei handelt es sich um das gut ausgebaute Vorzeigestück des „Great Wall“, der uns trotz Touristengetümmel und Verkaufsrummel mit seinen Erhebungen in den Bann zog und aussichtsreiche Bergeshöhn erklimmen ließ.
Wandertreffen in Gubeikou und Simatei
Damit waren wir jedenfalls eingestimmt auf den absoluten Wanderhöhepunkt dieser fantastischen Reise: das zweitätige IVV-Wandertreffen der Chinesischen Volkssport-Vereinigung (CVA) in Gubeikou – 180 km von Peking entfernt in den Bergen gelegen –, wo wir in einem Landhotel übernachteten. Die CVA-Vorsitzende hatte uns – freundlich und zuvorkommend, wie die Chinesen sind – bereits bei unserer Ankunft in Peking willkommen geheißen und geduldig erwartete man unsere wegen eines Verkehrsstaus verspätete Ankunft zur Eröffnungsveranstaltung der „Gubeikou Walking Convention“ mit Begrüßung der Wanderer aus den verschiedenen Nationen.
Die Wanderstrecke war mit Fahnen aufwendig markiert und über Straßen und naturbelassene Pfade marschierte das bunt gemischte Wandervolk – wir mit Deutschlandfähnchen und -kappen sowie T-Shirts der chinesischen Wanderfreunde ausgestattet – zur Großen Mauer in den Bergen von Gubeikou empor. Der Great Wall, hier mehr mit romantischen Turmruinen und bewachsenen Mauerfragmenten bestückt, bescherte uns bei strahlendem Sonnenschein ein einmaliges Erlebnis der umgebenden Berglandschaft. Der Rückweg führte uns nach mehr oder weniger rasanten Abstiegen durch Bauerndörfer wieder ans Ziel nach Gubeikou.
Am nächsten Tag fuhren wir nach Simatei, um einen ehemals wichtigen Verteidigungsabschnitt der Großen Mauer, der durch viele Türme mit Zinnen und Schießscharten geprägt ist, unter unsere Schuhsohlen zu nehmen. Am Fuße der Mauer angekommen, pflanzte der CVA zur Feier des Tages noch einen Baum. Wir wanderten dann auf der gut erhaltenen und restaurierten Maueranlage zu Tal, überquerten auf einer Hängebrücke den Zufluss zum Simatei-Stausee und dann ging es wieder, z. T. über mächtige Treppen, aufwärts und schließlich seitlich hinab nach Simatei zur Sperrmauer, unserem Start und Ziel. Den Unermüdlichen ermöglichten die liebenswürdigen Wanderführer noch einen höheren Aufstieg zum „Wangjinglou“ (fast 1000 m hoch) mit faszinierenden Ausblicken auf Berge, Täler, Stausee.
Zurück in Peking, wo wir ein letztes Mal die Nacht in unserem erstklassigen Hotel verbrachten und in einem vorzüglichen Lokal speisten, konnten wir uns einig sein, einige der sicherlich schönsten Perlen des Weltkulturerbes angeschaut und auf angenehmste Weise hautnah erlebt zu haben. Dieser Reisebericht kann auch per E-Mail unter dietrichpukas@t-online.de angefordert werden.